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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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der Warheit nachzudencken.
zweiffeln wollen/ weil du einmahl oder offt
von ihnen betrogen worden.

42. Derowegen wirstu mir verzeihen/ daß
ich nicht alleine deinen Schluß nicht zugebe/
sondern auff diese weise denselben gantz umb-
kehre. Weil du gewiß weist/ daß dich dei-
ne Gedancken betrogen/ so kanstu nicht
von allen Dingen zweiffeln/
sondern nur
von etlichen.

43. Die unstreitige Warheit ist die Probe
des Betrugs und Jrrthumbs/ und du kanst
keinen Jrrthumb erkennen/ wenn du nicht zu-
giebest/ daß das Gegentheil wahr sey.

44. Und gedencke nur/ wenn du an allen
deinen bißher gehabten Gedancken zweiffeln
woltest/ so müstest du auch an denen zweiffeln:
Ob du dich bißher betrogen hättest. Auff
diese Weise aber rissestu den Grund nieder/
der dich bewogen hätte an allen Dingen zu
zweiffeln.

45. Bedencke ferner die wahre Ursache/
weshalber ich zuvorher gesagt/ warumb du
zweiffeln soltest; nehmlich daß du die praejudi-
cia attaquir
en köntest. Die praejudicia sind
aber falsche Meinungen/ die dich von Erkent-
niß der Warheit abführen. Und also kanstu

nicht
B 3

der Warheit nachzudencken.
zweiffeln wollen/ weil du einmahl oder offt
von ihnen betrogen worden.

42. Derowegen wirſtu mir verzeihen/ daß
ich nicht alleine deinen Schluß nicht zugebe/
ſondern auff dieſe weiſe denſelben gantz umb-
kehre. Weil du gewiß weiſt/ daß dich dei-
ne Gedancken betrogen/ ſo kanſtu nicht
von allen Dingen zweiffeln/
ſondern nur
von etlichen.

43. Die unſtreitige Warheit iſt die Probe
des Betrugs und Jrrthumbs/ und du kanſt
keinen Jrrthumb erkennen/ wenn du nicht zu-
giebeſt/ daß das Gegentheil wahr ſey.

44. Und gedencke nur/ wenn du an allen
deinen bißher gehabten Gedancken zweiffeln
wolteſt/ ſo muͤſteſt du auch an denen zweiffeln:
Ob du dich bißher betrogen haͤtteſt. Auff
dieſe Weiſe aber riſſeſtu den Grund nieder/
der dich bewogen haͤtte an allen Dingen zu
zweiffeln.

45. Bedencke ferner die wahre Urſache/
weshalber ich zuvorher geſagt/ warumb du
zweiffeln ſolteſt; nehmlich daß du die præjudi-
cia attaquir
en koͤnteſt. Die præjudicia ſind
aber falſche Meinungen/ die dich von Erkent-
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nicht
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[21/0047] der Warheit nachzudencken. zweiffeln wollen/ weil du einmahl oder offt von ihnen betrogen worden. 42. Derowegen wirſtu mir verzeihen/ daß ich nicht alleine deinen Schluß nicht zugebe/ ſondern auff dieſe weiſe denſelben gantz umb- kehre. Weil du gewiß weiſt/ daß dich dei- ne Gedancken betrogen/ ſo kanſtu nicht von allen Dingen zweiffeln/ ſondern nur von etlichen. 43. Die unſtreitige Warheit iſt die Probe des Betrugs und Jrrthumbs/ und du kanſt keinen Jrrthumb erkennen/ wenn du nicht zu- giebeſt/ daß das Gegentheil wahr ſey. 44. Und gedencke nur/ wenn du an allen deinen bißher gehabten Gedancken zweiffeln wolteſt/ ſo muͤſteſt du auch an denen zweiffeln: Ob du dich bißher betrogen haͤtteſt. Auff dieſe Weiſe aber riſſeſtu den Grund nieder/ der dich bewogen haͤtte an allen Dingen zu zweiffeln. 45. Bedencke ferner die wahre Urſache/ weshalber ich zuvorher geſagt/ warumb du zweiffeln ſolteſt; nehmlich daß du die præjudi- cia attaquiren koͤnteſt. Die præjudicia ſind aber falſche Meinungen/ die dich von Erkent- niß der Warheit abfuͤhren. Und alſo kanſtu nicht B 3

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/47>, abgerufen am 19.04.2024.