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Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.

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Das 13. Hauptstück von denen
blick in die Ohren ruffen/ daß wir uns von der
Meinung des Ehrwürdigen Alterthumbs
nicht solten lassen abwendig machen/ daß wir
alle Neuerungen ärger als dir Pest meiden sol-
ten; oder die diejenigen/ die entweder die praeju-
dicia
selbst ablegen/ oder andere solches zu thun
erinnern woilen/ theils mit guten Worten und
Geschencken/ theils mit harten Bedrohungen und
Verfolgungen davon abwendig zu machen/ sich
eusserst lassen angelegen seyn.

58. Gleichwie wir nun bißhero die allen Menschen ge-
meine praejudicia gründlich untersucht haben/ und aber am
Tage ist/ daß biejenigen so sich Gelehrte nennen/ vielmehr
Thorhelten und Jrrthümern unterworffen sind/ als die
Menschen/ die in andern Ständen leben; als solten wir
hillich auch etwas besehen/ was denn der Ursprung
dieses Ubels sey.
Jedoch weil dieses ohne die Historiam
Philosophicam
nicht wohl geschehen kan/ und wir von der-
selben ancerswo ausführlicher zu reden uns fürgenommen
haben; als wollen wir auch diese Betrachtung biß dahin
verschleben.

59. Jndessen kanstu dieses wenige dir nur zu einen kleinen
Vorschmack dienen lassen/ daß der Ursprung dieses Ubels
der Ehrgeitz und die Herrschsucht sey/ aus welchen
der Haupt Jrrthum hergeflossen/ daß die Weisen und Ge-
lebrten von andern Menschen gantz unterschieden wären/ und
also auch gantz andere Grund-Regeln zu raisoniren/ als an-
dere gemeine Leute haben müsten.

60. Zum wenigsten kanstu aus diesem kurtzer Satz gar
leicht abnehmen/ daß hier durch das praejudicium autoritatis
gleichsam sein Leben erhalten/ und ohne Austilguugdieses
Haupt Jrrhumbs auch das praejudicium autoritatis
unter denen Menschen nicht ausgerottet
werden könne.

ENDE.

Das 13. Hauptſtuͤck von denen
blick in die Ohren ruffen/ daß wir uns von der
Meinung des Ehrwuͤrdigen Alterthumbs
nicht ſolten laſſen abwendig machen/ daß wir
alle Neuerungen aͤrger als dir Peſt meiden ſol-
ten; oder die diejenigen/ die entweder die præju-
dicia
ſelbſt ablegen/ oder andere ſolches zu thun
erinnern woilen/ theils mit guten Worten und
Geſchencken/ theils mit harten Bedrohungen und
Verfolgungen davon abwendig zu machen/ ſich
euſſerſt laſſen angelegen ſeyn.

58. Gleichwie wir nun bißhero die allen Menſchen ge-
meine præjudicia gruͤndlich unterſucht haben/ und aber am
Tage iſt/ daß biejenigen ſo ſich Gelehrte nennen/ vielmehr
Thorhelten und Jrrthuͤmern unterworffen ſind/ als die
Menſchen/ die in andern Staͤnden leben; als ſolten wir
hillich auch etwas beſehen/ was denn der Urſprung
dieſes Ubels ſey.
Jedoch weil dieſes ohne die Hiſtoriam
Philoſophicam
nicht wohl geſchehen kan/ und wir von der-
ſelben ancerswo ausfuͤhrlicher zu reden uns fuͤrgenommen
haben; als wollen wir auch dieſe Betrachtung biß dahin
verſchleben.

59. Jndeſſen kanſtu dieſes wenige dir nur zu einen kleinen
Vorſchmack dienen laſſen/ daß der Urſprung dieſes Ubels
der Ehrgeitz und die Herrſchſucht ſey/ aus welchen
der Haupt Jrrthum hergefloſſen/ daß die Weiſen und Ge-
lebrten von andern Menſchen gantz unterſchieden waͤren/ uñ
alſo auch gantz andere Grund-Regeln zu raiſoniren/ als an-
dere gemeine Leute haben muͤſten.

60. Zum wenigſten kanſtu aus dieſem kurtzer Satz gar
leicht abnehmen/ daß hier durch das præjudicium autoritatis
gleichſam ſein Leben erhalten/ und ohne Austilguugdieſes
Haupt Jrrhumbs auch das præjudicium autoritatis
unter denen Menſchen nicht ausgerottet
werden koͤnne.

ENDE.

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[310/0328] Das 13. Hauptſtuͤck von denen blick in die Ohren ruffen/ daß wir uns von der Meinung des Ehrwuͤrdigen Alterthumbs nicht ſolten laſſen abwendig machen/ daß wir alle Neuerungen aͤrger als dir Peſt meiden ſol- ten; oder die diejenigen/ die entweder die præju- dicia ſelbſt ablegen/ oder andere ſolches zu thun erinnern woilen/ theils mit guten Worten und Geſchencken/ theils mit harten Bedrohungen und Verfolgungen davon abwendig zu machen/ ſich euſſerſt laſſen angelegen ſeyn. 58. Gleichwie wir nun bißhero die allen Menſchen ge- meine præjudicia gruͤndlich unterſucht haben/ und aber am Tage iſt/ daß biejenigen ſo ſich Gelehrte nennen/ vielmehr Thorhelten und Jrrthuͤmern unterworffen ſind/ als die Menſchen/ die in andern Staͤnden leben; als ſolten wir hillich auch etwas beſehen/ was denn der Urſprung dieſes Ubels ſey. Jedoch weil dieſes ohne die Hiſtoriam Philoſophicam nicht wohl geſchehen kan/ und wir von der- ſelben ancerswo ausfuͤhrlicher zu reden uns fuͤrgenommen haben; als wollen wir auch dieſe Betrachtung biß dahin verſchleben. 59. Jndeſſen kanſtu dieſes wenige dir nur zu einen kleinen Vorſchmack dienen laſſen/ daß der Urſprung dieſes Ubels der Ehrgeitz und die Herrſchſucht ſey/ aus welchen der Haupt Jrrthum hergefloſſen/ daß die Weiſen und Ge- lebrten von andern Menſchen gantz unterſchieden waͤren/ uñ alſo auch gantz andere Grund-Regeln zu raiſoniren/ als an- dere gemeine Leute haben muͤſten. 60. Zum wenigſten kanſtu aus dieſem kurtzer Satz gar leicht abnehmen/ daß hier durch das præjudicium autoritatis gleichſam ſein Leben erhalten/ und ohne Austilguugdieſes Haupt Jrrhumbs auch das præjudicium autoritatis unter denen Menſchen nicht ausgerottet werden koͤnne. ENDE.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/328>, abgerufen am 28.03.2024.