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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

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ge geleget, und bey voriger Commission nicht untersuchet worden, absonderlich, daß Er einsten Anno 1685. den verstorbenen Capellan öffentlich, und in Gegenwart der Beicht-Kinder in der Kirche bey dem Altar injuriret, auch bey denen Haaren ergriffen, und auff die Banck nieder gerissen, vid. test. 7. & 14. ad art. 35. & 36.

Ob nun wohl P. in seiner übergebenen defension zuförderst, daß die Zeugen noch auf seine Interrogatoria abgehöret werden möchten, begehret, auch alle Zeugen suspect zu machen sich angelegen seyn lassen, in übrigen aber niemand wegen seiner Mißhandelung mit doppelter Straffe zu belegen;

Dieweil aber dennoch besage der Acten, Inquisit sich an denen Interrogatoriis unstreitig versäumet, auch wenn gleich ein und anderer Zeuge demselben nicht gewogen wäre, dennoch nicht zu praesumiren, daß die Zeugen in so grosser Anzahl ihr Gewissen mit einem Mein-Eyd beschweret haben solten, zumahl Sie bey der Confrontation-Inquisito seine Begünstigung beständig in faciem gesaget, und sein Vorgeben wieder dieselbigen in der defension zum theil unzulänglich, mehrentheils aber seinem eigenen Geständniß nach unerweißlich, hiernechst eine Menge grober Excesse und Mißhandelungen vorhanden, unter welchen unterschiedene turbationes sacrorum, bey der Beichte und administration des Abendmahls zu befinden, und solcher Gestalt auf die blosse remotion nicht erkennet werden mögen, auch endlich dahin zu sehen, ob nicht, da alle bißherige Vermahnungen und ernstliche Mittel, Inquisitum nicht von seinem Brandteweinsauffen, (welches der Ursprung aller seiner Begünstigung zu seyn scheinet) abwendig machen können; zum wenigsten durch obrigkeitliche Casteyung Er corrigiret werden könne; Als ist obiger massen zu erkennen gewesen.

§. III. Vielleicht wird sich mancher Leser wundern, wenn er die rubricAbsonderliche Gedancken über die rubric dieses Handels. dieses Handels lieset, warum ich dieselbe also eingerichtet, und nicht vielmehr gesetzt, daß in diesem Handel von Bestraffung lasterhafter Priester gehandelt würde. Und dürffte Er, sonderlich wenn er ein Priester-Feind ist, sich wohl gar drüber ärgern, und, daß ich hiermit dem Clero heucheln wollen, sich einbilden, oder dencken, daß der Buchdrucker etwa es versehen, und den Titul, der zu einen der folgenden Händel gehöre, aus Irrthum vor diesem Handel gesetzet habe; aber es wird der Beschluß der rationum decidendi weisen, daß es mit Bedacht geschehen. Die Ursache alles des von dem bestrafften Priester erregten Unfugs war gar nicht der sonderlichen Beschaffenheit seines personellen temperaments, noch denen Ursachen, für denen sich die Clerisey insonderheit in acht zu nehmen hat, zu zuschreiben, sondern Sie rührete von dem angewohnten Brandtewein-Trincken her. Und also kan es leichte kommen, daß du, mein Leser, der du dich an der rubric dieses Handels geärgert, selbst gerne Brandtewein trinckst, und derowegen Ursach hast, dich nicht ferner zu übereylen, und in deinem Hertzen zu

ge geleget, und bey voriger Commission nicht untersuchet worden, absonderlich, daß Er einsten Anno 1685. den verstorbenen Capellan öffentlich, und in Gegenwart der Beicht-Kinder in der Kirche bey dem Altar injuriret, auch bey denen Haaren ergriffen, und auff die Banck nieder gerissen, vid. test. 7. & 14. ad art. 35. & 36.

Ob nun wohl P. in seiner übergebenen defension zuförderst, daß die Zeugen noch auf seine Interrogatoria abgehöret werden möchten, begehret, auch alle Zeugen suspect zu machen sich angelegen seyn lassen, in übrigen aber niemand wegen seiner Mißhandelung mit doppelter Straffe zu belegen;

Dieweil aber dennoch besage der Acten, Inquisit sich an denen Interrogatoriis unstreitig versäumet, auch wenn gleich ein und anderer Zeuge demselben nicht gewogen wäre, dennoch nicht zu praesumiren, daß die Zeugen in so grosser Anzahl ihr Gewissen mit einem Mein-Eyd beschweret haben solten, zumahl Sie bey der Confrontation-Inquisito seine Begünstigung beständig in faciem gesaget, und sein Vorgeben wieder dieselbigen in der defension zum theil unzulänglich, mehrentheils aber seinem eigenen Geständniß nach unerweißlich, hiernechst eine Menge grober Excesse und Mißhandelungen vorhanden, unter welchen unterschiedene turbationes sacrorum, bey der Beichte und administration des Abendmahls zu befinden, und solcher Gestalt auf die blosse remotion nicht erkennet werden mögen, auch endlich dahin zu sehen, ob nicht, da alle bißherige Vermahnungen und ernstliche Mittel, Inquisitum nicht von seinem Brandteweinsauffen, (welches der Ursprung aller seiner Begünstigung zu seyn scheinet) abwendig machen können; zum wenigsten durch obrigkeitliche Casteyung Er corrigiret werden könne; Als ist obiger massen zu erkennen gewesen.

§. III. Vielleicht wird sich mancher Leser wundern, wenn er die rubricAbsonderliche Gedancken über die rubric dieses Handels. dieses Handels lieset, warum ich dieselbe also eingerichtet, und nicht vielmehr gesetzt, daß in diesem Handel von Bestraffung lasterhafter Priester gehandelt würde. Und dürffte Er, sonderlich wenn er ein Priester-Feind ist, sich wohl gar drüber ärgern, und, daß ich hiermit dem Clero heucheln wollen, sich einbilden, oder dencken, daß der Buchdrucker etwa es versehen, und den Titul, der zu einen der folgenden Händel gehöre, aus Irrthum vor diesem Handel gesetzet habe; aber es wird der Beschluß der rationum decidendi weisen, daß es mit Bedacht geschehen. Die Ursache alles des von dem bestrafften Priester erregten Unfugs war gar nicht der sonderlichen Beschaffenheit seines personellen temperaments, noch denen Ursachen, für denen sich die Clerisey insonderheit in acht zu nehmen hat, zu zuschreiben, sondern Sie rührete von dem angewohnten Brandtewein-Trincken her. Und also kan es leichte kommen, daß du, mein Leser, der du dich an der rubric dieses Handels geärgert, selbst gerne Brandtewein trinckst, und derowegen Ursach hast, dich nicht ferner zu übereylen, und in deinem Hertzen zu

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[219/0235] ge geleget, und bey voriger Commission nicht untersuchet worden, absonderlich, daß Er einsten Anno 1685. den verstorbenen Capellan öffentlich, und in Gegenwart der Beicht-Kinder in der Kirche bey dem Altar injuriret, auch bey denen Haaren ergriffen, und auff die Banck nieder gerissen, vid. test. 7. & 14. ad art. 35. & 36. Ob nun wohl P. in seiner übergebenen defension zuförderst, daß die Zeugen noch auf seine Interrogatoria abgehöret werden möchten, begehret, auch alle Zeugen suspect zu machen sich angelegen seyn lassen, in übrigen aber niemand wegen seiner Mißhandelung mit doppelter Straffe zu belegen; Dieweil aber dennoch besage der Acten, Inquisit sich an denen Interrogatoriis unstreitig versäumet, auch wenn gleich ein und anderer Zeuge demselben nicht gewogen wäre, dennoch nicht zu praesumiren, daß die Zeugen in so grosser Anzahl ihr Gewissen mit einem Mein-Eyd beschweret haben solten, zumahl Sie bey der Confrontation-Inquisito seine Begünstigung beständig in faciem gesaget, und sein Vorgeben wieder dieselbigen in der defension zum theil unzulänglich, mehrentheils aber seinem eigenen Geständniß nach unerweißlich, hiernechst eine Menge grober Excesse und Mißhandelungen vorhanden, unter welchen unterschiedene turbationes sacrorum, bey der Beichte und administration des Abendmahls zu befinden, und solcher Gestalt auf die blosse remotion nicht erkennet werden mögen, auch endlich dahin zu sehen, ob nicht, da alle bißherige Vermahnungen und ernstliche Mittel, Inquisitum nicht von seinem Brandteweinsauffen, (welches der Ursprung aller seiner Begünstigung zu seyn scheinet) abwendig machen können; zum wenigsten durch obrigkeitliche Casteyung Er corrigiret werden könne; Als ist obiger massen zu erkennen gewesen. §. III. Vielleicht wird sich mancher Leser wundern, wenn er die rubric dieses Handels lieset, warum ich dieselbe also eingerichtet, und nicht vielmehr gesetzt, daß in diesem Handel von Bestraffung lasterhafter Priester gehandelt würde. Und dürffte Er, sonderlich wenn er ein Priester-Feind ist, sich wohl gar drüber ärgern, und, daß ich hiermit dem Clero heucheln wollen, sich einbilden, oder dencken, daß der Buchdrucker etwa es versehen, und den Titul, der zu einen der folgenden Händel gehöre, aus Irrthum vor diesem Handel gesetzet habe; aber es wird der Beschluß der rationum decidendi weisen, daß es mit Bedacht geschehen. Die Ursache alles des von dem bestrafften Priester erregten Unfugs war gar nicht der sonderlichen Beschaffenheit seines personellen temperaments, noch denen Ursachen, für denen sich die Clerisey insonderheit in acht zu nehmen hat, zu zuschreiben, sondern Sie rührete von dem angewohnten Brandtewein-Trincken her. Und also kan es leichte kommen, daß du, mein Leser, der du dich an der rubric dieses Handels geärgert, selbst gerne Brandtewein trinckst, und derowegen Ursach hast, dich nicht ferner zu übereylen, und in deinem Hertzen zu Absonderliche Gedancken über die rubric dieses Handels.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/235>, abgerufen am 19.04.2024.