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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

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gen pfleget, es sey kein Aemtgen so klein, es sey hengens werth, also auchMißbrauch. kein Zünffte-Zwang in Ansehung der wahrhafftigen Gerichtsbarkeit so geringe sey, dessen sich nicht die Handwercker zum öfftern gar sehr und zwar mit Nachdruck dergestalt zu mißbrauchen wissen, daß auch mächtige Chur- und Fürsten des Reichs nicht allemahl capable sind, die von denen Innungen und Handwercken dadurch beleidigte, wenn Sie gleich gerne wolten, mit gleichen Nachdruck zu schützen, und weisen es die Acta Comitiorum, daß man an corrigirung dieses Ubels eine gute Zeit hero vergebens gearbeitet. Nun darff man sich eben darüber so sehr nicht verwundern, indem denenjenigen, denen die stetswährenden geheimen factiones und jaulousien so unterschiedener Classen von Reichs-Ständen unter und wieder einander nur ein wenig bekant sind, die Sache gantz nicht wunderlich vorkömt, aber nicht dieses Orts ist, davon viel zumelden. Doch siehet man auch, daß die Räthe in Städten denen Innungen und Handwercken fast schärfer auf dem Dache sind als andre Obrigkeiten, da es dann nicht fehlen kan, daß nicht zuweilen auff beyden Theilen unterschiedene manchmahl kleine, manchmahl grosse sottisen solten vorkommen.

§. II. Der Leser kan bey Lesung des gegenwärtigen responsi, zu demResponsum für die Innungen. uns ein gewisser Cramer-Meister zu N. durch seine in April. 1694. an uns gethane Frage Gelegenheit gab, selbst untersuchen, welche unter beyden darinnen benannten Partheyen eine Thorheit, oder welche davon die gröste begangen habe.

Seyd Ihr bey der Cramer-Innung zu N. Cramer-Meister, auch von der Innung nebst andern zum Syndico zu Abthuung der Processe und Einrichtung anderer der Innung zum besten zu reichenden Dinge bestätiget worden, und habt durch den Cramer-Bothen an etliche Innungs-Verwandte, die in denen praestandis, so sie der Innung schuldig, säumig gewesen, etliche mit den Kramer-Innungs-Siegel versiegelte Erinnerungen zugeschicket, worinnen ihr Sie in Nahmen der sämtlichen Kramermeister und Innung ihrer Schuldigkeit erinnert, und Ihnen praestanda zu praestiren auferleget, auch darbey gewisse Warnungs-Clausulen angehenget, daß wiedrigen Falls Sie gewärtig seyn solten, daß man Sie judicialiter belangen würde, oder daß nach den Innungs-articuln und privilegiis ergehen solle, was Recht ist, darbey auch bey etlichen diese Worte zu befinden: Wornach Er sich zu achten, und vor Schaden zu hüten. Haben etliche von denen, an welche diese Verordnungen ergangen, nicht nur selbige verachtet, sondern seynd auch dieserwegen für den Rath zu N. klagbahr worden, und ist vor gedachten Rath jüngsthin in dieser Sache ein Abschied ergangen, daß die Kramer-Innung der sich gebrauchten ungebührlichen Auflagen halber mit 25. Thlr. billig zu bestraffen, und Ihr dergleichen ferneres Unternehmen nachdrücklichen zu un-

gen pfleget, es sey kein Aemtgen so klein, es sey hengens werth, also auchMißbrauch. kein Zünffte-Zwang in Ansehung der wahrhafftigen Gerichtsbarkeit so geringe sey, dessen sich nicht die Handwercker zum öfftern gar sehr und zwar mit Nachdruck dergestalt zu mißbrauchen wissen, daß auch mächtige Chur- und Fürsten des Reichs nicht allemahl capable sind, die von denen Innungen und Handwercken dadurch beleidigte, wenn Sie gleich gerne wolten, mit gleichen Nachdruck zu schützen, und weisen es die Acta Comitiorum, daß man an corrigirung dieses Ubels eine gute Zeit hero vergebens gearbeitet. Nun darff man sich eben darüber so sehr nicht verwundern, indem denenjenigen, denen die stetswährenden geheimen factiones und jaulousien so unterschiedener Classen von Reichs-Ständen unter und wieder einander nur ein wenig bekant sind, die Sache gantz nicht wunderlich vorkömt, aber nicht dieses Orts ist, davon viel zumelden. Doch siehet man auch, daß die Räthe in Städten denen Innungen und Handwercken fast schärfer auf dem Dache sind als andre Obrigkeiten, da es dann nicht fehlen kan, daß nicht zuweilen auff beyden Theilen unterschiedene manchmahl kleine, manchmahl grosse sottisen solten vorkommen.

§. II. Der Leser kan bey Lesung des gegenwärtigen responsi, zu demResponsum für die Innungen. uns ein gewisser Cramer-Meister zu N. durch seine in April. 1694. an uns gethane Frage Gelegenheit gab, selbst untersuchen, welche unter beyden darinnen benannten Partheyen eine Thorheit, oder welche davon die gröste begangen habe.

Seyd Ihr bey der Cramer-Innung zu N. Cramer-Meister, auch von der Innung nebst andern zum Syndico zu Abthuung der Processe und Einrichtung anderer der Innung zum besten zu reichenden Dinge bestätiget worden, und habt durch den Cramer-Bothen an etliche Innungs-Verwandte, die in denen praestandis, so sie der Innung schuldig, säumig gewesen, etliche mit den Kramer-Innungs-Siegel versiegelte Erinnerungen zugeschicket, worinnen ihr Sie in Nahmen der sämtlichen Kramermeister und Innung ihrer Schuldigkeit erinnert, und Ihnen praestanda zu praestiren auferleget, auch darbey gewisse Warnungs-Clausulen angehenget, daß wiedrigen Falls Sie gewärtig seyn solten, daß man Sie judicialiter belangen würde, oder daß nach den Innungs-articuln und privilegiis ergehen solle, was Recht ist, darbey auch bey etlichen diese Worte zu befinden: Wornach Er sich zu achten, und vor Schaden zu hüten. Haben etliche von denen, an welche diese Verordnungen ergangen, nicht nur selbige verachtet, sondern seynd auch dieserwegen für den Rath zu N. klagbahr worden, und ist vor gedachten Rath jüngsthin in dieser Sache ein Abschied ergangen, daß die Kramer-Innung der sich gebrauchten ungebührlichen Auflagen halber mit 25. Thlr. billig zu bestraffen, und Ihr dergleichen ferneres Unternehmen nachdrücklichen zu un-

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[183/0199] gen pfleget, es sey kein Aemtgen so klein, es sey hengens werth, also auch kein Zünffte-Zwang in Ansehung der wahrhafftigen Gerichtsbarkeit so geringe sey, dessen sich nicht die Handwercker zum öfftern gar sehr und zwar mit Nachdruck dergestalt zu mißbrauchen wissen, daß auch mächtige Chur- und Fürsten des Reichs nicht allemahl capable sind, die von denen Innungen und Handwercken dadurch beleidigte, wenn Sie gleich gerne wolten, mit gleichen Nachdruck zu schützen, und weisen es die Acta Comitiorum, daß man an corrigirung dieses Ubels eine gute Zeit hero vergebens gearbeitet. Nun darff man sich eben darüber so sehr nicht verwundern, indem denenjenigen, denen die stetswährenden geheimen factiones und jaulousien so unterschiedener Classen von Reichs-Ständen unter und wieder einander nur ein wenig bekant sind, die Sache gantz nicht wunderlich vorkömt, aber nicht dieses Orts ist, davon viel zumelden. Doch siehet man auch, daß die Räthe in Städten denen Innungen und Handwercken fast schärfer auf dem Dache sind als andre Obrigkeiten, da es dann nicht fehlen kan, daß nicht zuweilen auff beyden Theilen unterschiedene manchmahl kleine, manchmahl grosse sottisen solten vorkommen. Mißbrauch. §. II. Der Leser kan bey Lesung des gegenwärtigen responsi, zu dem uns ein gewisser Cramer-Meister zu N. durch seine in April. 1694. an uns gethane Frage Gelegenheit gab, selbst untersuchen, welche unter beyden darinnen benannten Partheyen eine Thorheit, oder welche davon die gröste begangen habe. Responsum für die Innungen. Seyd Ihr bey der Cramer-Innung zu N. Cramer-Meister, auch von der Innung nebst andern zum Syndico zu Abthuung der Processe und Einrichtung anderer der Innung zum besten zu reichenden Dinge bestätiget worden, und habt durch den Cramer-Bothen an etliche Innungs-Verwandte, die in denen praestandis, so sie der Innung schuldig, säumig gewesen, etliche mit den Kramer-Innungs-Siegel versiegelte Erinnerungen zugeschicket, worinnen ihr Sie in Nahmen der sämtlichen Kramermeister und Innung ihrer Schuldigkeit erinnert, und Ihnen praestanda zu praestiren auferleget, auch darbey gewisse Warnungs-Clausulen angehenget, daß wiedrigen Falls Sie gewärtig seyn solten, daß man Sie judicialiter belangen würde, oder daß nach den Innungs-articuln und privilegiis ergehen solle, was Recht ist, darbey auch bey etlichen diese Worte zu befinden: Wornach Er sich zu achten, und vor Schaden zu hüten. Haben etliche von denen, an welche diese Verordnungen ergangen, nicht nur selbige verachtet, sondern seynd auch dieserwegen für den Rath zu N. klagbahr worden, und ist vor gedachten Rath jüngsthin in dieser Sache ein Abschied ergangen, daß die Kramer-Innung der sich gebrauchten ungebührlichen Auflagen halber mit 25. Thlr. billig zu bestraffen, und Ihr dergleichen ferneres Unternehmen nachdrücklichen zu un-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/199>, abgerufen am 23.04.2024.