Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

Bild:
<< vorherige Seite

und denen daher rührenden Untug.
fast mehr in denen travaillen der Gedancken/
als in müde machender Bewegung des Lei-
bes bestehet/ und weil die Vielfältigkeit der Ge-
dancken/ als die Augenscheinliche Erfahrung
bezeiget/ den Schlaff hindert/ wiewohl auch
die all zu grosse Vielfältigkeit dergleichen Arbeit/
durch all zu vieles Wachen den Leib schwächet/
und solcher Gestalt in excess pecciret/ weß-
halb wir auch die dem wollüstigen Müßigang
entgegen gesetzte Tugend bey der vernünfftigen
Liebe geschäfftige Munterkeit/ den excess
aber derselben bey dem Ehrgeitz wachsame
Arbeitsamkeit
genennet haben.

48. Gleichfals ist ein grosser Unterscheid
zwischen der freudigen Dienstfertigkeit tu-
gendhaffter Liebe
und der Dienstfertigkeit
eines Ehrgeizigen.
Es ist wahr/ ein Ehrgeitziger
neidet zwar andere die über ihn oder ihn gleich
sind/ so ferne sie seinen Begierden zuwider sind/
und freuet sich/ wenn sie an ihren Ehransehen ei-
nen Abbruch leiden: Aber er beneidet doch nicht
alle Menschen wegen alles guten/ und freuet sich
doch nicht über aller Unglück/ ja er ist in eußer-
lichen thun und lassen dienstfertig/ und wenn
man seinen Ehrgeitz recht zu menagiren weiß/
kan man ihn wegen seines Verstandes zu grossen/
auch nach Gelegenheit zu guten Dingen brau-
chen/ in betracht seine Dienstfertigkeit nicht auff
liederliche Lust und Kuplerey wie eines Wohl-

lüstigen/

und denen daher ruͤhrenden Untug.
faſt mehr in denen travaillen der Gedancken/
als in muͤde machender Bewegung des Lei-
bes beſtehet/ und weil die Vielfaͤltigkeit der Ge-
dancken/ als die Augenſcheinliche Erfahrung
bezeiget/ den Schlaff hindert/ wiewohl auch
die all zu groſſe Vielfaͤltigkeit dergleichen Arbeit/
durch all zu vieles Wachen den Leib ſchwaͤchet/
und ſolcher Geſtalt in exceſs pecciret/ weß-
halb wir auch die dem wolluͤſtigen Muͤßigang
entgegen geſetzte Tugend bey der vernuͤnfftigen
Liebe geſchaͤfftige Munterkeit/ den exceſs
aber derſelben bey dem Ehrgeitz wachſame
Arbeitſamkeit
genennet haben.

48. Gleichfals iſt ein groſſer Unterſcheid
zwiſchen der freudigen Dienſtfertigkeit tu-
gendhaffter Liebe
und der Dienſtfertigkeit
eines Ehrgeizigen.
Es iſt wahr/ ein Ehrgeitziger
neidet zwar andere die uͤber ihn oder ihn gleich
ſind/ ſo ferne ſie ſeinen Begierden zuwider ſind/
und freuet ſich/ wenn ſie an ihren Ehranſehen ei-
nen Abbruch leiden: Aber er beneidet doch nicht
alle Menſchen wegen alles guten/ und freuet ſich
doch nicht uͤber aller Ungluͤck/ ja er iſt in eußer-
lichen thun und laſſen dienſtfertig/ und wenn
man ſeinen Ehrgeitz recht zu menagiren weiß/
kan man ihn wegen ſeines Veꝛſtandes zu groſſen/
auch nach Gelegenheit zu guten Dingen brau-
chen/ in betracht ſeine Dienſtfertigkeit nicht auff
liederliche Luſt und Kuplerey wie eines Wohl-

luͤſtigen/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0267" n="255"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und denen daher ru&#x0364;hrenden Untug.</hi></fw><lb/>
fa&#x017F;t mehr in denen <hi rendition="#aq">travaillen</hi> der Gedancken/<lb/>
als in mu&#x0364;de machender Bewegung des Lei-<lb/>
bes be&#x017F;tehet/ und weil die Vielfa&#x0364;ltigkeit der Ge-<lb/>
dancken/ als die Augen&#x017F;cheinliche Erfahrung<lb/>
bezeiget/ den Schlaff hindert/ wiewohl auch<lb/>
die all zu gro&#x017F;&#x017F;e Vielfa&#x0364;ltigkeit dergleichen Arbeit/<lb/>
durch all zu vieles Wachen den Leib &#x017F;chwa&#x0364;chet/<lb/>
und &#x017F;olcher Ge&#x017F;talt in <hi rendition="#aq">exce&#x017F;s pecci</hi>ret/ weß-<lb/>
halb wir auch die dem wollu&#x0364;&#x017F;tigen Mu&#x0364;ßigang<lb/>
entgegen ge&#x017F;etzte Tugend bey der vernu&#x0364;nfftigen<lb/><hi rendition="#fr">Liebe ge&#x017F;cha&#x0364;fftige Munterkeit/</hi> den <hi rendition="#aq">exce&#x017F;s</hi><lb/>
aber der&#x017F;elben bey dem Ehrgeitz <hi rendition="#fr">wach&#x017F;ame<lb/>
Arbeit&#x017F;amkeit</hi> genennet haben.</p><lb/>
        <p>48. Gleichfals i&#x017F;t ein gro&#x017F;&#x017F;er Unter&#x017F;cheid<lb/>
zwi&#x017F;chen der <hi rendition="#fr">freudigen Dien&#x017F;tfertigkeit tu-<lb/>
gendhaffter Liebe</hi> und der <hi rendition="#fr">Dien&#x017F;tfertigkeit<lb/>
eines Ehrgeizigen.</hi> Es i&#x017F;t wahr/ ein Ehrgeitziger<lb/><hi rendition="#fr">neidet</hi> zwar andere die u&#x0364;ber ihn oder ihn gleich<lb/>
&#x017F;ind/ &#x017F;o ferne &#x017F;ie &#x017F;einen Begierden zuwider &#x017F;ind/<lb/>
und <hi rendition="#fr">freuet &#x017F;ich/</hi> wenn &#x017F;ie an ihren Ehran&#x017F;ehen ei-<lb/>
nen Abbruch leiden: Aber er beneidet doch nicht<lb/>
alle Men&#x017F;chen wegen alles guten/ und freuet &#x017F;ich<lb/>
doch nicht u&#x0364;ber aller Unglu&#x0364;ck/ ja er i&#x017F;t in eußer-<lb/>
lichen thun und la&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#fr">dien&#x017F;tfertig/</hi> und wenn<lb/>
man &#x017F;einen Ehrgeitz recht zu <hi rendition="#aq">menagi</hi>ren weiß/<lb/>
kan man ihn wegen &#x017F;eines Ve&#xA75B;&#x017F;tandes zu gro&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
auch nach Gelegenheit zu guten Dingen brau-<lb/>
chen/ in betracht &#x017F;eine Dien&#x017F;tfertigkeit nicht auff<lb/>
liederliche Lu&#x017F;t und Kuplerey wie eines <hi rendition="#fr">Wohl-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">lu&#x0364;&#x017F;tigen/</hi></fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[255/0267] und denen daher ruͤhrenden Untug. faſt mehr in denen travaillen der Gedancken/ als in muͤde machender Bewegung des Lei- bes beſtehet/ und weil die Vielfaͤltigkeit der Ge- dancken/ als die Augenſcheinliche Erfahrung bezeiget/ den Schlaff hindert/ wiewohl auch die all zu groſſe Vielfaͤltigkeit dergleichen Arbeit/ durch all zu vieles Wachen den Leib ſchwaͤchet/ und ſolcher Geſtalt in exceſs pecciret/ weß- halb wir auch die dem wolluͤſtigen Muͤßigang entgegen geſetzte Tugend bey der vernuͤnfftigen Liebe geſchaͤfftige Munterkeit/ den exceſs aber derſelben bey dem Ehrgeitz wachſame Arbeitſamkeit genennet haben. 48. Gleichfals iſt ein groſſer Unterſcheid zwiſchen der freudigen Dienſtfertigkeit tu- gendhaffter Liebe und der Dienſtfertigkeit eines Ehrgeizigen. Es iſt wahr/ ein Ehrgeitziger neidet zwar andere die uͤber ihn oder ihn gleich ſind/ ſo ferne ſie ſeinen Begierden zuwider ſind/ und freuet ſich/ wenn ſie an ihren Ehranſehen ei- nen Abbruch leiden: Aber er beneidet doch nicht alle Menſchen wegen alles guten/ und freuet ſich doch nicht uͤber aller Ungluͤck/ ja er iſt in eußer- lichen thun und laſſen dienſtfertig/ und wenn man ſeinen Ehrgeitz recht zu menagiren weiß/ kan man ihn wegen ſeines Veꝛſtandes zu groſſen/ auch nach Gelegenheit zu guten Dingen brau- chen/ in betracht ſeine Dienſtfertigkeit nicht auff liederliche Luſt und Kuplerey wie eines Wohl- luͤſtigen/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/267
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/267>, abgerufen am 29.03.2024.