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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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führen lassen/ die Logic gantz auszumertzen/ und bloß
auff eines jeden Menschen seinen natürlichen Ver-
stand sich gründend/ alle Logicken für unnöthig ja gar
schädlich hält. 4. Daß er selbsten grösten theils in sei-
nen Discursen mehr auff Oratorische Weise und Af-
fect
ens volle Worte/ als auff die Art eines sittsamen
Logici disputiret. 5. Daß er sich nicht entfärbet/ auf
Sophistische Art den Statum Controversiae hin und
wieder umbzukehren/ die Concepte zu vermischen/ die
Worte seines Gegners nach seinen Gefallen zu än-
dern/ etliche auszulassen/ andere einzurücken/ u. s. w.
6. Daß er durchgehends eine gar zu übermäßige Liebe
zu den Teutschen/ und einen gar zu übermäßigen Haß
gegen die Frantzosen blicken läst. 7. Daß er mich zu-
weilen/ und zwar hauptsächlich umb keiner andern Ur-
sache/ als weil ich mir vorgenommen zu weisen/ daß man
auch in Teutscher Sprache gelehrte Sachen schrei-
ben könne/ gar zu übermäßig und auf eine irraisonable
Weise lobt/ zum öfftern aber und zwar wiederumm haupt-
sächlich deßhalben/ daß ich in meinen Schrifften einige
Gewogenheit gegen die Frantzösische Nation spüren
lassen/ mich gar zu scharff und wider Raison durchhe-
chelt. 8. Durchgehends aber dasselbige gantz und gar
nicht praestiret/ was sein Titel verspricht/ noch gründ-
lich erörtert/ was zu rechtschaffener Erkäntniß der wah-
ren Weißheit/ und wie ein junger Mensch dieselbe zu
erlangen/ sein Studiren einrichten solle/ gehöre/ sondern
vielmehr abermahlen von gar zu grosser Passion gegen
die Physic und Mathesin eingenommen der andern
Wissenschafften/ absonderlich aber des alleredelsten
theils menschlicher Weißheit/ der Sitten-Lehre bey
nahe gar drüber vergißt. Jch brauche nicht/ daß ich zu

Behau-

fuͤhren laſſen/ die Logic gantz auszumertzen/ und bloß
auff eines jeden Menſchen ſeinen natuͤrlichen Ver-
ſtand ſich gruͤndend/ alle Logicken fuͤr unnoͤthig ja gar
ſchaͤdlich haͤlt. 4. Daß er ſelbſten groͤſten theils in ſei-
nen Diſcurſen mehr auff Oratoriſche Weiſe und Af-
fect
ens volle Worte/ als auff die Art eines ſittſamen
Logici diſputiret. 5. Daß er ſich nicht entfaͤrbet/ auf
Sophiſtiſche Art den Statum Controverſiæ hin und
wieder umbzukehren/ die Concepte zu vermiſchen/ die
Worte ſeines Gegners nach ſeinen Gefallen zu aͤn-
dern/ etliche auszulaſſen/ andere einzuruͤcken/ u. ſ. w.
6. Daß er durchgehends eine gar zu uͤbermaͤßige Liebe
zu den Teutſchen/ und einen gar zu uͤbermaͤßigen Haß
gegen die Frantzoſen blicken laͤſt. 7. Daß er mich zu-
weilen/ und zwar hauptſaͤchlich umb keiner andern Ur-
ſache/ als weil ich mir vorgenom̃en zu weiſen/ daß man
auch in Teutſcher Sprache gelehrte Sachen ſchrei-
ben koͤnne/ gar zu uͤbermaͤßig und auf eine irraiſonable
Weiſe lobt/ zum oͤffteꝛn aber uñ zwaꝛ wiedeꝛum̃ haupt-
ſaͤchlich deßhalben/ daß ich in meinen Schrifften einige
Gewogenheit gegen die Frantzoͤſiſche Nation ſpuͤren
laſſen/ mich gar zu ſcharff und wider Raiſon durchhe-
chelt. 8. Durchgehends aber daſſelbige gantz und gar
nicht præſtiret/ was ſein Titel verſpricht/ noch gruͤnd-
lich eroͤrtert/ was zu rechtſchaffener Erkaͤntniß der wah-
ren Weißheit/ und wie ein junger Menſch dieſelbe zu
erlangen/ ſein Studiren einrichten ſolle/ gehoͤre/ ſondern
vielmehr abermahlen von gar zu groſſer Paſſion gegen
die Phyſic und Matheſin eingenommen der andern
Wiſſenſchafften/ abſonderlich aber des alleredelſten
theils menſchlicher Weißheit/ der Sitten-Lehre bey
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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/20>, abgerufen am 19.04.2024.