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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.

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Consistorio nicht gefallen, und Lucia urgirte sehr, daß die Trauung für ungültig solte erkläret werden. Titius wurde citiret in Person zu erschienen. Er hatte aber wenig Lust darzu und erhielt bey dem Consistorio des Fürsten da er in Diensten war, daß dieses seinethalben einkam, und die Klägerin an sie zu verweisen ersuchte. Das Consistorium für dem der Proceß schon etliche Jahr war anhängig gewesen, nahm diesen Schertz oder Compliment nicht zum Besten auf, und befahl den Herrn Titium in Arrest zu nehmen; Titius aber allegirte viel rationes, worumb er des Arrests wieder zu erlassen, bate auch drüber erkennen zu lassen. Er fande aber noch ehe das eingehohlte Urtheil zurücke kam, ein anderes sicherers Mittel, und befreyete sich des Arrests selbst. Nichtsdestoweniger wurde terminus ad publicationem sententiae angesetzt, und da Titius per Mandatarium erschiene, der Luciae mandatarius aber drauff drang, daß Titius in Person erscheinen müste, wurde der mandatarius a Consistorio abgewiesen, unerachtet das eingehohlte Urtheil erkannt hatte, daß Titius gegen Bestellung 1500. Thlr. caution des Arrests wieder erlassen seyn solte. Hiernächst mochte auch der Klägerin Luciae entweder wegen Mangel der Mittel, oder aus andern Ursachen die Zeit zu lang worden seyn, und war sie nicht mehr in loco judicii anzutreffen, ja Titius hatte ein Attestat von einen Prediger erhalten, daß Lucia von ihm begehret hätte, daß er sie schon Anno 1695. mit einer andern Mannsperson hätte trauen sollen, und wuste man also nicht, wo sich Lucia auffhielte.

Unser Responsum über vier Fragen.

§. II. Die bißherige species facti giebet nun zwar Gelegenheit genung zu vielen neuen Anmerckungen, von den verwirrtenn und langwierigen Processen in Ehesachen auch unter denen Protestirenden. Weil ich aber zum Schluß dieses dritten Theils der Juristischen Händel eile, als will ich selbige biß zu einer andern Gelegenheit aussetzen, und nur unser Responsum beyfügen, welches Titius von uns Anno 1696. in Augusto über 4. Fragen begehret hatte.

Hat die L. eines Mecklers Tochter aus H. denselben anno 1691. vor dem Churfürstl. Consistorio alhier versprochener Ehe halber belanget und deren Vollziehung gesuchet; nicht weniger an das Ministerium alhier und zu D. daß solches ihm mit seiner anderwerts Verlobten nicht auffbiethen solte, inhibition ausgebracht, und es hat die Klägerin, weil die Pristerliche Trauung schon einige Tage vor insinuirter inhibition geschehen, ferner um Zertrenung der bereits vollzogenen Ehe Ansuchung gethan, und daß derselbe sich vorhero mit ihr fleischlich vermischet gehabt, vorgegeben; Ist hierauf von Churfürstl. Consistorio termin zur

Consistorio nicht gefallen, und Lucia urgirte sehr, daß die Trauung für ungültig solte erkläret werden. Titius wurde citiret in Person zu erschienen. Er hatte aber wenig Lust darzu und erhielt bey dem Consistorio des Fürsten da er in Diensten war, daß dieses seinethalben einkam, und die Klägerin an sie zu verweisen ersuchte. Das Consistorium für dem der Proceß schon etliche Jahr war anhängig gewesen, nahm diesen Schertz oder Compliment nicht zum Besten auf, und befahl den Herrn Titium in Arrest zu nehmen; Titius aber allegirte viel rationes, worumb er des Arrests wieder zu erlassen, bate auch drüber erkennen zu lassen. Er fande aber noch ehe das eingehohlte Urtheil zurücke kam, ein anderes sicherers Mittel, und befreyete sich des Arrests selbst. Nichtsdestoweniger wurde terminus ad publicationem sententiae angesetzt, und da Titius per Mandatarium erschiene, der Luciae mandatarius aber drauff drang, daß Titius in Person erscheinen müste, wurde der mandatarius a Consistorio abgewiesen, unerachtet das eingehohlte Urtheil erkannt hatte, daß Titius gegen Bestellung 1500. Thlr. caution des Arrests wieder erlassen seyn solte. Hiernächst mochte auch der Klägerin Luciae entweder wegen Mangel der Mittel, oder aus andern Ursachen die Zeit zu lang worden seyn, und war sie nicht mehr in loco judicii anzutreffen, ja Titius hatte ein Attestat von einen Prediger erhalten, daß Lucia von ihm begehret hätte, daß er sie schon Anno 1695. mit einer andern Mannsperson hätte trauen sollen, und wuste man also nicht, wo sich Lucia auffhielte.

Unser Responsum über vier Fragen.

§. II. Die bißherige species facti giebet nun zwar Gelegenheit genung zu vielen neuen Anmerckungen, von den verwirrtẽn und langwierigen Processen in Ehesachen auch unter denen Protestirenden. Weil ich aber zum Schluß dieses dritten Theils der Juristischen Händel eile, als will ich selbige biß zu einer andern Gelegenheit aussetzen, und nur unser Responsum beyfügen, welches Titius von uns Anno 1696. in Augusto über 4. Fragen begehret hatte.

Hat die L. eines Mecklers Tochter aus H. denselben anno 1691. vor dem Churfürstl. Consistorio alhier versprochener Ehe halber belanget und deren Vollziehung gesuchet; nicht weniger an das Ministerium alhier und zu D. daß solches ihm mit seiner anderwerts Verlobten nicht auffbiethen solte, inhibition ausgebracht, und es hat die Klägerin, weil die Pristerliche Trauung schon einige Tage vor insinuirter inhibition geschehen, ferner um Zertrenung der bereits vollzogenen Ehe Ansuchung gethan, und daß derselbe sich vorhero mit ihr fleischlich vermischet gehabt, vorgegeben; Ist hierauf von Churfürstl. Consistorio termin zur

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[336/0342] Consistorio nicht gefallen, und Lucia urgirte sehr, daß die Trauung für ungültig solte erkläret werden. Titius wurde citiret in Person zu erschienen. Er hatte aber wenig Lust darzu und erhielt bey dem Consistorio des Fürsten da er in Diensten war, daß dieses seinethalben einkam, und die Klägerin an sie zu verweisen ersuchte. Das Consistorium für dem der Proceß schon etliche Jahr war anhängig gewesen, nahm diesen Schertz oder Compliment nicht zum Besten auf, und befahl den Herrn Titium in Arrest zu nehmen; Titius aber allegirte viel rationes, worumb er des Arrests wieder zu erlassen, bate auch drüber erkennen zu lassen. Er fande aber noch ehe das eingehohlte Urtheil zurücke kam, ein anderes sicherers Mittel, und befreyete sich des Arrests selbst. Nichtsdestoweniger wurde terminus ad publicationem sententiae angesetzt, und da Titius per Mandatarium erschiene, der Luciae mandatarius aber drauff drang, daß Titius in Person erscheinen müste, wurde der mandatarius a Consistorio abgewiesen, unerachtet das eingehohlte Urtheil erkannt hatte, daß Titius gegen Bestellung 1500. Thlr. caution des Arrests wieder erlassen seyn solte. Hiernächst mochte auch der Klägerin Luciae entweder wegen Mangel der Mittel, oder aus andern Ursachen die Zeit zu lang worden seyn, und war sie nicht mehr in loco judicii anzutreffen, ja Titius hatte ein Attestat von einen Prediger erhalten, daß Lucia von ihm begehret hätte, daß er sie schon Anno 1695. mit einer andern Mannsperson hätte trauen sollen, und wuste man also nicht, wo sich Lucia auffhielte. §. II. Die bißherige species facti giebet nun zwar Gelegenheit genung zu vielen neuen Anmerckungen, von den verwirrtẽn und langwierigen Processen in Ehesachen auch unter denen Protestirenden. Weil ich aber zum Schluß dieses dritten Theils der Juristischen Händel eile, als will ich selbige biß zu einer andern Gelegenheit aussetzen, und nur unser Responsum beyfügen, welches Titius von uns Anno 1696. in Augusto über 4. Fragen begehret hatte. Hat die L. eines Mecklers Tochter aus H. denselben anno 1691. vor dem Churfürstl. Consistorio alhier versprochener Ehe halber belanget und deren Vollziehung gesuchet; nicht weniger an das Ministerium alhier und zu D. daß solches ihm mit seiner anderwerts Verlobten nicht auffbiethen solte, inhibition ausgebracht, und es hat die Klägerin, weil die Pristerliche Trauung schon einige Tage vor insinuirter inhibition geschehen, ferner um Zertrenung der bereits vollzogenen Ehe Ansuchung gethan, und daß derselbe sich vorhero mit ihr fleischlich vermischet gehabt, vorgegeben; Ist hierauf von Churfürstl. Consistorio termin zur

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/342>, abgerufen am 23.04.2024.