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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.

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ihnen gleich die favorablesten Conditiones anböten. Denn dieses grosse Unglück wird wohl Könige, Fürsten und Herren, (auch die Reichs-Städte mit eingeschlossen,) auf dieser Welt nicht treffen, geschweige von mir zu befahren seyn, daß ich solches verursachen wolte oder könte, am allerwenigsten aber bey andern Professoribus, als bey welchen meine A utorität ohnedem am allerschlechtesten ist, sondern ich kan deßwegen selbst nicht davon schreiben, weil ich dergleichen Dienste nicht erfahren, sondern nur ein klein wenig und gleichsam in transitu beschauet, und das meiste was ich davon dencke, von Hörensagen oder aus der lectur habe, und also mich befahren muß, daß wenn ich davon etwas umbständlich schreiben wolte, die wahren Politici und Staats-Leute mich nicht anders als einen testem de auditu betrachten würden, der bey denen Gerichten wie bekannt, denen testibus de visu, wie billig, den Vorzug lassen muß. Jedoch wird mir vergönnet seyn, von der Gefährlichkeit der Hoff-Dienste nur etwas weniges zu gedencken, salvo lectoris cujuscunque judicio.

Ob es verantwortlich sey / wenn ein Hoffmann sich odiöser Dinge entziehet? Species fa cti.

§. II. Gleich wie die allzugrosse Sicherheit in allen Ständen schädlich ist; also ist kein Zweiffel, daß selbige bey Hoff-Diensten gemeiniglich das gröste Unglücke zu verursachen pflege. Aber das ist doch was nach denckliches, daß die auch sonst in andern Ständen nöthige und nützliche Cautelen und Klugheits-Regeln sich bey Hoff-Diensten nicht allemahl wollen practiciren lassen, sondern öffters gantz wiedrige Würckungen thun. Zum Exempel was ist vernünfftiger, als, daß man sich nicht in odiöse Dinge mische, und dazu Rath gebe, oder Beytrag thue, damit nicht hernach, wenn die Sache übel ablaufft, man deßhalb Red und Antwort geben, auch nach Gelegenheit das gröste Elend drüber ausstehen müsse, zumahl da dieses letzte durch tägliche auch bey Hoff Diensten vorkommende Exempel bestärcket wird. Nichts destoweniger ist itztgemeldte Cautel zu Hoffe nicht allemahl sicher zu gebrauchen, wie die beykommende species facti besaget, welche Anno 1696. in Februario ein gewisser Christian Leidedich, Jur. Cult. von Gedultsburg an unsere Facultät gesendet, und deßhalb rechtliche information begehret.

Es ist in einem vornehmen Reichs-Gräflichen Hause, in welchem die hohe Membra und Interessenten die Landes Regierung und Consistorium, auch gesambte Ritter und Landschafft miteinander in Gemeinschafft haben, vor wenig Jahren ein Streit; hauptsächlich wegen der Mitlandes-Herrschafft, die ein Theil in des andern Landes portion praetendiret, sowohl sonst verschiedener anderer Puncten halber entstanden, und deßwegen an Kayserlichen Hoffe hinc inde Beschwerde ge-

ihnen gleich die favorablesten Conditiones anböten. Denn dieses grosse Unglück wird wohl Könige, Fürsten und Herren, (auch die Reichs-Städte mit eingeschlossen,) auf dieser Welt nicht treffen, geschweige von mir zu befahren seyn, daß ich solches verursachen wolte oder könte, am allerwenigsten aber bey andern Professoribus, als bey welchen meine A utorität ohnedem am allerschlechtesten ist, sondern ich kan deßwegen selbst nicht davon schreiben, weil ich dergleichen Dienste nicht erfahren, sondern nur ein klein wenig und gleichsam in transitu beschauet, und das meiste was ich davon dencke, von Hörensagen oder aus der lectur habe, und also mich befahren muß, daß wenn ich davon etwas umbständlich schreiben wolte, die wahren Politici und Staats-Leute mich nicht anders als einen testem de auditu betrachten würden, der bey denen Gerichten wie bekannt, denen testibus de visu, wie billig, den Vorzug lassen muß. Jedoch wird mir vergönnet seyn, von der Gefährlichkeit der Hoff-Dienste nur etwas weniges zu gedencken, salvo lectoris cujuscunque judicio.

Ob es verantwortlich sey / wenn ein Hoffmann sich odiöser Dinge entziehet? Species fa cti.

§. II. Gleich wie die allzugrosse Sicherheit in allen Ständen schädlich ist; also ist kein Zweiffel, daß selbige bey Hoff-Diensten gemeiniglich das gröste Unglücke zu verursachen pflege. Aber das ist doch was nach denckliches, daß die auch sonst in andern Ständen nöthige und nützliche Cautelen und Klugheits-Regeln sich bey Hoff-Diensten nicht allemahl wollen practiciren lassen, sondern öffters gantz wiedrige Würckungen thun. Zum Exempel was ist vernünfftiger, als, daß man sich nicht in odiöse Dinge mische, und dazu Rath gebe, oder Beytrag thue, damit nicht hernach, wenn die Sache übel ablaufft, man deßhalb Red und Antwort geben, auch nach Gelegenheit das gröste Elend drüber ausstehen müsse, zumahl da dieses letzte durch tägliche auch bey Hoff Diensten vorkommende Exempel bestärcket wird. Nichts destoweniger ist itztgemeldte Cautel zu Hoffe nicht allemahl sicher zu gebrauchen, wie die beykommende species facti besaget, welche Anno 1696. in Februario ein gewisser Christian Leidedich, Jur. Cult. von Gedultsburg an unsere Facultät gesendet, und deßhalb rechtliche information begehret.

Es ist in einem vornehmen Reichs-Gräflichen Hause, in welchem die hohe Membra und Interessenten die Landes Regierung und Consistorium, auch gesambte Ritter und Landschafft miteinander in Gemeinschafft haben, vor wenig Jahren ein Streit; hauptsächlich wegen der Mitlandes-Herrschafft, die ein Theil in des andern Landes portion praetendiret, sowohl sonst verschiedener anderer Puncten halber entstanden, und deßwegen an Kayserlichen Hoffe hinc inde Beschwerde ge-

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[234/0240] ihnen gleich die favorablesten Conditiones anböten. Denn dieses grosse Unglück wird wohl Könige, Fürsten und Herren, (auch die Reichs-Städte mit eingeschlossen,) auf dieser Welt nicht treffen, geschweige von mir zu befahren seyn, daß ich solches verursachen wolte oder könte, am allerwenigsten aber bey andern Professoribus, als bey welchen meine A utorität ohnedem am allerschlechtesten ist, sondern ich kan deßwegen selbst nicht davon schreiben, weil ich dergleichen Dienste nicht erfahren, sondern nur ein klein wenig und gleichsam in transitu beschauet, und das meiste was ich davon dencke, von Hörensagen oder aus der lectur habe, und also mich befahren muß, daß wenn ich davon etwas umbständlich schreiben wolte, die wahren Politici und Staats-Leute mich nicht anders als einen testem de auditu betrachten würden, der bey denen Gerichten wie bekannt, denen testibus de visu, wie billig, den Vorzug lassen muß. Jedoch wird mir vergönnet seyn, von der Gefährlichkeit der Hoff-Dienste nur etwas weniges zu gedencken, salvo lectoris cujuscunque judicio. §. II. Gleich wie die allzugrosse Sicherheit in allen Ständen schädlich ist; also ist kein Zweiffel, daß selbige bey Hoff-Diensten gemeiniglich das gröste Unglücke zu verursachen pflege. Aber das ist doch was nach denckliches, daß die auch sonst in andern Ständen nöthige und nützliche Cautelen und Klugheits-Regeln sich bey Hoff-Diensten nicht allemahl wollen practiciren lassen, sondern öffters gantz wiedrige Würckungen thun. Zum Exempel was ist vernünfftiger, als, daß man sich nicht in odiöse Dinge mische, und dazu Rath gebe, oder Beytrag thue, damit nicht hernach, wenn die Sache übel ablaufft, man deßhalb Red und Antwort geben, auch nach Gelegenheit das gröste Elend drüber ausstehen müsse, zumahl da dieses letzte durch tägliche auch bey Hoff Diensten vorkommende Exempel bestärcket wird. Nichts destoweniger ist itztgemeldte Cautel zu Hoffe nicht allemahl sicher zu gebrauchen, wie die beykommende species facti besaget, welche Anno 1696. in Februario ein gewisser Christian Leidedich, Jur. Cult. von Gedultsburg an unsere Facultät gesendet, und deßhalb rechtliche information begehret. Es ist in einem vornehmen Reichs-Gräflichen Hause, in welchem die hohe Membra und Interessenten die Landes Regierung und Consistorium, auch gesambte Ritter und Landschafft miteinander in Gemeinschafft haben, vor wenig Jahren ein Streit; hauptsächlich wegen der Mitlandes-Herrschafft, die ein Theil in des andern Landes portion praetendiret, sowohl sonst verschiedener anderer Puncten halber entstanden, und deßwegen an Kayserlichen Hoffe hinc inde Beschwerde ge-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/240>, abgerufen am 19.04.2024.