Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

Bild:
<< vorherige Seite

Das 5. H. Von der Geschickligkeit
legung der Jrrthümer an/ daß ein Autor zwey/
drey und mehr prima falsa zum Grund leget/
oder daß auch nicht einmahl die Conclusiones mit
dem primo falso verknüpfft sind/ sondern viel-
mehr das Gegentheil daraus hergeführet wer-
den könne. Jm ersten Fall muß man alle die
falschen Hypotheses, darauff ein Jrrender seine
Conclusiones gründet/ aussuchen/ und jede deut-
lich und glimpflich widerlegen/ wiewohl zur U-
berweisung eines Jrrthumbs es genung ist/ wenn
man nur die Falschheit eines Grundes erwie-
sen/ und die Darthuung aller falschen Gründe
den Jrrenden nur desto stärcker überführen sol.

41. Jm andern Fall aber ist es nicht un-
dienlich/ umb eben dieser Ursache willen dem Jr-
renden zu zeigen/ wie seine Folgerungen gantz
nicht einmahl mit seinem eigenen Grunde con-
nectir
et werden können. Und dieses nennet
man kath' anthropon disputiren.

42. Bey Widerlegung des primi falsi und
sonsten überhaupt in aller Widerlegung hat
man zweyerley Wege/ einem Jrrenden seinen
Fehler zu erkennen zu geben/ wenn man ihm
nemlich entweder darthut/ wie aus seinem
Satze eine falsche
Conclusion, die er selbst für
falsch erkennet/ nothwendig folge/ oder aber/ wie

dieser

Das 5. H. Von der Geſchickligkeit
legung der Jrrthuͤmer an/ daß ein Autor zwey/
drey und mehr prima falſa zum Grund leget/
oder daß auch nicht einmahl die Concluſiones mit
dem primo falſo verknuͤpfft ſind/ ſondern viel-
mehr das Gegentheil daraus hergefuͤhret wer-
den koͤnne. Jm erſten Fall muß man alle die
falſchen Hypotheſes, darauff ein Jrrender ſeine
Concluſiones gruͤndet/ ausſuchen/ und jede deut-
lich und glimpflich widerlegen/ wiewohl zur U-
berweiſung eines Jrrthumbs es genung iſt/ weñ
man nur die Falſchheit eines Grundes erwie-
ſen/ und die Darthuung aller falſchen Gruͤnde
den Jrrenden nur deſto ſtaͤrcker uͤberfuͤhren ſol.

41. Jm andern Fall aber iſt es nicht un-
dienlich/ umb eben dieſer Urſache willen dem Jr-
renden zu zeigen/ wie ſeine Folgerungen gantz
nicht einmahl mit ſeinem eigenen Grunde con-
nectir
et werden koͤnnen. Und dieſes nennet
man καϑ᾽ ἄνϑρωπον diſputiren.

42. Bey Widerlegung des primi falſi und
ſonſten uͤberhaupt in aller Widerlegung hat
man zweyerley Wege/ einem Jrrenden ſeinen
Fehler zu erkennen zu geben/ wenn man ihm
nemlich entweder darthut/ wie aus ſeinem
Satze eine falſche
Concluſion, die er ſelbſt fuͤr
falſch erkennet/ nothwendig folge/ oder aber/ wie

dieſer
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0312" n="286"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das 5. H. Von der Ge&#x017F;chickligkeit</hi></fw><lb/>
legung der Jrrthu&#x0364;mer an/ daß ein <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Autor</hi></hi> zwey/<lb/>
drey und mehr <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">prima fal&#x017F;a</hi></hi> zum Grund leget/<lb/>
oder daß auch nicht einmahl die <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Conclu&#x017F;iones</hi></hi> mit<lb/>
dem <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">primo fal&#x017F;o</hi></hi> verknu&#x0364;pfft &#x017F;ind/ &#x017F;ondern viel-<lb/>
mehr das Gegentheil daraus hergefu&#x0364;hret wer-<lb/>
den ko&#x0364;nne. Jm er&#x017F;ten Fall muß man alle die<lb/>
fal&#x017F;chen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Hypothe&#x017F;es,</hi></hi> darauff ein Jrrender &#x017F;eine<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Conclu&#x017F;iones</hi></hi> gru&#x0364;ndet/ aus&#x017F;uchen/ und jede deut-<lb/>
lich und glimpflich widerlegen/ wiewohl zur U-<lb/>
berwei&#x017F;ung eines Jrrthumbs es genung i&#x017F;t/ wen&#x0303;<lb/>
man nur die Fal&#x017F;chheit eines Grundes erwie-<lb/>
&#x017F;en/ und die Darthuung aller fal&#x017F;chen Gru&#x0364;nde<lb/>
den Jrrenden nur de&#x017F;to &#x017F;ta&#x0364;rcker u&#x0364;berfu&#x0364;hren &#x017F;ol.</p><lb/>
        <p>41. Jm andern Fall aber i&#x017F;t es nicht un-<lb/>
dienlich/ umb eben die&#x017F;er Ur&#x017F;ache willen dem Jr-<lb/>
renden zu zeigen/ wie &#x017F;eine Folgerungen gantz<lb/>
nicht einmahl mit &#x017F;einem eigenen Grunde <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">con-<lb/>
nectir</hi></hi>et werden ko&#x0364;nnen. Und die&#x017F;es nennet<lb/>
man &#x03BA;&#x03B1;&#x03D1;&#x1FBD; &#x1F04;&#x03BD;&#x03D1;&#x03C1;&#x03C9;&#x03C0;&#x03BF;&#x03BD; <hi rendition="#aq">di&#x017F;putir</hi><hi rendition="#fr">en.</hi></p><lb/>
        <p>42. Bey Widerlegung des <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">primi fal&#x017F;i</hi></hi> und<lb/>
&#x017F;on&#x017F;ten u&#x0364;berhaupt in aller Widerlegung hat<lb/>
man zweyerley Wege/ einem Jrrenden &#x017F;einen<lb/>
Fehler zu erkennen zu geben/ wenn man ihm<lb/>
nemlich entweder darthut/ <hi rendition="#fr">wie aus &#x017F;einem<lb/>
Satze eine fal&#x017F;che</hi> <hi rendition="#aq">Conclu&#x017F;ion,</hi> die er &#x017F;elb&#x017F;t fu&#x0364;r<lb/>
fal&#x017F;ch erkennet/ nothwendig folge/ oder aber/ wie<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die&#x017F;er</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[286/0312] Das 5. H. Von der Geſchickligkeit legung der Jrrthuͤmer an/ daß ein Autor zwey/ drey und mehr prima falſa zum Grund leget/ oder daß auch nicht einmahl die Concluſiones mit dem primo falſo verknuͤpfft ſind/ ſondern viel- mehr das Gegentheil daraus hergefuͤhret wer- den koͤnne. Jm erſten Fall muß man alle die falſchen Hypotheſes, darauff ein Jrrender ſeine Concluſiones gruͤndet/ ausſuchen/ und jede deut- lich und glimpflich widerlegen/ wiewohl zur U- berweiſung eines Jrrthumbs es genung iſt/ weñ man nur die Falſchheit eines Grundes erwie- ſen/ und die Darthuung aller falſchen Gruͤnde den Jrrenden nur deſto ſtaͤrcker uͤberfuͤhren ſol. 41. Jm andern Fall aber iſt es nicht un- dienlich/ umb eben dieſer Urſache willen dem Jr- renden zu zeigen/ wie ſeine Folgerungen gantz nicht einmahl mit ſeinem eigenen Grunde con- nectiret werden koͤnnen. Und dieſes nennet man καϑ᾽ ἄνϑρωπον diſputiren. 42. Bey Widerlegung des primi falſi und ſonſten uͤberhaupt in aller Widerlegung hat man zweyerley Wege/ einem Jrrenden ſeinen Fehler zu erkennen zu geben/ wenn man ihm nemlich entweder darthut/ wie aus ſeinem Satze eine falſche Concluſion, die er ſelbſt fuͤr falſch erkennet/ nothwendig folge/ oder aber/ wie dieſer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/312
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/312>, abgerufen am 01.05.2024.