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Thomasius, Christian: Discours Welcher Gestalt man denen Frantzosen im gemeinen Leben und Wandel nachahmen solle. [Leipzig], [1690].

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terie befleißige; Denn wenn man diese Stücke alle zusammen
setzt/ wird endlich un parfait homme Sage oder ein vollkomme-
ner weiser Mann daraus entstehen/ den man in der Welt zu klu-
gen und wichtigen Dingen brauchen kan. Gleichwie es aber nicht
gescheide gehandelt ist/ wenn man sich etwas zum Entzweck fürsetzet/
und um die Mittel darzu zugelangen/ sich nicht bekümmert/ oder die
Hand in Schoß leget/ und für Faulheit dieselbe nicht brauchen wil;
also ist wohl nöthig/ daß wir uns nach denen mitteln umbthun/
durch welche wir obberührte Eigenschafften erhalten und diese
Nachahmung ins Werck richten können. Jch wil nicht leugnen/
daß bey allen diesen Stücken ein gut naturell viel/ auch in etli-
chen das meiste thue; Es wird aber auch hinwiederum niemand
verneinen können/ daß mann der Natur durch Kunst mercklich
forthelffen könne/ die Kunst aber am füglichsten durch gewisse
Grund-Regeln und maximen erlernet werde. Weil ich dann
sonst nichts zuthun habe/ als daß ich Gelegenheit suche/ Meinen
Herren/ nach meinen wenigen Vermögen zu dienen/ und an die
Hand zugehen/ darneben aber bemühet lebe/ wie solches mit einer
guten Manier geschehen möge/ damit weder dieselben noch ich
dabey verdrießlich werden; Als habe ich mir fürgesetzt/ geliebts
GOtt diesen Winter durch/ denen so dießfalls meine Lehrart
anstehet/ anleitung zugeben wie man obbesagte Stücke/ worin-
nen die Frantzosen uns Teutschen zu übertreffen suchen/ zu erlan-
gen sein Leben anstellen und seinen Verstand disponiren solle.
Zwar was die Gelehrsamkeit betrifft/ bin ich allbereit darinnen
begriffen/ Meinen Herren zuweisen auff was für Regeln man sei-
ne Gedancken gründen und vernünfftige raisonniren solle/
welche Lehre ob sie wohl gemeiniglich obenhin tractiret/ und von
vielen als zur Gelahrheit ohnnöthig gar ausgelassen wird/ so ist
sie dennoch bey gescheiden Leuten billich für das Hauptstück ei-
nes gelahrten Mannes angesehen/ deren ich mich auch destowe-

niger

terie befleißige; Denn wenn man dieſe Stuͤcke alle zuſammen
ſetzt/ wird endlich un parfait homme Sâge oder ein vollkomme-
ner weiſer Mann daraus entſtehen/ den man in der Welt zu klu-
gen und wichtigen Dingen brauchen kan. Gleichwie es aber nicht
geſcheide gehandelt iſt/ weñ man ſich etwas zum Entzweck fuͤꝛſetzet/
und um die Mittel darzu zugelangen/ ſich nicht bekuͤm̄ert/ oder die
Hand in Schoß leget/ und fuͤr Faulheit dieſelbe nicht brauchen wil;
alſo iſt wohl noͤthig/ daß wir uns nach denen mitteln umbthun/
durch welche wir obberuͤhrte Eigenſchafften erhalten und dieſe
Nachahmung ins Werck richten koͤnnen. Jch wil nicht leugnen/
daß bey allen dieſen Stuͤcken ein gut naturell viel/ auch in etli-
chen das meiſte thue; Es wird aber auch hinwiederum niemand
verneinen koͤnnen/ daß mann der Natur durch Kunſt mercklich
forthelffen koͤnne/ die Kunſt aber am fuͤglichſten durch gewiſſe
Grund-Regeln und maximen erlernet werde. Weil ich dann
ſonſt nichts zuthun habe/ als daß ich Gelegenheit ſuche/ Meinen
Herren/ nach meinen wenigen Vermoͤgen zu dienen/ und an die
Hand zugehen/ darneben aber bemuͤhet lebe/ wie ſolches mit einer
guten Manier geſchehen moͤge/ damit weder dieſelben noch ich
dabey verdrießlich werden; Als habe ich mir fuͤrgeſetzt/ geliebts
GOtt dieſen Winter durch/ denen ſo dießfalls meine Lehrart
anſtehet/ anleitung zugeben wie man obbeſagte Stuͤcke/ worin-
nen die Frantzoſen uns Teutſchen zu uͤbertreffen ſuchen/ zu erlan-
gen ſein Leben anſtellen und ſeinen Verſtand diſponiren ſolle.
Zwar was die Gelehrſamkeit betrifft/ bin ich allbereit darinnen
begriffen/ Meinen Herren zuweiſen auff was fuͤr Regeln man ſei-
ne Gedancken gruͤnden und vernünfftige raiſonniren ſolle/
welche Lehre ob ſie wohl gemeiniglich obenhin tractiret/ und von
vielen als zur Gelahrheit ohnnoͤthig gar ausgelaſſen wird/ ſo iſt
ſie dennoch bey geſcheiden Leuten billich fuͤr das Hauptſtuͤck ei-
nes gelahrten Mannes angeſehen/ deren ich mich auch deſtowe-

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[36/0038] terie befleißige; Denn wenn man dieſe Stuͤcke alle zuſammen ſetzt/ wird endlich un parfait homme Sâge oder ein vollkomme- ner weiſer Mann daraus entſtehen/ den man in der Welt zu klu- gen und wichtigen Dingen brauchen kan. Gleichwie es aber nicht geſcheide gehandelt iſt/ weñ man ſich etwas zum Entzweck fuͤꝛſetzet/ und um die Mittel darzu zugelangen/ ſich nicht bekuͤm̄ert/ oder die Hand in Schoß leget/ und fuͤr Faulheit dieſelbe nicht brauchen wil; alſo iſt wohl noͤthig/ daß wir uns nach denen mitteln umbthun/ durch welche wir obberuͤhrte Eigenſchafften erhalten und dieſe Nachahmung ins Werck richten koͤnnen. Jch wil nicht leugnen/ daß bey allen dieſen Stuͤcken ein gut naturell viel/ auch in etli- chen das meiſte thue; Es wird aber auch hinwiederum niemand verneinen koͤnnen/ daß mann der Natur durch Kunſt mercklich forthelffen koͤnne/ die Kunſt aber am fuͤglichſten durch gewiſſe Grund-Regeln und maximen erlernet werde. Weil ich dann ſonſt nichts zuthun habe/ als daß ich Gelegenheit ſuche/ Meinen Herren/ nach meinen wenigen Vermoͤgen zu dienen/ und an die Hand zugehen/ darneben aber bemuͤhet lebe/ wie ſolches mit einer guten Manier geſchehen moͤge/ damit weder dieſelben noch ich dabey verdrießlich werden; Als habe ich mir fuͤrgeſetzt/ geliebts GOtt dieſen Winter durch/ denen ſo dießfalls meine Lehrart anſtehet/ anleitung zugeben wie man obbeſagte Stuͤcke/ worin- nen die Frantzoſen uns Teutſchen zu uͤbertreffen ſuchen/ zu erlan- gen ſein Leben anſtellen und ſeinen Verſtand diſponiren ſolle. Zwar was die Gelehrſamkeit betrifft/ bin ich allbereit darinnen begriffen/ Meinen Herren zuweiſen auff was fuͤr Regeln man ſei- ne Gedancken gruͤnden und vernünfftige raiſonniren ſolle/ welche Lehre ob ſie wohl gemeiniglich obenhin tractiret/ und von vielen als zur Gelahrheit ohnnoͤthig gar ausgelaſſen wird/ ſo iſt ſie dennoch bey geſcheiden Leuten billich fuͤr das Hauptſtuͤck ei- nes gelahrten Mannes angeſehen/ deren ich mich auch deſtowe- niger

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Discours Welcher Gestalt man denen Frantzosen im gemeinen Leben und Wandel nachahmen solle. [Leipzig], [1690], S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_discours_1690/38>, abgerufen am 20.04.2024.