Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

seeligen Gemüthe geschehen; auch in einen andern Schreiben gebeten,ten erhalten. daß dißfalls der Senat der Gebühr nach angesehen werden möchte. Ferner daß er in einer andern Supplique geschrieben, daß die in dem Magistrat vorhandene Richter mehrentheils, absonderlich aber diejenigen, so das directorium führeten, seine Capitel-Feinde wären; und weil er Zeit seiner Bedienung (als gewesener Controlleur) in Observirung seines Fürsten interesse mit dem Rath öffters nicht einstimmen können, so vermeyne der Rath, weil er nunmehro dessen Bothmäßigkeit unterworffen wäre, wiederumb befugt zu seyn / ihn in vielen Dingen zu beschweren, er der Advocate aber lebe der Unterthänigen Hoffnung, die Regierung würde ihm wieder solches straffbahres Fürnehmen kräfftig schützen, und davon befreyen. Noch in einer andern Supplique, habe er den Rath abermahls vieler Calumnien, Unwahrheit und Piquanterey beschuldiget, mit Bitte daß Senatus wegen seiner aus lautern Haß herrührenden procedur, mit einer scharffen Straffe beleget werden möchte. Diese angegebene injurien nun hatten Klägere auf 500. Goldgülden aestimiret, und Beklagen darein, wie auch zu einen Wiederruff zu condemniren gebeten. Sie hatten aber dabey die sonderbahre Cautel (von deren Ursprung und Fortgang, auch Ungrund, Scheinheiligkeit und Gefährlichkeit, wohl miritirte, daß ein Gelehrter Juriste einmahl ex professo handelte) gebraucht, daß sie die libellirte 500. Goldgülden nicht zubehalten begehrten, sondern ex singulari & generosa liberalitate zu dem Bau einer allbereit des Orts zu bauen angefangene Kirche widmeten. Beklagter negirte, daß die angegebenen Worte injurien wären: indem er darinnen nur zuläßiger Weise sich über sie beschweret, und daß seine Beschwerungen für keine injurien zu halten, wäre daraus zu sehen, weil ihn Princeps schon für etlichen Jahren zum juramento perhorrescentiae contra Senatum admittiret, und ihm in allen seinen Sachen, darinnen er entweder Kläger oder Beklagter wäre, ein eigener Commissarius loco primae instantiae wäre concediret worden. Er hätte ja in seinen Suppliquen solche Worte brauchen müssen, die die Sache recht ausdrückten. Sonsten aber weil Senatus in seinen Gegenschrifften ihn den Advocaten einen Lügener, Lästerer, Zancksüchtigen, Neidischen, und bösen Menschen genennet, wolle er Senatum dißfalls reconveniendo belangen: bate dannenhero, daß man ihn von der angestellten Klage absolviren, aber den Rath, und zwar einen jeden Rathsherrn in 600. Goldgülden condemniren solte. (Mich wundert, warum der Advocate so einsältig gewesen, daß er nicht auch die-

seeligen Gemüthe geschehen; auch in einen andern Schreiben gebeten,ten erhalten. daß dißfalls der Senat der Gebühr nach angesehen werden möchte. Ferner daß er in einer andern Supplique geschrieben, daß die in dem Magistrat vorhandene Richter mehrentheils, absonderlich aber diejenigen, so das directorium führeten, seine Capitel-Feinde wären; und weil er Zeit seiner Bedienung (als gewesener Controlleur) in Observirung seines Fürsten interesse mit dem Rath öffters nicht einstimmen können, so vermeyne der Rath, weil er nunmehro dessen Bothmäßigkeit unterworffen wäre, wiederumb befugt zu seyn / ihn in vielen Dingen zu beschweren, er der Advocate aber lebe der Unterthänigen Hoffnung, die Regierung würde ihm wieder solches straffbahres Fürnehmen kräfftig schützen, und davon befreyen. Noch in einer andern Supplique, habe er den Rath abermahls vieler Calumnien, Unwahrheit und Piquanterey beschuldiget, mit Bitte daß Senatus wegen seiner aus lautern Haß herrührenden procedur, mit einer scharffen Straffe beleget werden möchte. Diese angegebene injurien nun hatten Klägere auf 500. Goldgülden aestimiret, und Beklagen darein, wie auch zu einen Wiederruff zu condemniren gebeten. Sie hatten aber dabey die sonderbahre Cautel (von deren Ursprung und Fortgang, auch Ungrund, Scheinheiligkeit und Gefährlichkeit, wohl miritirte, daß ein Gelehrter Juriste einmahl ex professo handelte) gebraucht, daß sie die libellirte 500. Goldgülden nicht zubehalten begehrten, sondern ex singulari & generosa liberalitate zu dem Bau einer allbereit des Orts zu bauen angefangene Kirche widmeten. Beklagter negirte, daß die angegebenen Worte injurien wären: indem er darinnen nur zuläßiger Weise sich über sie beschweret, und daß seine Beschwerungen für keine injurien zu halten, wäre daraus zu sehen, weil ihn Princeps schon für etlichen Jahren zum juramento perhorrescentiae contra Senatum admittiret, und ihm in allen seinen Sachen, darinnen er entweder Kläger oder Beklagter wäre, ein eigener Commissarius loco primae instantiae wäre concediret worden. Er hätte ja in seinen Suppliquen solche Worte brauchen müssen, die die Sache recht ausdrückten. Sonsten aber weil Senatus in seinen Gegenschrifften ihn den Advocaten einen Lügener, Lästerer, Zancksüchtigen, Neidischen, und bösen Menschen genennet, wolle er Senatum dißfalls reconveniendo belangen: bate dannenhero, daß man ihn von der angestellten Klage absolviren, aber den Rath, und zwar einen jeden Rathsherrn in 600. Goldgülden condemniren solte. (Mich wundert, warum der Advocate so einsältig gewesen, daß er nicht auch die-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0289" n="283"/>
seeligen Gemüthe geschehen; auch in einen andern Schreiben                          gebeten,<note place="right">ten erhalten.</note> daß dißfalls der <hi rendition="#i">Senat</hi> der Gebühr nach angesehen werden möchte. Ferner                      daß er in einer andern Supplique geschrieben, daß die in dem Magistrat                      vorhandene Richter mehrentheils, absonderlich aber diejenigen, so das                      directorium führeten, seine Capitel-Feinde wären; und weil er Zeit seiner                      Bedienung (als gewesener Controlleur) in Observirung seines Fürsten interesse                      mit dem Rath öffters nicht einstimmen können, so vermeyne der Rath, weil er                      nunmehro dessen Bothmäßigkeit unterworffen wäre, wiederumb befugt zu seyn / ihn                      in vielen Dingen zu beschweren, er der Advocate aber lebe der Unterthänigen                      Hoffnung, die Regierung würde ihm wieder solches straffbahres Fürnehmen kräfftig                      schützen, und davon befreyen. Noch in einer andern Supplique, habe er den Rath                      abermahls vieler <hi rendition="#i">Calumni</hi>en, Unwahrheit und Piquanterey                      beschuldiget, mit Bitte daß Senatus wegen seiner aus lautern Haß herrührenden                      procedur, mit einer scharffen Straffe beleget werden möchte. Diese angegebene                      injurien nun hatten Klägere auf 500. Goldgülden aestimiret, und Beklagen darein,                      wie auch zu einen Wiederruff zu condemniren gebeten. Sie hatten aber dabey die                      sonderbahre Cautel (von deren Ursprung und Fortgang, auch Ungrund,                      Scheinheiligkeit und Gefährlichkeit, wohl miritirte, daß ein Gelehrter Juriste                      einmahl ex professo handelte) gebraucht, daß sie die libellirte 500. Goldgülden                      nicht zubehalten begehrten, sondern ex singulari &amp; generosa liberalitate                      zu dem Bau einer allbereit des Orts zu bauen angefangene Kirche widmeten.                      Beklagter negirte, daß die angegebenen Worte injurien wären: indem er darinnen                      nur zuläßiger Weise sich über sie beschweret, und daß seine Beschwerungen für                      keine injurien zu halten, wäre daraus zu sehen, weil ihn Princeps schon für                      etlichen Jahren zum juramento perhorrescentiae contra Senatum admittiret, und                      ihm in allen seinen Sachen, darinnen er entweder Kläger oder Beklagter wäre, ein                      eigener Commissarius loco primae instantiae wäre concediret worden. Er hätte ja                      in seinen Suppliquen solche Worte brauchen müssen, die die Sache recht                      ausdrückten. Sonsten aber weil Senatus in seinen Gegenschrifften ihn den                      Advocaten einen Lügener, Lästerer, Zancksüchtigen, Neidischen, und bösen                      Menschen genennet, wolle er Senatum dißfalls reconveniendo belangen: bate                      dannenhero, daß man ihn von der angestellten Klage absolviren, aber den Rath,                      und zwar einen jeden Rathsherrn in 600. Goldgülden condemniren solte. (Mich                      wundert, warum der Advocate so einsältig gewesen, daß er nicht auch die-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[283/0289] seeligen Gemüthe geschehen; auch in einen andern Schreiben gebeten, daß dißfalls der Senat der Gebühr nach angesehen werden möchte. Ferner daß er in einer andern Supplique geschrieben, daß die in dem Magistrat vorhandene Richter mehrentheils, absonderlich aber diejenigen, so das directorium führeten, seine Capitel-Feinde wären; und weil er Zeit seiner Bedienung (als gewesener Controlleur) in Observirung seines Fürsten interesse mit dem Rath öffters nicht einstimmen können, so vermeyne der Rath, weil er nunmehro dessen Bothmäßigkeit unterworffen wäre, wiederumb befugt zu seyn / ihn in vielen Dingen zu beschweren, er der Advocate aber lebe der Unterthänigen Hoffnung, die Regierung würde ihm wieder solches straffbahres Fürnehmen kräfftig schützen, und davon befreyen. Noch in einer andern Supplique, habe er den Rath abermahls vieler Calumnien, Unwahrheit und Piquanterey beschuldiget, mit Bitte daß Senatus wegen seiner aus lautern Haß herrührenden procedur, mit einer scharffen Straffe beleget werden möchte. Diese angegebene injurien nun hatten Klägere auf 500. Goldgülden aestimiret, und Beklagen darein, wie auch zu einen Wiederruff zu condemniren gebeten. Sie hatten aber dabey die sonderbahre Cautel (von deren Ursprung und Fortgang, auch Ungrund, Scheinheiligkeit und Gefährlichkeit, wohl miritirte, daß ein Gelehrter Juriste einmahl ex professo handelte) gebraucht, daß sie die libellirte 500. Goldgülden nicht zubehalten begehrten, sondern ex singulari & generosa liberalitate zu dem Bau einer allbereit des Orts zu bauen angefangene Kirche widmeten. Beklagter negirte, daß die angegebenen Worte injurien wären: indem er darinnen nur zuläßiger Weise sich über sie beschweret, und daß seine Beschwerungen für keine injurien zu halten, wäre daraus zu sehen, weil ihn Princeps schon für etlichen Jahren zum juramento perhorrescentiae contra Senatum admittiret, und ihm in allen seinen Sachen, darinnen er entweder Kläger oder Beklagter wäre, ein eigener Commissarius loco primae instantiae wäre concediret worden. Er hätte ja in seinen Suppliquen solche Worte brauchen müssen, die die Sache recht ausdrückten. Sonsten aber weil Senatus in seinen Gegenschrifften ihn den Advocaten einen Lügener, Lästerer, Zancksüchtigen, Neidischen, und bösen Menschen genennet, wolle er Senatum dißfalls reconveniendo belangen: bate dannenhero, daß man ihn von der angestellten Klage absolviren, aber den Rath, und zwar einen jeden Rathsherrn in 600. Goldgülden condemniren solte. (Mich wundert, warum der Advocate so einsältig gewesen, daß er nicht auch die- ten erhalten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/289
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/289>, abgerufen am 25.04.2024.