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Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.

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Das 9. Hauptstück
an sich selbst wahr oder falsch ist/ n. 22. 23. oder keines
von beyden n. 24. aber es ist doch ein natürlich Ding/
n. 25. Das übernatürliche und natürliche Unerkandte
ist zwischen dem Wahren und Falschen n. 26. aber je-
nes in puncto und unbeweglich n. 27. Dieses in lati-
tudine
und beweglich n. 28. nehmlich entweder war-
scheinlich oder unwarscheinlich n. 29.

1.

WJr haben bißher zum öfftern unerkan-
ter
oder unbekante Dinge erwehnet/
auch dieselben allbereit oben in 5. Capitel n.
38. seq.
überhaupt beschrieben und gezeiget/
aber es ist nun Zeit/ daß wir dieselben etwas
genauer betrachten.

2. Das unerkante wird auff zweyerley
Art genennet/ entweder in ansehen der ge-
sambten
Menschlichen Vernunfft/ oder in
Betrachtung etlicher Menschen.

3. Jn der ersten Bedeutung begreifft es
solche Dinge/ die alle vernünfftige Menschen/
so ferne ihr Verstand als ein natürlich Liecht
betrachtet wird/ nicht wissen/ noch wissen kön-
nen/ ob sie wahr oder falsch seyn.

4. Jch sage es wären Dinge/ und also sind
sie etwas. Denn wenn sie gar nichts wären/
so wüste der Mensch gewiß/ daß sie hauptsäch-

lich

Das 9. Hauptſtuͤck
an ſich ſelbſt wahr oder falſch iſt/ n. 22. 23. oder keines
von beyden n. 24. aber es iſt doch ein natuͤrlich Ding/
n. 25. Das uͤbernatuͤrliche und natuͤrliche Unerkandte
iſt zwiſchen dem Wahren und Falſchen n. 26. aber je-
nes in puncto und unbeweglich n. 27. Dieſes in lati-
tudine
und beweglich n. 28. nehmlich entweder war-
ſcheinlich oder unwarſcheinlich n. 29.

1.

WJr haben bißher zum oͤfftern unerkan-
ter
oder unbekante Dinge erwehnet/
auch dieſelben allbereit oben in 5. Capitel n.
38. ſeq.
uͤberhaupt beſchrieben und gezeiget/
aber es iſt nun Zeit/ daß wir dieſelben etwas
genauer betrachten.

2. Das unerkante wird auff zweyerley
Art genennet/ entweder in anſehen der ge-
ſambten
Menſchlichen Vernunfft/ oder in
Betrachtung etlicher Menſchen.

3. Jn der erſten Bedeutung begreifft es
ſolche Dinge/ die alle vernuͤnfftige Menſchen/
ſo ferne ihr Verſtand als ein natuͤrlich Liecht
betrachtet wird/ nicht wiſſen/ noch wiſſen koͤn-
nen/ ob ſie wahr oder falſch ſeyn.

4. Jch ſage es waͤren Dinge/ und alſo ſind
ſie etwas. Denn wenn ſie gar nichts waͤren/
ſo wuͤſte der Menſch gewiß/ daß ſie hauptſaͤch-

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[212/0230] Das 9. Hauptſtuͤck an ſich ſelbſt wahr oder falſch iſt/ n. 22. 23. oder keines von beyden n. 24. aber es iſt doch ein natuͤrlich Ding/ n. 25. Das uͤbernatuͤrliche und natuͤrliche Unerkandte iſt zwiſchen dem Wahren und Falſchen n. 26. aber je- nes in puncto und unbeweglich n. 27. Dieſes in lati- tudine und beweglich n. 28. nehmlich entweder war- ſcheinlich oder unwarſcheinlich n. 29. 1. WJr haben bißher zum oͤfftern unerkan- ter oder unbekante Dinge erwehnet/ auch dieſelben allbereit oben in 5. Capitel n. 38. ſeq. uͤberhaupt beſchrieben und gezeiget/ aber es iſt nun Zeit/ daß wir dieſelben etwas genauer betrachten. 2. Das unerkante wird auff zweyerley Art genennet/ entweder in anſehen der ge- ſambten Menſchlichen Vernunfft/ oder in Betrachtung etlicher Menſchen. 3. Jn der erſten Bedeutung begreifft es ſolche Dinge/ die alle vernuͤnfftige Menſchen/ ſo ferne ihr Verſtand als ein natuͤrlich Liecht betrachtet wird/ nicht wiſſen/ noch wiſſen koͤn- nen/ ob ſie wahr oder falſch ſeyn. 4. Jch ſage es waͤren Dinge/ und alſo ſind ſie etwas. Denn wenn ſie gar nichts waͤren/ ſo wuͤſte der Menſch gewiß/ daß ſie hauptſaͤch- lich

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/230>, abgerufen am 19.04.2024.