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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

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Jost Schlüter deponirt, als Inquisita zu ihm ins Haus kommen, und begehret, daß er dem Amtsvoigt sagen möchte, er wolle nicht übel nehmen, daß sie gesagt, sie wolle die Sache wegen Sieborgers bey der hohen Obrigkeit suchen, wäre die Milch von seiner Kuh etliche Tage hernach gantz unbrauchbar worden, wann sie Tag und Nacht gestanden, voller Blasen worden, daß man nichts davon weder zu Käß noch Butter brauchen können. Das Kalb, welches schon ab gesetzt gewesen, wäre erkrancket, daß es gar nicht fressen wollen, als aber seine Frau unter das Futter Weyh-Wasser gethan, sey die Milch, welche man darauf gemolcken, wiederum gut gewesen, und habe auch das Kalb wiederum gefressen und zugenommen, seiner Frau aber, welche in Kind-Bette gelegen, sey die Milch hierauf vergangen und habe fast 8. Tage keine Milch gehabt, als sie aber zur Kirchen gangen, und die Brüste mit Weyh-Wasser benetzt, sey ihr die Milch gleich wiederkommen. Er deponent wisse nicht, daß die Schlieperin jemahlen sonst in seinem Hause gewesen; wisse auch keine Ursache, warum Inquisita ihm obiges zugemuthet, als vielleicht diese, weil er bey dem Amts Schreiber gebraucht würde.

Johaan Hahn deponirt von seiner nebst Hoppenhausen der Schlieperin gethanen Fuhre Holtz.

Adam Engelhart deponirt, daß weil er der Schlieperin Hause gegen über wohne, habe er seit der letztenn Fastnacht mehrmahlen ein ungewöhnlich Licht in ihrer Stube gesehen, so bald da bald dort gewesen, sey zuweilen bald, zuweilen spät des Abends gesehen wvrden, habe jeweilen lang, jeweilen kurtz gewähret.

Kurtze Vorstellung der Alberkeit der gesamten indiciorum.

§. VII. Aus diesen registraturen siehest du nun, daß alle indicia wieder die Schlieperin in folgenden Umständen bestanden. Der vornehmste war das ungewöhnliche, oder wie es genennet wird, unnatürliche Licht, wofür sich sowohl der Förster, als des Amts-Vogts Knecht so sehr gefürchtet, daß der Knecht, der es für den Teuffel gehalten, gar davon gelauffen etc. (von welchen auch schon stracks anfangs oben §. 2. und 3. gedacht worden). Es wird aber die Antwort der inquisitae ad articulos bald zeugen, daß es mit diesem Licht gantz natürlich zugegangen, daß man aber die Schlieperin, ihre Mutter und Groß-Mutter für Hexen gehalten, jedoch ohne Beysetzung der geringsten tüchtigen Ursach, ist wohl kein indicium sufficiens. Noch vielweniger aber die Muthmassung, daß die Schlieperin deswegen eine Hexe sey, weil die Glocke gesprungen, da ihr Kind begraben worden; was die Urfache ferner sey, daß man gemeynet, es brenne in der Schlieperin Hause, wird auch seine Erläuterung in der Antwort ad articulos bekommen, und hätte diese Erläuterung sowohl wegen dieses eingebildeten Feuers, als von dem sogenannten unnatürlichem Licht, auch geschehen können,

Jost Schlüter deponirt, als Inquisita zu ihm ins Haus kommen, und begehret, daß er dem Amtsvoigt sagen möchte, er wolle nicht übel nehmen, daß sie gesagt, sie wolle die Sache wegen Sieborgers bey der hohen Obrigkeit suchen, wäre die Milch von seiner Kuh etliche Tage hernach gantz unbrauchbar worden, wann sie Tag und Nacht gestanden, voller Blasen worden, daß man nichts davon weder zu Käß noch Butter brauchen können. Das Kalb, welches schon ab gesetzt gewesen, wäre erkrancket, daß es gar nicht fressen wollen, als aber seine Frau unter das Futter Weyh-Wasser gethan, sey die Milch, welche man darauf gemolcken, wiederum gut gewesen, und habe auch das Kalb wiederum gefressen und zugenommen, seiner Frau aber, welche in Kind-Bette gelegen, sey die Milch hierauf vergangen und habe fast 8. Tage keine Milch gehabt, als sie aber zur Kirchen gangen, und die Brüste mit Weyh-Wasser benetzt, sey ihr die Milch gleich wiederkommen. Er deponent wisse nicht, daß die Schlieperin jemahlen sonst in seinem Hause gewesen; wisse auch keine Ursache, warum Inquisita ihm obiges zugemuthet, als vielleicht diese, weil er bey dem Amts Schreiber gebraucht würde.

Johaan Hahn deponirt von seiner nebst Hoppenhausen der Schlieperin gethanen Fuhre Holtz.

Adam Engelhart deponirt, daß weil er der Schlieperin Hause gegen über wohne, habe er seit der letzteñ Fastnacht mehrmahlen ein ungewöhnlich Licht in ihrer Stube gesehen, so bald da bald dort gewesen, sey zuweilen bald, zuweilen spät des Abends gesehen wvrden, habe jeweilen lang, jeweilen kurtz gewähret.

Kurtze Vorstellung der Alberkeit der gesamten indiciorum.

§. VII. Aus diesen registraturen siehest du nun, daß alle indicia wieder die Schlieperin in folgenden Umständen bestanden. Der vornehmste war das ungewöhnliche, oder wie es genennet wird, unnatürliche Licht, wofür sich sowohl der Förster, als des Amts-Vogts Knecht so sehr gefürchtet, daß der Knecht, der es für den Teuffel gehalten, gar davon gelauffen etc. (von welchen auch schon stracks anfangs oben §. 2. und 3. gedacht worden). Es wird aber die Antwort der inquisitae ad articulos bald zeugen, daß es mit diesem Licht gantz natürlich zugegangen, daß man aber die Schlieperin, ihre Mutter und Groß-Mutter für Hexen gehalten, jedoch ohne Beysetzung der geringsten tüchtigen Ursach, ist wohl kein indicium sufficiens. Noch vielweniger aber die Muthmassung, daß die Schlieperin deswegen eine Hexe sey, weil die Glocke gesprungen, da ihr Kind begraben worden; was die Urfache ferner sey, daß man gemeynet, es brenne in der Schlieperin Hause, wird auch seine Erläuterung in der Antwort ad articulos bekommen, und hätte diese Erläuterung sowohl wegen dieses eingebildeten Feuers, als von dem sogenannten unnatürlichem Licht, auch geschehen können,

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[308/0316] Jost Schlüter deponirt, als Inquisita zu ihm ins Haus kommen, und begehret, daß er dem Amtsvoigt sagen möchte, er wolle nicht übel nehmen, daß sie gesagt, sie wolle die Sache wegen Sieborgers bey der hohen Obrigkeit suchen, wäre die Milch von seiner Kuh etliche Tage hernach gantz unbrauchbar worden, wann sie Tag und Nacht gestanden, voller Blasen worden, daß man nichts davon weder zu Käß noch Butter brauchen können. Das Kalb, welches schon ab gesetzt gewesen, wäre erkrancket, daß es gar nicht fressen wollen, als aber seine Frau unter das Futter Weyh-Wasser gethan, sey die Milch, welche man darauf gemolcken, wiederum gut gewesen, und habe auch das Kalb wiederum gefressen und zugenommen, seiner Frau aber, welche in Kind-Bette gelegen, sey die Milch hierauf vergangen und habe fast 8. Tage keine Milch gehabt, als sie aber zur Kirchen gangen, und die Brüste mit Weyh-Wasser benetzt, sey ihr die Milch gleich wiederkommen. Er deponent wisse nicht, daß die Schlieperin jemahlen sonst in seinem Hause gewesen; wisse auch keine Ursache, warum Inquisita ihm obiges zugemuthet, als vielleicht diese, weil er bey dem Amts Schreiber gebraucht würde. Johaan Hahn deponirt von seiner nebst Hoppenhausen der Schlieperin gethanen Fuhre Holtz. Adam Engelhart deponirt, daß weil er der Schlieperin Hause gegen über wohne, habe er seit der letzteñ Fastnacht mehrmahlen ein ungewöhnlich Licht in ihrer Stube gesehen, so bald da bald dort gewesen, sey zuweilen bald, zuweilen spät des Abends gesehen wvrden, habe jeweilen lang, jeweilen kurtz gewähret. §. VII. Aus diesen registraturen siehest du nun, daß alle indicia wieder die Schlieperin in folgenden Umständen bestanden. Der vornehmste war das ungewöhnliche, oder wie es genennet wird, unnatürliche Licht, wofür sich sowohl der Förster, als des Amts-Vogts Knecht so sehr gefürchtet, daß der Knecht, der es für den Teuffel gehalten, gar davon gelauffen etc. (von welchen auch schon stracks anfangs oben §. 2. und 3. gedacht worden). Es wird aber die Antwort der inquisitae ad articulos bald zeugen, daß es mit diesem Licht gantz natürlich zugegangen, daß man aber die Schlieperin, ihre Mutter und Groß-Mutter für Hexen gehalten, jedoch ohne Beysetzung der geringsten tüchtigen Ursach, ist wohl kein indicium sufficiens. Noch vielweniger aber die Muthmassung, daß die Schlieperin deswegen eine Hexe sey, weil die Glocke gesprungen, da ihr Kind begraben worden; was die Urfache ferner sey, daß man gemeynet, es brenne in der Schlieperin Hause, wird auch seine Erläuterung in der Antwort ad articulos bekommen, und hätte diese Erläuterung sowohl wegen dieses eingebildeten Feuers, als von dem sogenannten unnatürlichem Licht, auch geschehen können,

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/316>, abgerufen am 24.04.2024.