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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

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gefeindet werden? Würden diese nicht die schönste Gelegenheit haben durch Producirung seiner Schrifft vermittelst des Pabsts und der Clerisey seinen Catholischen Herrn zu forciren, ihn nicht alleine mit Schimpff abzudancken, sondern nach ihren principiis als einem Atheisten mit Feuer zu verbrennen? Zittert er nicht, wenn er an dieses unausbleibliche Unglück nur gedencket? Danckt er uns nicht, daß wir in unserm Responso und ich in dieser Schrifft ihn noch bey Zeiten dafür gewarnet, und den Weg gezeiget, sich heraus zu reissen? Hat er also nicht die gröste Ursache, uns solchergestalt nicht für seine Wiedersacher, sondern für seine wahren Freunde zu achten? etc.

§. LV. Aber ich singe tauben Ohren. Gleich itzo da ich meine SchrifftDessen neue Atheistische Schrifft. beschliessen will, kömmt mir ein anderes gleichfals confiscirtes Scartecgen unter die Hände, davon er auch unstreitig Autor ist. Der Titel ist: Meditationes, Theses, dubia Philosophica-Theologica, placidae eruditorum disquisitioni religionis cujusvis & nationis, in magno mundi auditorio submissa a Veritatis Eclecticae Amico. Freystadii 1619. Diese Schrifft ist noch viel entsetzlicher zu lesen als die erste, indem er sich nicht gescheuet, viel dicta der heiligen Schrifft zu Behauptung seiner ruchlosen Lehr-Sätze bey denen Haaren gleichsam herbey zu ziehen: da ihm doch bekant ist, daß dergleichen grundlose Verdrehungen der heiligen Schrifft von denen Evangelischen Theologis und JCtis sonderlich in Bullis Papalibus vielfältig angemercket worden, inmassen keine Päbstliche Bulla anzutreffen, darinnen nicht dergleichen vielfältige Verdrehungen Hauffenweise zu finden seyn solten. Und er macht es doch noch gröber und liederlicher als alle dergleichen Bullae, und erkläret die von ihm angeführten dicta auff eine solche Weise, die von allen vernünfftigen Menschen in allen Christlichen Religionen nothwendig muß detestiret werden. Und solchergestalt rennet er gleichsam Sporenstreichs in sein zeitliches und ewiges Verderben.

§. LVI. Hat denn der arme elende Mensch keinen einigen wahrenHanß Sachsens Gedichte, von Unterscheid zwischen einen wahren Freund und Heuchler. Freund, der ihn warne? Warum solte es ihm daran mangeln? Aber er höret sie nicht, und hält den vor keinen Freund, der ihm nicht schmeichelt, sondern ihm seine Laster für Augen stellet. Deßhalb hat er auff die andre Seite des Titel-Blats etliche Verse aus des Horatii libro I. Satyra 3. (die sich also anfangen: Nam vitiis nemo sine nascitur &c.) andrücken lassen; allwo er diesen seinen Haupt-Fehler sattsam zu erkennen giebet. Ich sage diesen Haupt Fehler. Denn vernünfftige Leute haben zu allen Zeiten und bey allen Völckern diejenige für wahre Freunde erkannt, die

gefeindet werden? Würden diese nicht die schönste Gelegenheit haben durch Producirung seiner Schrifft vermittelst des Pabsts und der Clerisey seinen Catholischen Herrn zu forciren, ihn nicht alleine mit Schimpff abzudancken, sondern nach ihren principiis als einem Atheisten mit Feuer zu verbrennen? Zittert er nicht, wenn er an dieses unausbleibliche Unglück nur gedencket? Danckt er uns nicht, daß wir in unserm Responso und ich in dieser Schrifft ihn noch bey Zeiten dafür gewarnet, und den Weg gezeiget, sich heraus zu reissen? Hat er also nicht die gröste Ursache, uns solchergestalt nicht für seine Wiedersacher, sondern für seine wahren Freunde zu achten? etc.

§. LV. Aber ich singe tauben Ohren. Gleich itzo da ich meine SchrifftDessen neue Atheistische Schrifft. beschliessen will, kömmt mir ein anderes gleichfals confiscirtes Scartecgen unter die Hände, davon er auch unstreitig Autor ist. Der Titel ist: Meditationes, Theses, dubia Philosophica-Theologica, placidae eruditorum disquisitioni religionis cujusvis & nationis, in magno mundi auditorio submissa a Veritatis Eclecticae Amico. Freystadii 1619. Diese Schrifft ist noch viel entsetzlicher zu lesen als die erste, indem er sich nicht gescheuet, viel dicta der heiligen Schrifft zu Behauptung seiner ruchlosen Lehr-Sätze bey denen Haaren gleichsam herbey zu ziehen: da ihm doch bekant ist, daß dergleichen grundlose Verdrehungen der heiligen Schrifft von denen Evangelischen Theologis und JCtis sonderlich in Bullis Papalibus vielfältig angemercket worden, inmassen keine Päbstliche Bulla anzutreffen, darinnen nicht dergleichen vielfältige Verdrehungen Hauffenweise zu finden seyn solten. Und er macht es doch noch gröber und liederlicher als alle dergleichen Bullae, und erkläret die von ihm angeführten dicta auff eine solche Weise, die von allen vernünfftigen Menschen in allen Christlichen Religionen nothwendig muß detestiret werden. Und solchergestalt rennet er gleichsam Sporenstreichs in sein zeitliches und ewiges Verderben.

§. LVI. Hat denn der arme elende Mensch keinen einigen wahrenHanß Sachsens Gedichte, von Unterscheid zwischen einen wahren Freund und Heuchler. Freund, der ihn warne? Warum solte es ihm daran mangeln? Aber er höret sie nicht, und hält den vor keinen Freund, der ihm nicht schmeichelt, sondern ihm seine Laster für Augen stellet. Deßhalb hat er auff die andre Seite des Titel-Blats etliche Verse aus des Horatii libro I. Satyra 3. (die sich also anfangen: Nam vitiis nemo sine nascitur &c.) andrücken lassen; allwo er diesen seinen Haupt-Fehler sattsam zu erkennen giebet. Ich sage diesen Haupt Fehler. Denn vernünfftige Leute haben zu allen Zeiten und bey allen Völckern diejenige für wahre Freunde erkannt, die

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[349/0365] gefeindet werden? Würden diese nicht die schönste Gelegenheit haben durch Producirung seiner Schrifft vermittelst des Pabsts und der Clerisey seinen Catholischen Herrn zu forciren, ihn nicht alleine mit Schimpff abzudancken, sondern nach ihren principiis als einem Atheisten mit Feuer zu verbrennen? Zittert er nicht, wenn er an dieses unausbleibliche Unglück nur gedencket? Danckt er uns nicht, daß wir in unserm Responso und ich in dieser Schrifft ihn noch bey Zeiten dafür gewarnet, und den Weg gezeiget, sich heraus zu reissen? Hat er also nicht die gröste Ursache, uns solchergestalt nicht für seine Wiedersacher, sondern für seine wahren Freunde zu achten? etc. §. LV. Aber ich singe tauben Ohren. Gleich itzo da ich meine Schrifft beschliessen will, kömmt mir ein anderes gleichfals confiscirtes Scartecgen unter die Hände, davon er auch unstreitig Autor ist. Der Titel ist: Meditationes, Theses, dubia Philosophica-Theologica, placidae eruditorum disquisitioni religionis cujusvis & nationis, in magno mundi auditorio submissa a Veritatis Eclecticae Amico. Freystadii 1619. Diese Schrifft ist noch viel entsetzlicher zu lesen als die erste, indem er sich nicht gescheuet, viel dicta der heiligen Schrifft zu Behauptung seiner ruchlosen Lehr-Sätze bey denen Haaren gleichsam herbey zu ziehen: da ihm doch bekant ist, daß dergleichen grundlose Verdrehungen der heiligen Schrifft von denen Evangelischen Theologis und JCtis sonderlich in Bullis Papalibus vielfältig angemercket worden, inmassen keine Päbstliche Bulla anzutreffen, darinnen nicht dergleichen vielfältige Verdrehungen Hauffenweise zu finden seyn solten. Und er macht es doch noch gröber und liederlicher als alle dergleichen Bullae, und erkläret die von ihm angeführten dicta auff eine solche Weise, die von allen vernünfftigen Menschen in allen Christlichen Religionen nothwendig muß detestiret werden. Und solchergestalt rennet er gleichsam Sporenstreichs in sein zeitliches und ewiges Verderben. Dessen neue Atheistische Schrifft. §. LVI. Hat denn der arme elende Mensch keinen einigen wahren Freund, der ihn warne? Warum solte es ihm daran mangeln? Aber er höret sie nicht, und hält den vor keinen Freund, der ihm nicht schmeichelt, sondern ihm seine Laster für Augen stellet. Deßhalb hat er auff die andre Seite des Titel-Blats etliche Verse aus des Horatii libro I. Satyra 3. (die sich also anfangen: Nam vitiis nemo sine nascitur &c.) andrücken lassen; allwo er diesen seinen Haupt-Fehler sattsam zu erkennen giebet. Ich sage diesen Haupt Fehler. Denn vernünfftige Leute haben zu allen Zeiten und bey allen Völckern diejenige für wahre Freunde erkannt, die Hanß Sachsens Gedichte, von Unterscheid zwischen einen wahren Freund und Heuchler.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/365>, abgerufen am 28.03.2024.