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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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so ist doch leicht zu vermuthen, daß es denen Theologis nicht gefallen, daß der Pabst sie nicht für sufficient gehalten, denen Legisten zu begegnen, sondern die Canonisten als eine neue Facultät eingesetzt, und daß sie dannenhero diesen dann und wann vorgeworffen, daß sie nur Juristen wären, und sich also in Theologische Händel nicht mischen solten, der Hostiensis aber der mitten in 13. seculo floriret, da die Canonisten und Legisten sich zu vereinigen angefangen, aus einen sinnreichen Schertz sie mit diesen Gleichnüß von Maul-Esel kurtz und gut abweisen wollen. Daß ich mich aber 4.) in vorigen Paragrapho dieses Gleichnüsses nicht bedienet, ist deswegen geschehen, weil ich meine Gegen-Parthey nicht schimpffen wollen, wenn ich sie mit Pferden vergliche. Denn gleichwie ich sie für so bescheiden halte, daß sie uns Juristen weder mit Maul-Thieren noch Eseln vergleichen werden; also wolte ich auch gleichergestalt diese Grobheit nicht begehen, daß ich Evangelische Theologos, sie mögen nun sonsten von menschlichen Schwachheiten nicht befreyet seyn, wie sie wolten, mit unvernünfftigen Pferden vergleichen solte; vielmehr halte ich gäntzlich dafür, daß wir darinnen einig sind, was David sagt: Seyd nicht wie Roß und Mäuler (vielweniger wie Esel) die nicht verständig sind. u. s. w.

§. XXVII. Ich wende mich dannenhero zu der andern Classe guthertzigerNoch eine andre vernünfftige Antwort auf den ersten Einwurff. und vernünfftiger Gemüther (vide supra §. XXIII. in fine) und antworte denenselben mit Beyseit-setzung aller Reliquien des politischen Pabstthums: daß freylich auf Universitäten bey denen Protestirenden der Theologischen Facultät die Auslegung der zur Seeligkeit gehörigen Glaubens-Artickel aus heiliger Schrifft hauptsächlich und für andern Facultäten auf der Catheder zustehe; dieweil aber doch noch viele Reliquien des Pabstthums auch auf unsern Universitäten, in unsern Consistoriis und geistlichen Gerichten verhanden, die insgemein unter dem Praetext der Beförderung der Ehre GOttes und der Menschen Seeligkeit nach dem Exempel des politischen Pabstthums pflegen verdeckt zu werden, so ist zwar allen redlichen Theologis Danck zu sagen, wenn sie diese Larven entdecken; aber weil es offte sich zuträgt, daß solches nicht geschiehet, oder, daß die Theologi in diesen Stücke nicht einig sind; so kan man auch protestirenden Juristen nicht verwehren, daß sie in solchen Streitigkeiten von der Seeligkeit und vorgewendeten Ehre GOttes, als Juristen ihre Responsa ertheilen, und in geistlichen Gerichten ihre freyen vota geben, und nicht als blosse Jaherren derer Theologorum da sitzen, und dannenhero sich um das Studium der ächten vernünfftigen und friedfer-

so ist doch leicht zu vermuthen, daß es denen Theologis nicht gefallen, daß der Pabst sie nicht für sufficient gehalten, denen Legisten zu begegnen, sondern die Canonisten als eine neue Facultät eingesetzt, und daß sie dannenhero diesen dann und wann vorgeworffen, daß sie nur Juristen wären, und sich also in Theologische Händel nicht mischen solten, der Hostiensis aber der mitten in 13. seculo floriret, da die Canonisten und Legisten sich zu vereinigen angefangen, aus einen sinnreichen Schertz sie mit diesen Gleichnüß von Maul-Esel kurtz und gut abweisen wollen. Daß ich mich aber 4.) in vorigen Paragrapho dieses Gleichnüsses nicht bedienet, ist deswegen geschehen, weil ich meine Gegen-Parthey nicht schimpffen wollen, wenn ich sie mit Pferden vergliche. Denn gleichwie ich sie für so bescheiden halte, daß sie uns Juristen weder mit Maul-Thieren noch Eseln vergleichen werden; also wolte ich auch gleichergestalt diese Grobheit nicht begehen, daß ich Evangelische Theologos, sie mögen nun sonsten von menschlichen Schwachheiten nicht befreyet seyn, wie sie wolten, mit unvernünfftigen Pferden vergleichen solte; vielmehr halte ich gäntzlich dafür, daß wir darinnen einig sind, was David sagt: Seyd nicht wie Roß und Mäuler (vielweniger wie Esel) die nicht verständig sind. u. s. w.

§. XXVII. Ich wende mich dannenhero zu der andern Classe guthertzigerNoch eine andre vernünfftige Antwort auf den ersten Einwurff. und vernünfftiger Gemüther (vide supra §. XXIII. in fine) und antworte denenselben mit Beyseit-setzung aller Reliquien des politischen Pabstthums: daß freylich auf Universitäten bey denen Protestirenden der Theologischen Facultät die Auslegung der zur Seeligkeit gehörigen Glaubens-Artickel aus heiliger Schrifft hauptsächlich und für andern Facultäten auf der Catheder zustehe; dieweil aber doch noch viele Reliquien des Pabstthums auch auf unsern Universitäten, in unsern Consistoriis und geistlichen Gerichten verhanden, die insgemein unter dem Praetext der Beförderung der Ehre GOttes und der Menschen Seeligkeit nach dem Exempel des politischen Pabstthums pflegen verdeckt zu werden, so ist zwar allen redlichen Theologis Danck zu sagen, wenn sie diese Larven entdecken; aber weil es offte sich zuträgt, daß solches nicht geschiehet, oder, daß die Theologi in diesen Stücke nicht einig sind; so kan man auch protestirenden Juristen nicht verwehren, daß sie in solchen Streitigkeiten von der Seeligkeit und vorgewendeten Ehre GOttes, als Juristen ihre Responsa ertheilen, und in geistlichen Gerichten ihre freyen vota geben, und nicht als blosse Jaherren derer Theologorum da sitzen, und dannenhero sich um das Studium der ächten vernünfftigen und friedfer-

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[101/0109] so ist doch leicht zu vermuthen, daß es denen Theologis nicht gefallen, daß der Pabst sie nicht für sufficient gehalten, denen Legisten zu begegnen, sondern die Canonisten als eine neue Facultät eingesetzt, und daß sie dannenhero diesen dann und wann vorgeworffen, daß sie nur Juristen wären, und sich also in Theologische Händel nicht mischen solten, der Hostiensis aber der mitten in 13. seculo floriret, da die Canonisten und Legisten sich zu vereinigen angefangen, aus einen sinnreichen Schertz sie mit diesen Gleichnüß von Maul-Esel kurtz und gut abweisen wollen. Daß ich mich aber 4.) in vorigen Paragrapho dieses Gleichnüsses nicht bedienet, ist deswegen geschehen, weil ich meine Gegen-Parthey nicht schimpffen wollen, wenn ich sie mit Pferden vergliche. Denn gleichwie ich sie für so bescheiden halte, daß sie uns Juristen weder mit Maul-Thieren noch Eseln vergleichen werden; also wolte ich auch gleichergestalt diese Grobheit nicht begehen, daß ich Evangelische Theologos, sie mögen nun sonsten von menschlichen Schwachheiten nicht befreyet seyn, wie sie wolten, mit unvernünfftigen Pferden vergleichen solte; vielmehr halte ich gäntzlich dafür, daß wir darinnen einig sind, was David sagt: Seyd nicht wie Roß und Mäuler (vielweniger wie Esel) die nicht verständig sind. u. s. w. §. XXVII. Ich wende mich dannenhero zu der andern Classe guthertziger und vernünfftiger Gemüther (vide supra §. XXIII. in fine) und antworte denenselben mit Beyseit-setzung aller Reliquien des politischen Pabstthums: daß freylich auf Universitäten bey denen Protestirenden der Theologischen Facultät die Auslegung der zur Seeligkeit gehörigen Glaubens-Artickel aus heiliger Schrifft hauptsächlich und für andern Facultäten auf der Catheder zustehe; dieweil aber doch noch viele Reliquien des Pabstthums auch auf unsern Universitäten, in unsern Consistoriis und geistlichen Gerichten verhanden, die insgemein unter dem Praetext der Beförderung der Ehre GOttes und der Menschen Seeligkeit nach dem Exempel des politischen Pabstthums pflegen verdeckt zu werden, so ist zwar allen redlichen Theologis Danck zu sagen, wenn sie diese Larven entdecken; aber weil es offte sich zuträgt, daß solches nicht geschiehet, oder, daß die Theologi in diesen Stücke nicht einig sind; so kan man auch protestirenden Juristen nicht verwehren, daß sie in solchen Streitigkeiten von der Seeligkeit und vorgewendeten Ehre GOttes, als Juristen ihre Responsa ertheilen, und in geistlichen Gerichten ihre freyen vota geben, und nicht als blosse Jaherren derer Theologorum da sitzen, und dannenhero sich um das Studium der ächten vernünfftigen und friedfer- Noch eine andre vernünfftige Antwort auf den ersten Einwurff.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/109>, abgerufen am 29.03.2024.