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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

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Wesen zwar wohl gefast, aber dabey von seinen Successoren, insonderheit dem Jacobo, nicht fleißig continuiret, sondern den Geistlichen der Zügel in etwas zulang gelassen, und zwar zu Anfang nicht in externo regimine, sondern daß man allerhand irrige opiniones und in specie den Puritanismum daselbst einreissen lassen, und gleichwie derselbe unter andern auch fürnehmlich darin bestehet, daß er die weltliche Obrigkeit von dem Kirchen-Regiment ausschliesset, also ists bey denen irrigen opinionibus nicht geblieben, sondern anfangs zu öffentlichen Predigten und defensionibus solcher irrigen Meynung gerathen, diese Prediger haben darin keinem Verbieten der weltlichen Obrigkeit unter den praetext, daß dieselben mit dem Kirchen-Wesen nichts zu schaffen, auch ihnen auf der Cantzel nichts zu sagen hätten, gehorchen wollen, sondern sind fortgefahren, die Obrigkeit hat sich keines gebührenden Ernsts dawieder gebrauchet, oder die Prediger mit würcklichem Eyfer darüber angesehen, sondern so lange stille geschwiegen, biß der gemeine Mann durch die gemeine Predigt eingenommen, und endlich dem gantzen estat den Garaus gemacht; Die Gemüther der Unterthanen fast durch gantz Teutschland sind bey diesem teutschen Kriege unter andern bösen opinionen auch in einen Haß und Wiederwillen gegen ihrer Obrigkeit gerathen, als wenn sie durch deren Ursache und Versehen in das ausgestandene Unglück kommen, daß sie sich mitten in solchem Elend nicht durch guten Rath und Vorsorge der Obrigkeit, sondern durch ihre vires, die Contributiones und dargeschossene Gelder herdurchgerissen, hätten dannenhero zu ihrer Conservation keiner Obrigkeit nöthig, semetipfos sibi sufficere, vielweniger, daß sie nach erlangetem Frieden der Obrigkeit noch contribuiren und sich nach derselben richten solten, und was der bösen gattlosen opinionen mehr sind, die leyder im vollen Schwange gehen. Solten nur etzliche wenige Puritanische Prediger, oder was nur im geistlichen Regiment oder Kirchen-Wesen vel per accidens hierzu Ursache geben kan, dazu kommen, so möchte es leicht daher gehen, als wenn ein wenig Feuer an eine Menge dürres Holtzes, Stroh, oder Pulver kömmt, wodurch auch ein allerköstlichstes und stärckestes Gebäude zusehens aufgehen müste; Es ist nicht ohne, daß mehr mala sind, wodurch dem Römischen Reiche, und in specie einer jeden Provintz desselben grosses Unglück über dem Haupt ietzo schwebet, aber dieses obgemeldte ist nicht der geringsten eines, & habet se instar magni alicujus morbi. Wie den übrigen Ursachen und Gefahren, und gleichsam den übrigen Kranckheiten zu begegnen, id est alterius loci & tem

Wesen zwar wohl gefast, aber dabey von seinen Successoren, insonderheit dem Jacobo, nicht fleißig continuiret, sondern den Geistlichen der Zügel in etwas zulang gelassen, und zwar zu Anfang nicht in externo regimine, sondern daß man allerhand irrige opiniones und in specie den Puritanismum daselbst einreissen lassen, und gleichwie derselbe unter andern auch fürnehmlich darin bestehet, daß er die weltliche Obrigkeit von dem Kirchen-Regiment ausschliesset, also ists bey denen irrigen opinionibus nicht geblieben, sondern anfangs zu öffentlichen Predigten und defensionibus solcher irrigen Meynung gerathen, diese Prediger haben darin keinem Verbieten der weltlichen Obrigkeit unter den praetext, daß dieselben mit dem Kirchen-Wesen nichts zu schaffen, auch ihnen auf der Cantzel nichts zu sagen hätten, gehorchen wollen, sondern sind fortgefahren, die Obrigkeit hat sich keines gebührenden Ernsts dawieder gebrauchet, oder die Prediger mit würcklichem Eyfer darüber angesehen, sondern so lange stille geschwiegen, biß der gemeine Mann durch die gemeine Predigt eingenommen, und endlich dem gantzen estat den Garaus gemacht; Die Gemüther der Unterthanen fast durch gantz Teutschland sind bey diesem teutschen Kriege unter andern bösen opinionen auch in einen Haß und Wiederwillen gegen ihrer Obrigkeit gerathen, als wenn sie durch deren Ursache und Versehen in das ausgestandene Unglück kommen, daß sie sich mitten in solchem Elend nicht durch guten Rath und Vorsorge der Obrigkeit, sondern durch ihre vires, die Contributiones und dargeschossene Gelder herdurchgerissen, hätten dannenhero zu ihrer Conservation keiner Obrigkeit nöthig, semetipfos sibi sufficere, vielweniger, daß sie nach erlangetem Frieden der Obrigkeit noch contribuiren und sich nach derselben richten solten, und was der bösen gattlosen opinionen mehr sind, die leyder im vollen Schwange gehen. Solten nur etzliche wenige Puritanische Prediger, oder was nur im geistlichen Regiment oder Kirchen-Wesen vel per accidens hierzu Ursache geben kan, dazu kommen, so möchte es leicht daher gehen, als wenn ein wenig Feuer an eine Menge dürres Holtzes, Stroh, oder Pulver kömmt, wodurch auch ein allerköstlichstes und stärckestes Gebäude zusehens aufgehen müste; Es ist nicht ohne, daß mehr mala sind, wodurch dem Römischen Reiche, und in specie einer jeden Provintz desselben grosses Unglück über dem Haupt ietzo schwebet, aber dieses obgemeldte ist nicht der geringsten eines, & habet se instar magni alicujus morbi. Wie den übrigen Ursachen und Gefahren, und gleichsam den übrigen Kranckheiten zu begegnen, id est alterius loci & tem

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[341/0349] Wesen zwar wohl gefast, aber dabey von seinen Successoren, insonderheit dem Jacobo, nicht fleißig continuiret, sondern den Geistlichen der Zügel in etwas zulang gelassen, und zwar zu Anfang nicht in externo regimine, sondern daß man allerhand irrige opiniones und in specie den Puritanismum daselbst einreissen lassen, und gleichwie derselbe unter andern auch fürnehmlich darin bestehet, daß er die weltliche Obrigkeit von dem Kirchen-Regiment ausschliesset, also ists bey denen irrigen opinionibus nicht geblieben, sondern anfangs zu öffentlichen Predigten und defensionibus solcher irrigen Meynung gerathen, diese Prediger haben darin keinem Verbieten der weltlichen Obrigkeit unter den praetext, daß dieselben mit dem Kirchen-Wesen nichts zu schaffen, auch ihnen auf der Cantzel nichts zu sagen hätten, gehorchen wollen, sondern sind fortgefahren, die Obrigkeit hat sich keines gebührenden Ernsts dawieder gebrauchet, oder die Prediger mit würcklichem Eyfer darüber angesehen, sondern so lange stille geschwiegen, biß der gemeine Mann durch die gemeine Predigt eingenommen, und endlich dem gantzen estat den Garaus gemacht; Die Gemüther der Unterthanen fast durch gantz Teutschland sind bey diesem teutschen Kriege unter andern bösen opinionen auch in einen Haß und Wiederwillen gegen ihrer Obrigkeit gerathen, als wenn sie durch deren Ursache und Versehen in das ausgestandene Unglück kommen, daß sie sich mitten in solchem Elend nicht durch guten Rath und Vorsorge der Obrigkeit, sondern durch ihre vires, die Contributiones und dargeschossene Gelder herdurchgerissen, hätten dannenhero zu ihrer Conservation keiner Obrigkeit nöthig, semetipfos sibi sufficere, vielweniger, daß sie nach erlangetem Frieden der Obrigkeit noch contribuiren und sich nach derselben richten solten, und was der bösen gattlosen opinionen mehr sind, die leyder im vollen Schwange gehen. Solten nur etzliche wenige Puritanische Prediger, oder was nur im geistlichen Regiment oder Kirchen-Wesen vel per accidens hierzu Ursache geben kan, dazu kommen, so möchte es leicht daher gehen, als wenn ein wenig Feuer an eine Menge dürres Holtzes, Stroh, oder Pulver kömmt, wodurch auch ein allerköstlichstes und stärckestes Gebäude zusehens aufgehen müste; Es ist nicht ohne, daß mehr mala sind, wodurch dem Römischen Reiche, und in specie einer jeden Provintz desselben grosses Unglück über dem Haupt ietzo schwebet, aber dieses obgemeldte ist nicht der geringsten eines, & habet se instar magni alicujus morbi. Wie den übrigen Ursachen und Gefahren, und gleichsam den übrigen Kranckheiten zu begegnen, id est alterius loci & tem

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/349>, abgerufen am 29.03.2024.