Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.

Bild:
<< vorherige Seite

Gelahrheit insgemein.
seyn/ sich nicht ohnnöthige und aus Mißtrau-
en herrührende Scrupel machen/ jedoch aber/
da er einigen Zweiffel bey sich befände/ oder
des Lehrers Meinung nicht recht gefasset hät-
te/ ihn alsobald/ ehe der Mißverstand und
Zweiffel einwurtzelt/ denselben entdecken und
zu rathe ziehen.

30. Aus dem was wir bißhero angeführet/
werden verhoffentlich folgende kurtze Anmer-
ckungen erhellen/ und keines ferneren Be-
weises vonnöthen haben. (1.) Dieses ist
keine Gelahrheit zu nennen/ die weder in
dem menschlichen Leben einigen Nutzen
schaffet/ noch zur Seeligkeit anführet.

39. (2.) Viel Sprachen wissen/ ist der ge-
ringste Theil der Gelahrheit.

40. (3.) Zur Gelahrheit braucht man
keines absonderlichen Beruffs.

41. (4.) Weibes-Personen sind der Ge-
lahrheit so wohl fähig/ als Manns-Per-
sonen.

42. (5.) Viel wissen macht nicht eben ei-
nen gelehrten Mann.

43. (6.) Der ist nicht gelehrt/ der es in
der That nicht erweisen kan.

(44.)
F 4

Gelahrheit insgemein.
ſeyn/ ſich nicht ohnnoͤthige und aus Mißtrau-
en herruͤhrende Scrupel machen/ jedoch aber/
da er einigen Zweiffel bey ſich befaͤnde/ oder
des Lehrers Meinung nicht recht gefaſſet haͤt-
te/ ihn alſobald/ ehe der Mißverſtand und
Zweiffel einwurtzelt/ denſelben entdecken und
zu rathe ziehen.

30. Aus dem was wir bißhero angefuͤhret/
werden verhoffentlich folgende kurtze Anmer-
ckungen erhellen/ und keines ferneren Be-
weiſes vonnoͤthen haben. (1.) Dieſes iſt
keine Gelahrheit zu nennen/ die weder in
dem menſchlichen Leben einigen Nutzen
ſchaffet/ noch zur Seeligkeit anfuͤhret.

39. (2.) Viel Sprachen wiſſen/ iſt der ge-
ringſte Theil der Gelahrheit.

40. (3.) Zur Gelahrheit braucht man
keines abſonderlichen Beruffs.

41. (4.) Weibes-Perſonen ſind der Ge-
lahrheit ſo wohl faͤhig/ als Manns-Per-
ſonen.

42. (5.) Viel wiſſen macht nicht eben ei-
nen gelehrten Mann.

43. (6.) Der iſt nicht gelehrt/ der es in
der That nicht erweiſen kan.

(44.)
F 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0105" n="87"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Gelahrheit insgemein.</hi></fw><lb/>
&#x017F;eyn/ &#x017F;ich nicht ohnno&#x0364;thige und aus Mißtrau-<lb/>
en herru&#x0364;hrende <hi rendition="#aq">Scrupel</hi> machen/ jedoch aber/<lb/>
da er einigen Zweiffel bey &#x017F;ich befa&#x0364;nde/ oder<lb/>
des Lehrers Meinung nicht recht gefa&#x017F;&#x017F;et ha&#x0364;t-<lb/>
te/ ihn al&#x017F;obald/ ehe der Mißver&#x017F;tand und<lb/>
Zweiffel einwurtzelt/ den&#x017F;elben entdecken und<lb/>
zu rathe ziehen.</p><lb/>
        <p>30. Aus dem was wir bißhero angefu&#x0364;hret/<lb/>
werden verhoffentlich folgende kurtze Anmer-<lb/>
ckungen erhellen/ und keines ferneren Be-<lb/>
wei&#x017F;es vonno&#x0364;then haben. (1.) Die&#x017F;es i&#x017F;t<lb/>
keine Gelahrheit zu nennen/ die weder in<lb/>
dem men&#x017F;chlichen Leben einigen Nutzen<lb/>
&#x017F;chaffet/ noch zur Seeligkeit anfu&#x0364;hret.</p><lb/>
        <p>39. (2.) Viel Sprachen wi&#x017F;&#x017F;en/ i&#x017F;t der ge-<lb/>
ring&#x017F;te Theil der Gelahrheit.</p><lb/>
        <p>40. (3.) Zur Gelahrheit braucht man<lb/>
keines ab&#x017F;onderlichen Beruffs.</p><lb/>
        <p>41. (4.) Weibes-Per&#x017F;onen &#x017F;ind der Ge-<lb/>
lahrheit &#x017F;o wohl fa&#x0364;hig/ als Manns-Per-<lb/>
&#x017F;onen.</p><lb/>
        <p>42. (5.) Viel wi&#x017F;&#x017F;en macht nicht eben ei-<lb/>
nen gelehrten Mann.</p><lb/>
        <p>43. (6.) Der i&#x017F;t nicht gelehrt/ der es in<lb/>
der That nicht erwei&#x017F;en kan.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">F 4</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">(44.)</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[87/0105] Gelahrheit insgemein. ſeyn/ ſich nicht ohnnoͤthige und aus Mißtrau- en herruͤhrende Scrupel machen/ jedoch aber/ da er einigen Zweiffel bey ſich befaͤnde/ oder des Lehrers Meinung nicht recht gefaſſet haͤt- te/ ihn alſobald/ ehe der Mißverſtand und Zweiffel einwurtzelt/ denſelben entdecken und zu rathe ziehen. 30. Aus dem was wir bißhero angefuͤhret/ werden verhoffentlich folgende kurtze Anmer- ckungen erhellen/ und keines ferneren Be- weiſes vonnoͤthen haben. (1.) Dieſes iſt keine Gelahrheit zu nennen/ die weder in dem menſchlichen Leben einigen Nutzen ſchaffet/ noch zur Seeligkeit anfuͤhret. 39. (2.) Viel Sprachen wiſſen/ iſt der ge- ringſte Theil der Gelahrheit. 40. (3.) Zur Gelahrheit braucht man keines abſonderlichen Beruffs. 41. (4.) Weibes-Perſonen ſind der Ge- lahrheit ſo wohl faͤhig/ als Manns-Per- ſonen. 42. (5.) Viel wiſſen macht nicht eben ei- nen gelehrten Mann. 43. (6.) Der iſt nicht gelehrt/ der es in der That nicht erweiſen kan. (44.) F 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/105
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/105>, abgerufen am 20.04.2024.