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Thomasius, Christian: Discours Welcher Gestalt man denen Frantzosen im gemeinen Leben und Wandel nachahmen solle. [Leipzig], [1690].

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niger zuschämen ursach habe/ weiln eine Hoch Adeliche Per-
son
unter uns Teutschen (die bey denen Frantzosen selbst pour
un veritable bel esprit & galand homme passiret,
und
dannenhero von meinen Herrn billig als ein model d' un hom-
me Sage
betrachtet werden soll;) selbige Jhrer gelehrten Feder
würdig geachtet/ und unter dem Nahmen einer nützlichen
Seelen-Artzeney artig und geschickt davon geschrieben hat.
Was l' honnetete anlanget/ bin ich gesonnen/ die Maximen
des Göttlichen Rechts/ als welches die fürnehmste Richtschnur
derselbigen ist/ nach Anleitung meiner Institutionum Jurispru-
dentiae divinae,
wo GOtt will/ auff dem Montag nach der
Zahlwoche nach mittags nach zwey Uhr
wiederum zuer-
klären anzufangen/ und binnen dato und Ostern künfftiges
Jahres zu vollenden; Aber in denen drey letztern Stücken gebe
ich mich noch selbsten vor einen Lehrling aus und getraue mir
noch nicht die grundgesetze d' un bel esprit, du bon gout &
d' un galand homme
nach meiner eigenen invention in ei-
ner gewissen Kunstform fürzustellen; Jch habe aber bißhero
angemerckt/ daß Gracian ein bekanter und berühmter Spanier
in seinem Buch/ welches er Arte de prudencia genennet
und aus lauter Regeln geschickt und artig zu leben bestehet/ die-
ses seinen fürnehmsten Zweck seyn lassen/ wie er durchgehends
die Menschen dahin führen möchte/ daß sie beaux esprits,
hommes de bon gout & galands
würden. Welches gleich
wie es von Amelot de la Houssaye in das Frantzösische über-
setzet und als ein sehr vernünfftiges Werck von Leuten bey
Hoffe/ allwo die rechtschaffene galanterie eigentlich ihren
Sitz hat/ aestimiret worden; Also hat solches auch ein gelehr-
ter Mann unserer Stadt in die hochteutsche Sprache vertiret.
Wannenhero ich vermeinet/ nicht sonderlich zu irren/ [w]enn ich
Meinen Herren dieses Buch zwischen hier und Ostern nach

meiner
E 3

niger zuſchaͤmen urſach habe/ weiln eine Hoch Adeliche Per-
ſon
unter uns Teutſchen (die bey denen Frantzoſen ſelbſt pour
un veritable bel eſprit & galand homme paſſiret,
und
dannenhero von meinen Herrn billig als ein model d’ un hom-
me Sâge
betrachtet werden ſoll;) ſelbige Jhrer gelehrten Feder
wuͤrdig geachtet/ und unter dem Nahmen einer nuͤtzlichen
Seelen-Artzeney artig und geſchickt davon geſchrieben hat.
Was l’ honnêtete anlanget/ bin ich geſonnen/ die Maximen
des Goͤttlichen Rechts/ als welches die fuͤrnehmſte Richtſchnur
derſelbigen iſt/ nach Anleitung meiner Inſtitutionum Jurispru-
dentiæ divinæ,
wo GOtt will/ auff dem Montag nach der
Zahlwoche nach mittags nach zwey Uhr
wiederum zuer-
klaͤren anzufangen/ und binnen dato und Oſtern kuͤnfftiges
Jahres zu vollenden; Aber in denen drey letztern Stuͤcken gebe
ich mich noch ſelbſten vor einen Lehrling aus und getraue mir
noch nicht die grundgeſetze d’ un bel eſprit, du bon gout &
d’ un galand homme
nach meiner eigenen invention in ei-
ner gewiſſen Kunſtform fuͤrzuſtellen; Jch habe aber bißhero
angemerckt/ daß Gracian ein bekanter und beruͤhmter Spanier
in ſeinem Buch/ welches er Arte de prudencia genennet
und aus lauter Regeln geſchickt und artig zu leben beſtehet/ die-
ſes ſeinen fuͤrnehmſten Zweck ſeyn laſſen/ wie er durchgehends
die Menſchen dahin fuͤhren moͤchte/ daß ſie beaux eſprits,
hommes de bon gout & galands
wuͤrden. Welches gleich
wie es von Amelot de la Houſſaye in das Frantzoͤſiſche uͤber-
ſetzet und als ein ſehr vernuͤnfftiges Werck von Leuten bey
Hoffe/ allwo die rechtſchaffene galanterie eigentlich ihren
Sitz hat/ æſtimiret worden; Alſo hat ſolches auch ein gelehr-
ter Mann unſerer Stadt in die hochteutſche Sprache vertiret.
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E 3
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[37/0039] niger zuſchaͤmen urſach habe/ weiln eine Hoch Adeliche Per- ſon unter uns Teutſchen (die bey denen Frantzoſen ſelbſt pour un veritable bel eſprit & galand homme paſſiret, und dannenhero von meinen Herrn billig als ein model d’ un hom- me Sâge betrachtet werden ſoll;) ſelbige Jhrer gelehrten Feder wuͤrdig geachtet/ und unter dem Nahmen einer nuͤtzlichen Seelen-Artzeney artig und geſchickt davon geſchrieben hat. Was l’ honnêtete anlanget/ bin ich geſonnen/ die Maximen des Goͤttlichen Rechts/ als welches die fuͤrnehmſte Richtſchnur derſelbigen iſt/ nach Anleitung meiner Inſtitutionum Jurispru- dentiæ divinæ, wo GOtt will/ auff dem Montag nach der Zahlwoche nach mittags nach zwey Uhr wiederum zuer- klaͤren anzufangen/ und binnen dato und Oſtern kuͤnfftiges Jahres zu vollenden; Aber in denen drey letztern Stuͤcken gebe ich mich noch ſelbſten vor einen Lehrling aus und getraue mir noch nicht die grundgeſetze d’ un bel eſprit, du bon gout & d’ un galand homme nach meiner eigenen invention in ei- ner gewiſſen Kunſtform fuͤrzuſtellen; Jch habe aber bißhero angemerckt/ daß Gracian ein bekanter und beruͤhmter Spanier in ſeinem Buch/ welches er Arte de prudencia genennet und aus lauter Regeln geſchickt und artig zu leben beſtehet/ die- ſes ſeinen fuͤrnehmſten Zweck ſeyn laſſen/ wie er durchgehends die Menſchen dahin fuͤhren moͤchte/ daß ſie beaux eſprits, hommes de bon gout & galands wuͤrden. Welches gleich wie es von Amelot de la Houſſaye in das Frantzoͤſiſche uͤber- ſetzet und als ein ſehr vernuͤnfftiges Werck von Leuten bey Hoffe/ allwo die rechtſchaffene galanterie eigentlich ihren Sitz hat/ æſtimiret worden; Alſo hat ſolches auch ein gelehr- ter Mann unſerer Stadt in die hochteutſche Sprache vertiret. Wannenhero ich vermeinet/ nicht ſonderlich zu irren/ wenn ich Meinen Herren dieſes Buch zwiſchen hier und Oſtern nach meiner E 3

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Discours Welcher Gestalt man denen Frantzosen im gemeinen Leben und Wandel nachahmen solle. [Leipzig], [1690], S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_discours_1690/39>, abgerufen am 25.04.2024.