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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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von anderer Meinungen zu urtheilen.
der Güte der Bücher ohne vorhergegange-
ner Lesung derselben urtheilen wil/ so gar daß
man sich nicht wundern darff/ wenn in diesen
Fällen beynahe durchgehends unter denen
Menschen gantz widerwärtige Urtheile fallen.

31. Denn ob man schon was z. e. das Alter
der Scribenten betrifft/ insgemein und zwar
nicht gäntzlich ohne Ursache die Schrifften gantz
junger Leute vor unzeitig und von weniger
Tüchtigkeit hält; Hingegen aber der gantz al-
ten Leute ihre Wercke davor achtet/ daß die Ge-
müths-Kräffte darinnen sehr abgenommen/ so
sind doch die Gemüths-Neigungen der Men-
schen/ was das männliche Alter oder das Alter
einer völligen Jugend eines theils/ anderes
theils aber das angehende Alterthumb betrifft/
so eingetheilet/ daß viel von denen Schrifften
junger/ andere aber von denen Schrifften al-
ter
Leute in Erkäntniß der Wahrheit mehr hal-
ten/ da doch beyderley Alter zu der Wahrheit
und Güte der Bücher wenig thut/ auch unter
beyden Sorten ja so wohl gute als schlimme
Schrifften angetroffen werden/ man wolte
denn etwan diese Anmerckung aus der
Politic daß die reiffe Jugend mehr Feu-
er und Geist
zum Speculiren/ das Alter

aber
Q 3

von anderer Meinungen zu urtheilen.
der Guͤte der Buͤcher ohne vorhergegange-
ner Leſung derſelben urtheilen wil/ ſo gar daß
man ſich nicht wundern darff/ wenn in dieſen
Faͤllen beynahe durchgehends unter denen
Menſchen gantz widerwaͤrtige Urtheile fallen.

31. Denn ob man ſchon was z. e. das Alter
der Scribenten betrifft/ insgemein und zwar
nicht gaͤntzlich ohne Urſache die Schrifften gantz
junger Leute vor unzeitig und von weniger
Tuͤchtigkeit haͤlt; Hingegen aber der gantz al-
ten Leute ihre Wercke davor achtet/ daß die Ge-
muͤths-Kraͤffte darinnen ſehr abgenommen/ ſo
ſind doch die Gemuͤths-Neigungen der Men-
ſchen/ was das maͤnnliche Alter oder das Alter
einer voͤlligen Jugend eines theils/ anderes
theils aber das angehende Alterthumb betrifft/
ſo eingetheilet/ daß viel von denen Schrifften
junger/ andere aber von denen Schrifften al-
ter
Leute in Erkaͤntniß der Wahrheit mehr hal-
ten/ da doch beyderley Alter zu der Wahrheit
und Guͤte der Buͤcher wenig thut/ auch unter
beyden Sorten ja ſo wohl gute als ſchlimme
Schrifften angetroffen werden/ man wolte
denn etwan dieſe Anmerckung aus der
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[245/0271] von anderer Meinungen zu urtheilen. der Guͤte der Buͤcher ohne vorhergegange- ner Leſung derſelben urtheilen wil/ ſo gar daß man ſich nicht wundern darff/ wenn in dieſen Faͤllen beynahe durchgehends unter denen Menſchen gantz widerwaͤrtige Urtheile fallen. 31. Denn ob man ſchon was z. e. das Alter der Scribenten betrifft/ insgemein und zwar nicht gaͤntzlich ohne Urſache die Schrifften gantz junger Leute vor unzeitig und von weniger Tuͤchtigkeit haͤlt; Hingegen aber der gantz al- ten Leute ihre Wercke davor achtet/ daß die Ge- muͤths-Kraͤffte darinnen ſehr abgenommen/ ſo ſind doch die Gemuͤths-Neigungen der Men- ſchen/ was das maͤnnliche Alter oder das Alter einer voͤlligen Jugend eines theils/ anderes theils aber das angehende Alterthumb betrifft/ ſo eingetheilet/ daß viel von denen Schrifften junger/ andere aber von denen Schrifften al- ter Leute in Erkaͤntniß der Wahrheit mehr hal- ten/ da doch beyderley Alter zu der Wahrheit und Guͤte der Buͤcher wenig thut/ auch unter beyden Sorten ja ſo wohl gute als ſchlimme Schrifften angetroffen werden/ man wolte denn etwan dieſe Anmerckung aus der Politic daß die reiffe Jugend mehr Feu- er und Geiſt zum Speculiren/ das Alter aber Q 3

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/271>, abgerufen am 15.05.2024.