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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

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Neun induia wieder die Inquisitin, die doch alles verneinet.

§. II. Barbara Labarenzin, Martin Peroltzens Eheweib zu Cößlin war wegen Hexerey in die inquisition gezogen worden, und waren in Actis folgende hauptsächliche indicia wieder Sie befindlich. (1.) Daß Anno 1690. Ihr Mann Klage wieder einen Knecht, der Ihr Hexerey schuld gegeben, geklagt, die Sache aber liegen lassen; (2.) Daß eine Hexe, Tobias Beckers Wittbe Inquisitae bey der Confrontation unter die Augen gesagt, daß Sie von ihr der Inquisitin vor 15. Jahren Zaubern gelernet, auff einen Teuffel, Nahmens Hanß, umgetaufft, und Maria genennet worden, auch mit Ihr öffters auf dem Blocks-Berge gewesen sey, wie nicht weniger zu zweyen mahlen andern Leuten das Bier-Brauen verderbet habe. (3.) Soll Sie besage testis 1. & 7. summarischer Aussage Hanß Köpens eines Hüters Frau voll Läuse gemacht haben, als Ihr diese wegen eines Zancks, der unter Ihren Kindern vorgangen, etwas vorgehalten gehabt. (4.) Soll Sie nach summarischer Aussage testis 4. Christian Mendens Kinde rechten Arm und Hand lahm gemacht haben, weil dieser mit Ihrem Mann Streit gehabt. (5.) Soll Sie, wie Testis 5. summarisch deponirt, David Drosen und seiner Frauen Geschwüre angehext haben, weil diese letzte Anlaß gegeben haben soll, daß Inquisitae Eydam mit in Krieg genommen worden. (6.) Soll sie besage summariae depositionis testis 7. Hanß Köpen die rechte Hand im Gelencke entzwey gehext haben, weil er Ihres Bruders Frauen, die in einem bösen Geschrey gewesen, sich nicht habe annehmen wollen. (7.) Soll Sie Marien Hildebrands Tochter taub und stumm gehext haben, wie aus der Registratur von 27. Julii 1694. so immediate nach denen articulis inquisitionalibus folget, zu sehen. (8.) Soll Sie Caspar Weißkamms Tochter, besage der drauff folgenden Registratur von 25. Julii behext haben. (9.) Soll Ihr der Inquisitin besage articuli inquisitionalis 120. seq. sehr bange gewesen seyn, als Peter Scharrings Wittib gleichfalls als eine Hexe justificirt und zum Thore ausgeführet worden. Ob nun wohl diese indicia gar leicht und legaliter in etliche 20. oder 30. inquisitional-Artickel gebracht werden können, so hatte doch der judex more per inquisitores magnae pravitatis introducto über 150. Artickel befragt, und das Weib ware doch so hartnäckigt gewesen, und hatte alles beständig geleugnet.

Beweiß der Indicien durch Zeugen.

§. III. Nun wäre diese Hartnäckigkeit zwar secundum naturam singularem & privilegiatam processus magici hactenus recepti alleine genung gewesen, diese Inquisitin vom Morgen biß auff den Abend durch die schärffste tortur zur Geständniß der beschuldigten Hexerey zu bringen. Alleine der Richter hatte ex superfluo, und der inquisitin das

Neun induia wieder die Inquisitin, die doch alles verneinet.

§. II. Barbara Labarenzin, Martin Peroltzens Eheweib zu Cößlin war wegen Hexerey in die inquisition gezogen worden, und waren in Actis folgende hauptsächliche indicia wieder Sie befindlich. (1.) Daß Anno 1690. Ihr Mann Klage wieder einen Knecht, der Ihr Hexerey schuld gegeben, geklagt, die Sache aber liegen lassen; (2.) Daß eine Hexe, Tobias Beckers Wittbe Inquisitae bey der Confrontation unter die Augen gesagt, daß Sie von ihr der Inquisitin vor 15. Jahren Zaubern gelernet, auff einen Teuffel, Nahmens Hanß, umgetaufft, und Maria genennet worden, auch mit Ihr öffters auf dem Blocks-Berge gewesen sey, wie nicht weniger zu zweyen mahlen andern Leuten das Bier-Brauen verderbet habe. (3.) Soll Sie besage testis 1. & 7. summarischer Aussage Hanß Köpens eines Hüters Frau voll Läuse gemacht haben, als Ihr diese wegen eines Zancks, der unter Ihren Kindern vorgangen, etwas vorgehalten gehabt. (4.) Soll Sie nach summarischer Aussage testis 4. Christian Mendens Kinde rechten Arm und Hand lahm gemacht haben, weil dieser mit Ihrem Mann Streit gehabt. (5.) Soll Sie, wie Testis 5. summarisch deponirt, David Drosen und seiner Frauen Geschwüre angehext haben, weil diese letzte Anlaß gegeben haben soll, daß Inquisitae Eydam mit in Krieg genommen worden. (6.) Soll sie besage summariae depositionis testis 7. Hanß Köpen die rechte Hand im Gelencke entzwey gehext haben, weil er Ihres Bruders Frauen, die in einem bösen Geschrey gewesen, sich nicht habe annehmen wollen. (7.) Soll Sie Marien Hildebrands Tochter taub und stumm gehext haben, wie aus der Registratur von 27. Julii 1694. so immediate nach denen articulis inquisitionalibus folget, zu sehen. (8.) Soll Sie Caspar Weißkamms Tochter, besage der drauff folgenden Registratur von 25. Julii behext haben. (9.) Soll Ihr der Inquisitin besage articuli inquisitionalis 120. seq. sehr bange gewesen seyn, als Peter Scharrings Wittib gleichfalls als eine Hexe justificirt und zum Thore ausgeführet worden. Ob nun wohl diese indicia gar leicht und legaliter in etliche 20. oder 30. inquisitional-Artickel gebracht werden können, so hatte doch der judex more per inquisitores magnae pravitatis introducto über 150. Artickel befragt, und das Weib ware doch so hartnäckigt gewesen, und hatte alles beständig geleugnet.

Beweiß der Indicien durch Zeugen.

§. III. Nun wäre diese Hartnäckigkeit zwar secundum naturam singularem & privilegiatam processus magici hactenus recepti alleine genung gewesen, diese Inquisitin vom Morgen biß auff den Abend durch die schärffste tortur zur Geständniß der beschuldigten Hexerey zu bringen. Alleine der Richter hatte ex superfluo, und der inquisitin das

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[198/0214] §. II. Barbara Labarenzin, Martin Peroltzens Eheweib zu Cößlin war wegen Hexerey in die inquisition gezogen worden, und waren in Actis folgende hauptsächliche indicia wieder Sie befindlich. (1.) Daß Anno 1690. Ihr Mann Klage wieder einen Knecht, der Ihr Hexerey schuld gegeben, geklagt, die Sache aber liegen lassen; (2.) Daß eine Hexe, Tobias Beckers Wittbe Inquisitae bey der Confrontation unter die Augen gesagt, daß Sie von ihr der Inquisitin vor 15. Jahren Zaubern gelernet, auff einen Teuffel, Nahmens Hanß, umgetaufft, und Maria genennet worden, auch mit Ihr öffters auf dem Blocks-Berge gewesen sey, wie nicht weniger zu zweyen mahlen andern Leuten das Bier-Brauen verderbet habe. (3.) Soll Sie besage testis 1. & 7. summarischer Aussage Hanß Köpens eines Hüters Frau voll Läuse gemacht haben, als Ihr diese wegen eines Zancks, der unter Ihren Kindern vorgangen, etwas vorgehalten gehabt. (4.) Soll Sie nach summarischer Aussage testis 4. Christian Mendens Kinde rechten Arm und Hand lahm gemacht haben, weil dieser mit Ihrem Mann Streit gehabt. (5.) Soll Sie, wie Testis 5. summarisch deponirt, David Drosen und seiner Frauen Geschwüre angehext haben, weil diese letzte Anlaß gegeben haben soll, daß Inquisitae Eydam mit in Krieg genommen worden. (6.) Soll sie besage summariae depositionis testis 7. Hanß Köpen die rechte Hand im Gelencke entzwey gehext haben, weil er Ihres Bruders Frauen, die in einem bösen Geschrey gewesen, sich nicht habe annehmen wollen. (7.) Soll Sie Marien Hildebrands Tochter taub und stumm gehext haben, wie aus der Registratur von 27. Julii 1694. so immediate nach denen articulis inquisitionalibus folget, zu sehen. (8.) Soll Sie Caspar Weißkamms Tochter, besage der drauff folgenden Registratur von 25. Julii behext haben. (9.) Soll Ihr der Inquisitin besage articuli inquisitionalis 120. seq. sehr bange gewesen seyn, als Peter Scharrings Wittib gleichfalls als eine Hexe justificirt und zum Thore ausgeführet worden. Ob nun wohl diese indicia gar leicht und legaliter in etliche 20. oder 30. inquisitional-Artickel gebracht werden können, so hatte doch der judex more per inquisitores magnae pravitatis introducto über 150. Artickel befragt, und das Weib ware doch so hartnäckigt gewesen, und hatte alles beständig geleugnet. §. III. Nun wäre diese Hartnäckigkeit zwar secundum naturam singularem & privilegiatam processus magici hactenus recepti alleine genung gewesen, diese Inquisitin vom Morgen biß auff den Abend durch die schärffste tortur zur Geständniß der beschuldigten Hexerey zu bringen. Alleine der Richter hatte ex superfluo, und der inquisitin das

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/214>, abgerufen am 28.03.2024.