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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

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klähren gehört und hernach bey denen Doctoribus viel commentarios über dasselbige gelesen, auch von denen Practicis in causis Feudalibus alleine allegiret gefunden. Alleine eben deßhalben, weil es mit dem jure Justinianeo in einem Bande ist, und die historia juris weiset, daß es mit dem jure Justinianeo zugleich aus Italien auf die Teutschen Universitäten kommen, als damahls das Teusche Land- und Lehn-Recht darinen allein florirte und in gerichtlichem Gebrauch war; so kan man sich auch leichtlich einbilden, daß wie das Justinianeische Recht das Teutsche Land-Recht unter die Banck gesteckt, also auch das Longabardische Recht dergleichen Ungerechtigkeit mit dem Teutschen Lehn-Recht vorgenommen, und dieses Vorhaben auch beyden frembden Rechten glücklich gelungen. Ich rede aber allein von der unter die Banck Steckung, nicht aber von einer Landes-Räumung. Denn die Universitäts-Juristen jagten zwar die Leute, denen die Teutschen Rechte bekannt waren, aus denen Gerichten, und sie, die von nichts als dem Justinianeischen und Longabardischen Recht wusten, oder wissen wolten, satzten sich an ihrer Stelle; Aber weil dieses nach und nach geschahe, und eine gute Zeit die Liebhaber der Teutschen Rechte die Ober-Hand noch in denen Gerichten hatten, so bleiben die Teutschen Gewohnheiten doch in denen Teutschen Gerichten, und die Feinde derselben waren damahls vergnügt, wenn sie nur ihre frembden leges oder capitula dabey allegiren, und also aus den Italiänischen und Teutschen Rechten einen Mischmasch machen konten. Ob ich nun wohl in meinen Juristischen Schrifften von der Sottise, daß man sich bißher eingebildet, was für einen allgemeinen Nutzen das Justinianeische Recht in Praxi habe, mehr als vielen lieb gewesen, geschrieben; so habe ich doch von dem Lehn-Rechte, und welches von beyden in Teutschland in Praxi gelte, wenig oder nichts gedacht. Nichts destoweniger wird, wo nicht alles, doch das allermeiste, was ich in der disputation de rite formando statu controversiae in quaestione: An legum Juris Justinianei sit frequens, an exiguus Usus practicus in foris Germaniae, vom Justinianeischen Recht gemeldet, und die Thorheit der gemeinen contrairen Meynung gewiesen, auch auf das Lehn-Recht appliciret werden können, daß nehmlich das Longobardische Recht für denen Teutschen Lehen-Rechten und Gewohnheiten in Teutschland keinen Vorzug habe, und weder wegen derer Stücken, in welchen es mit denen Teutschen Lehns-Rechten übereinkömmt, gelernet werden müsse, noch in denen, in welchen es von denenselben discrepant ist, eben weil alsdann in zweif

klähren gehört und hernach bey denen Doctoribus viel commentarios über dasselbige gelesen, auch von denen Practicis in causis Feudalibus alleine allegiret gefunden. Alleine eben deßhalben, weil es mit dem jure Justinianeo in einem Bande ist, und die historia juris weiset, daß es mit dem jure Justinianeo zugleich aus Italien auf die Teutschen Universitäten kommen, als damahls das Teusche Land- und Lehn-Recht darinen allein florirte und in gerichtlichem Gebrauch war; so kan man sich auch leichtlich einbilden, daß wie das Justinianeische Recht das Teutsche Land-Recht unter die Banck gesteckt, also auch das Longabardische Recht dergleichen Ungerechtigkeit mit dem Teutschen Lehn-Recht vorgenommen, und dieses Vorhaben auch beyden frembden Rechten glücklich gelungen. Ich rede aber allein von der unter die Banck Steckung, nicht aber von einer Landes-Räumung. Denn die Universitäts-Juristen jagten zwar die Leute, denen die Teutschen Rechte bekannt waren, aus denen Gerichten, und sie, die von nichts als dem Justinianeischen und Longabardischen Recht wusten, oder wissen wolten, satzten sich an ihrer Stelle; Aber weil dieses nach und nach geschahe, und eine gute Zeit die Liebhaber der Teutschen Rechte die Ober-Hand noch in denen Gerichten hatten, so bleiben die Teutschen Gewohnheiten doch in denen Teutschen Gerichten, und die Feinde derselben waren damahls vergnügt, wenn sie nur ihre frembden leges oder capitula dabey allegiren, und also aus den Italiänischen und Teutschen Rechten einen Mischmasch machen konten. Ob ich nun wohl in meinen Juristischen Schrifften von der Sottise, daß man sich bißher eingebildet, was für einen allgemeinen Nutzen das Justinianeische Recht in Praxi habe, mehr als vielen lieb gewesen, geschrieben; so habe ich doch von dem Lehn-Rechte, und welches von beyden in Teutschland in Praxi gelte, wenig oder nichts gedacht. Nichts destoweniger wird, wo nicht alles, doch das allermeiste, was ich in der disputation de rite formando statu controversiae in quaestione: An legum Juris Justinianei sit frequens, an exiguus Usus practicus in foris Germaniae, vom Justinianeischen Recht gemeldet, und die Thorheit der gemeinen contrairen Meynung gewiesen, auch auf das Lehn-Recht appliciret werden können, daß nehmlich das Longobardische Recht für denen Teutschen Lehen-Rechten und Gewohnheiten in Teutschland keinen Vorzug habe, und weder wegen derer Stücken, in welchen es mit denen Teutschen Lehns-Rechten übereinkömmt, gelernet werden müsse, noch in denen, in welchen es von denenselben discrepant ist, eben weil alsdann in zweif

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[295/0303] klähren gehört und hernach bey denen Doctoribus viel commentarios über dasselbige gelesen, auch von denen Practicis in causis Feudalibus alleine allegiret gefunden. Alleine eben deßhalben, weil es mit dem jure Justinianeo in einem Bande ist, und die historia juris weiset, daß es mit dem jure Justinianeo zugleich aus Italien auf die Teutschen Universitäten kommen, als damahls das Teusche Land- und Lehn-Recht darinen allein florirte und in gerichtlichem Gebrauch war; so kan man sich auch leichtlich einbilden, daß wie das Justinianeische Recht das Teutsche Land-Recht unter die Banck gesteckt, also auch das Longabardische Recht dergleichen Ungerechtigkeit mit dem Teutschen Lehn-Recht vorgenommen, und dieses Vorhaben auch beyden frembden Rechten glücklich gelungen. Ich rede aber allein von der unter die Banck Steckung, nicht aber von einer Landes-Räumung. Denn die Universitäts-Juristen jagten zwar die Leute, denen die Teutschen Rechte bekannt waren, aus denen Gerichten, und sie, die von nichts als dem Justinianeischen und Longabardischen Recht wusten, oder wissen wolten, satzten sich an ihrer Stelle; Aber weil dieses nach und nach geschahe, und eine gute Zeit die Liebhaber der Teutschen Rechte die Ober-Hand noch in denen Gerichten hatten, so bleiben die Teutschen Gewohnheiten doch in denen Teutschen Gerichten, und die Feinde derselben waren damahls vergnügt, wenn sie nur ihre frembden leges oder capitula dabey allegiren, und also aus den Italiänischen und Teutschen Rechten einen Mischmasch machen konten. Ob ich nun wohl in meinen Juristischen Schrifften von der Sottise, daß man sich bißher eingebildet, was für einen allgemeinen Nutzen das Justinianeische Recht in Praxi habe, mehr als vielen lieb gewesen, geschrieben; so habe ich doch von dem Lehn-Rechte, und welches von beyden in Teutschland in Praxi gelte, wenig oder nichts gedacht. Nichts destoweniger wird, wo nicht alles, doch das allermeiste, was ich in der disputation de rite formando statu controversiae in quaestione: An legum Juris Justinianei sit frequens, an exiguus Usus practicus in foris Germaniae, vom Justinianeischen Recht gemeldet, und die Thorheit der gemeinen contrairen Meynung gewiesen, auch auf das Lehn-Recht appliciret werden können, daß nehmlich das Longobardische Recht für denen Teutschen Lehen-Rechten und Gewohnheiten in Teutschland keinen Vorzug habe, und weder wegen derer Stücken, in welchen es mit denen Teutschen Lehns-Rechten übereinkömmt, gelernet werden müsse, noch in denen, in welchen es von denenselben discrepant ist, eben weil alsdann in zweif

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Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/303>, abgerufen am 25.04.2024.