Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

Bild:
<< vorherige Seite

Das 5. H. Von der Geschickligkeit.
sichs nicht unbillig: Ob ein weiser Mann in
Wiederlegung der Jrrthümer Schriff-
ten mit Schrifften hauffen solle?
Wenn
wir nach denen Exempeln gehen wolten/ auch
sonst gelehrter und berühmter Leute/ müsten
wir solches billig bejahen. Nachdem wir uns
aber vorgenommen/ nach denen blossen Grund-
Regeln der Vernunfft zu gehen/ und alle
menschliche autorität bey seit zu setzen/ müs-
sen wir vielmehr das Gegentheil vertheydigen.
Denn wenn der Jrrende aus Hartnäckigkeit
seine Jrrthümer vertheidiget/ wird bey ihm und
seiner Parthey keine raison hafften/ bey Un-
partheyischen aber unnöthig seyn/ sich weiter
zubemühen/ weil dieselben allbereit die Wich-
tigkeit unserer Gründe/ und die Hartnäckig-
keit des Jrrenden erkennen.

49. Und solchergestalt braucht ein weiser
Mann ordentlich nicht mehr als eine Schrifft
entweder seine Lehre zu vertheydigen/ oder den
Jrrthum seines Gegners darzuthun; es wä-
re denn/ daß der Jrrende in der andern
Schrifft etwas neues vorbrächte; oder aber
der Wiederlegende erkennete/ daß er in seiner
ersten Schrifft etwas undeutlich geschrieben/

und

Das 5. H. Von der Geſchickligkeit.
ſichs nicht unbillig: Ob ein weiſer Mann in
Wiederlegung der Jrrthuͤmer Schriff-
ten mit Schrifften hauffen ſolle?
Wenn
wir nach denen Exempeln gehen wolten/ auch
ſonſt gelehrter und beruͤhmter Leute/ muͤſten
wir ſolches billig bejahen. Nachdem wir uns
aber vorgenommen/ nach denen bloſſen Grund-
Regeln der Vernunfft zu gehen/ und alle
menſchliche autoritaͤt bey ſeit zu ſetzen/ muͤſ-
ſen wir vielmehr das Gegentheil vertheydigen.
Denn wenn der Jrrende aus Hartnaͤckigkeit
ſeine Jrrthuͤmer vertheidiget/ wird bey ihm und
ſeiner Parthey keine raiſon hafften/ bey Un-
partheyiſchen aber unnoͤthig ſeyn/ ſich weiter
zubemuͤhen/ weil dieſelben allbereit die Wich-
tigkeit unſerer Gruͤnde/ und die Hartnaͤckig-
keit des Jrrenden erkennen.

49. Und ſolchergeſtalt braucht ein weiſer
Mann ordentlich nicht mehr als eine Schrifft
entweder ſeine Lehre zu vertheydigen/ oder den
Jrrthum ſeines Gegners darzuthun; es waͤ-
re denn/ daß der Jrrende in der andern
Schrifft etwas neues vorbraͤchte; oder aber
der Wiederlegende erkennete/ daß er in ſeiner
erſten Schrifft etwas undeutlich geſchrieben/

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0316" n="290"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das 5. H. Von der Ge&#x017F;chickligkeit.</hi></fw><lb/>
&#x017F;ichs nicht unbillig: <hi rendition="#fr">Ob ein wei&#x017F;er Mann in<lb/>
Wiederlegung der Jrrthu&#x0364;mer Schriff-<lb/>
ten mit Schrifften hauffen &#x017F;olle?</hi> Wenn<lb/>
wir nach denen Exempeln gehen wolten/ auch<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t gelehrter und beru&#x0364;hmter Leute/ mu&#x0364;&#x017F;ten<lb/>
wir &#x017F;olches billig bejahen. Nachdem wir uns<lb/>
aber vorgenommen/ nach denen blo&#x017F;&#x017F;en Grund-<lb/>
Regeln der Vernunfft zu gehen/ und alle<lb/>
men&#x017F;chliche <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">autorit</hi></hi>a&#x0364;t bey &#x017F;eit zu &#x017F;etzen/ mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en wir vielmehr das Gegentheil vertheydigen.<lb/>
Denn wenn der Jrrende aus Hartna&#x0364;ckigkeit<lb/>
&#x017F;eine Jrrthu&#x0364;mer vertheidiget/ wird bey ihm und<lb/>
&#x017F;einer Parthey keine <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">rai&#x017F;on</hi></hi> hafften/ bey Un-<lb/>
partheyi&#x017F;chen aber unno&#x0364;thig &#x017F;eyn/ &#x017F;ich weiter<lb/>
zubemu&#x0364;hen/ weil die&#x017F;elben allbereit die Wich-<lb/>
tigkeit un&#x017F;erer Gru&#x0364;nde/ und die Hartna&#x0364;ckig-<lb/>
keit des Jrrenden erkennen.</p><lb/>
        <p>49. Und &#x017F;olcherge&#x017F;talt braucht ein wei&#x017F;er<lb/>
Mann ordentlich nicht mehr <hi rendition="#fr">als eine Schrifft</hi><lb/>
entweder &#x017F;eine Lehre zu vertheydigen/ oder den<lb/>
Jrrthum &#x017F;eines Gegners darzuthun; es wa&#x0364;-<lb/>
re denn/ daß der Jrrende in der andern<lb/>
Schrifft etwas neues vorbra&#x0364;chte; oder aber<lb/>
der Wiederlegende erkennete/ daß er in &#x017F;einer<lb/>
er&#x017F;ten Schrifft etwas undeutlich ge&#x017F;chrieben/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[290/0316] Das 5. H. Von der Geſchickligkeit. ſichs nicht unbillig: Ob ein weiſer Mann in Wiederlegung der Jrrthuͤmer Schriff- ten mit Schrifften hauffen ſolle? Wenn wir nach denen Exempeln gehen wolten/ auch ſonſt gelehrter und beruͤhmter Leute/ muͤſten wir ſolches billig bejahen. Nachdem wir uns aber vorgenommen/ nach denen bloſſen Grund- Regeln der Vernunfft zu gehen/ und alle menſchliche autoritaͤt bey ſeit zu ſetzen/ muͤſ- ſen wir vielmehr das Gegentheil vertheydigen. Denn wenn der Jrrende aus Hartnaͤckigkeit ſeine Jrrthuͤmer vertheidiget/ wird bey ihm und ſeiner Parthey keine raiſon hafften/ bey Un- partheyiſchen aber unnoͤthig ſeyn/ ſich weiter zubemuͤhen/ weil dieſelben allbereit die Wich- tigkeit unſerer Gruͤnde/ und die Hartnaͤckig- keit des Jrrenden erkennen. 49. Und ſolchergeſtalt braucht ein weiſer Mann ordentlich nicht mehr als eine Schrifft entweder ſeine Lehre zu vertheydigen/ oder den Jrrthum ſeines Gegners darzuthun; es waͤ- re denn/ daß der Jrrende in der andern Schrifft etwas neues vorbraͤchte; oder aber der Wiederlegende erkennete/ daß er in ſeiner erſten Schrifft etwas undeutlich geſchrieben/ und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/316
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/316>, abgerufen am 01.05.2024.