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Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.

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Menschl. Vern. und deren Wirck.
man es ihm würcklich für die Sinne leget/ daß
er es begreiffen kan.

92. Eine subtile Erkäntnüß ist/ die ich ei-
nem andern nicht so deutlich beybringen kan.

93. Also ist zwischen der klaren und hand-
greifflichen/ ingleichen zwischen der dunckeln
und subtilen Erkäntnüß wol kein grösserer Un-
terscheid/ als daß die Begreiffungen der Dinge
in Ansehen unserer selbst klar und dunckel/ aber
in Ansehen anderer handgreifflich und subtil ge-
nennet werden/ wiewol in denen gemeinen
Redens-Arten diese beyden Benennungen offt
miteinander vermischt werden.

94. Eine confuse und distincte Erkänt-
nüß aber wird entweder von einem Dinge/ oder
von vielen gesagt.

95. Von einem Dinge ist diejenige Er-
käntnüß confus, wenn ich das gantze über-
haupt begreiffe/ und die ander ist distinct, wenn
ich die Theile des gantzen betrachte. Und je
mehr ich die Theile eines Dinges von einander
unterscheide/ je distincter ist meine Erkänt-
nüß.

96. Wenn ich aber unterschiedene Dinge
miteinander vermische/ so heisst dieser concept
auch confus. Je genauer ich aber dieselben

von-
H 4

Menſchl. Vern. und deren Wirck.
man es ihm wuͤrcklich fuͤr die Sinne leget/ daß
er es begreiffen kan.

92. Eine ſubtile Erkaͤntnuͤß iſt/ die ich ei-
nem andern nicht ſo deutlich beybringen kan.

93. Alſo iſt zwiſchen der klaren und hand-
greifflichen/ ingleichen zwiſchen der dunckeln
und ſubtilen Erkaͤntnuͤß wol kein groͤſſerer Un-
terſcheid/ als daß die Begreiffungen der Dinge
in Anſehen unſerer ſelbſt klar und dunckel/ aber
in Anſehen anderer handgreifflich und ſubtil ge-
nennet werden/ wiewol in denen gemeinen
Redens-Arten dieſe beyden Benennungen offt
miteinander vermiſcht werden.

94. Eine confuſe und diſtincte Erkaͤnt-
nuͤß aber wird entweder von einem Dinge/ oder
von vielen geſagt.

95. Von einem Dinge iſt diejenige Er-
kaͤntnuͤß confus, wenn ich das gantze uͤber-
haupt begreiffe/ und die ander iſt diſtinct, wenn
ich die Theile des gantzen betrachte. Und je
mehr ich die Theile eines Dinges von einander
unterſcheide/ je diſtincter iſt meine Erkaͤnt-
nuͤß.

96. Wenn ich aber unterſchiedene Dinge
miteinander vermiſche/ ſo heiſſt dieſer concept
auch confus. Je genauer ich aber dieſelben

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[119/0137] Menſchl. Vern. und deren Wirck. man es ihm wuͤrcklich fuͤr die Sinne leget/ daß er es begreiffen kan. 92. Eine ſubtile Erkaͤntnuͤß iſt/ die ich ei- nem andern nicht ſo deutlich beybringen kan. 93. Alſo iſt zwiſchen der klaren und hand- greifflichen/ ingleichen zwiſchen der dunckeln und ſubtilen Erkaͤntnuͤß wol kein groͤſſerer Un- terſcheid/ als daß die Begreiffungen der Dinge in Anſehen unſerer ſelbſt klar und dunckel/ aber in Anſehen anderer handgreifflich und ſubtil ge- nennet werden/ wiewol in denen gemeinen Redens-Arten dieſe beyden Benennungen offt miteinander vermiſcht werden. 94. Eine confuſe und diſtincte Erkaͤnt- nuͤß aber wird entweder von einem Dinge/ oder von vielen geſagt. 95. Von einem Dinge iſt diejenige Er- kaͤntnuͤß confus, wenn ich das gantze uͤber- haupt begreiffe/ und die ander iſt diſtinct, wenn ich die Theile des gantzen betrachte. Und je mehr ich die Theile eines Dinges von einander unterſcheide/ je diſtincter iſt meine Erkaͤnt- nuͤß. 96. Wenn ich aber unterſchiedene Dinge miteinander vermiſche/ ſo heiſſt dieſer concept auch confus. Je genauer ich aber dieſelben von- H 4

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/137>, abgerufen am 24.04.2024.