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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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wart des Defensoris versiegelt, sondern auch demselben die verfaßte Urtheils-Frage zu lesen gegeben werden solle, von welchem Deciso und Landes Observantz die Herren Commissarii abzugehen nicht befugt gewesen, im übrigen juris noti, quod ea, quae contra Leges fiant, sint nulla, l. 5. C. de LL. So erscheinet daraus so viel, daß mit der Verschickung der wieder dessen Vater und Bruder ergangenen Acten von den Herren Commissariis nulliter verfahren worden, auch wenn ins künfftige dergleichen geschehen solte, so dann die erfolgende Sententz eodem nullitatis vitio Iaboriren würde, und daß dannenhero das von Jena eingeholete Urtheil zur Execution nicht gebracht werden möge, besondern ab Actis zu removiren, oder doch zum allerwenigsten dessen Vater und Bruder mit ihrer ferneren Defension dawieder zu zulassen seyen, alles V. R. W.

Erinnerung daß nicht die Ketzerey sondern die Ketzermacherey eine Missethat sey.

§. III. Ich habe bey Beantwortung der ersten Frage unter andern Erwehnung gethan, daß ich anderswo ausgeführet hätte wie die Ketzerey kein Laster sey. Denn ich hatte damahls schon das Jahr vorher Anno 1697. eine eigene Disputation von dieser Materie gehalten, und mit grosser Behutsamkeit besagte Meinung zu vertheydigen mich bemühet, indem dieser Haupt Grund des politischen Pabsithums auch bey denen Unserigen so tieff eingewurtzelt war, daß ich noch nicht rathsam fande, diese Doctrin so platterdings zu bejahen. Aber die Warheit hat nichts destoweniger bey vielen durchgedrungen, dergestalt daß Herr D. Titius zu Leipzig in seiner Anno 1701. publicirten Probe des Geistlichen Rechts nicht allein diese Doctrin ohne fernere Verdeckung weiter vertheydigte, sondern auch gar an statt der Ketzerey die [fremdsprachliches Material] orthodoxe Ketzermacherey, oder, wie er es damahls nur nennete, den Gewissens-Zwang zum Verbrechen und Laster machte, und ihn die Eyfferer ihres Grißgramens ungeachtet, dennoch nicht hindern konten, daß er nicht nachhero Professionem publicam erlanget hätte, wie aus dessen Erklärung einiger in der Probe des Geistlichen Rechts vorkommenden zweiffelhafften Stellen genungsam abzunehmen. Siehe auch die Noten über den Lancelottum p. 1970. seq.

wart des Defensoris versiegelt, sondern auch demselben die verfaßte Urtheils-Frage zu lesen gegeben werden solle, von welchem Deciso und Landes Observantz die Herren Commissarii abzugehen nicht befugt gewesen, im übrigen juris noti, quod ea, quae contra Leges fiant, sint nulla, l. 5. C. de LL. So erscheinet daraus so viel, daß mit der Verschickung der wieder dessen Vater und Bruder ergangenen Acten von den Herren Commissariis nulliter verfahren worden, auch wenn ins künfftige dergleichen geschehen solte, so dann die erfolgende Sententz eodem nullitatis vitio Iaboriren würde, und daß dannenhero das von Jena eingeholete Urtheil zur Execution nicht gebracht werden möge, besondern ab Actis zu removiren, oder doch zum allerwenigsten dessen Vater und Bruder mit ihrer ferneren Defension dawieder zu zulassen seyen, alles V. R. W.

Erinnerung daß nicht die Ketzerey sondern die Ketzermacherey eine Missethat sey.

§. III. Ich habe bey Beantwortung der ersten Frage unter andern Erwehnung gethan, daß ich anderswo ausgeführet hätte wie die Ketzerey kein Laster sey. Denn ich hatte damahls schon das Jahr vorher Anno 1697. eine eigene Disputation von dieser Materie gehalten, und mit grosser Behutsamkeit besagte Meinung zu vertheydigen mich bemühet, indem dieser Haupt Grund des politischen Pabsithums auch bey denen Unserigen so tieff eingewurtzelt war, daß ich noch nicht rathsam fande, diese Doctrin so platterdings zu bejahen. Aber die Warheit hat nichts destoweniger bey vielen durchgedrungen, dergestalt daß Herr D. Titius zu Leipzig in seiner Anno 1701. publicirten Probe des Geistlichen Rechts nicht allein diese Doctrin ohne fernere Verdeckung weiter vertheydigte, sondern auch gar an statt der Ketzerey die [fremdsprachliches Material] orthodoxe Ketzermacherey, oder, wie er es damahls nur nennete, den Gewissens-Zwang zum Verbrechen und Laster machte, und ihn die Eyfferer ihres Grißgramens ungeachtet, dennoch nicht hindern konten, daß er nicht nachhero Professionem publicam erlanget hätte, wie aus dessen Erklärung einiger in der Probe des Geistlichen Rechts vorkommenden zweiffelhafften Stellen genungsam abzunehmen. Siehe auch die Noten über den Lancelottum p. 1970. seq.

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[292/0300] wart des Defensoris versiegelt, sondern auch demselben die verfaßte Urtheils-Frage zu lesen gegeben werden solle, von welchem Deciso und Landes Observantz die Herren Commissarii abzugehen nicht befugt gewesen, im übrigen juris noti, quod ea, quae contra Leges fiant, sint nulla, l. 5. C. de LL. So erscheinet daraus so viel, daß mit der Verschickung der wieder dessen Vater und Bruder ergangenen Acten von den Herren Commissariis nulliter verfahren worden, auch wenn ins künfftige dergleichen geschehen solte, so dann die erfolgende Sententz eodem nullitatis vitio Iaboriren würde, und daß dannenhero das von Jena eingeholete Urtheil zur Execution nicht gebracht werden möge, besondern ab Actis zu removiren, oder doch zum allerwenigsten dessen Vater und Bruder mit ihrer ferneren Defension dawieder zu zulassen seyen, alles V. R. W. §. III. Ich habe bey Beantwortung der ersten Frage unter andern Erwehnung gethan, daß ich anderswo ausgeführet hätte wie die Ketzerey kein Laster sey. Denn ich hatte damahls schon das Jahr vorher Anno 1697. eine eigene Disputation von dieser Materie gehalten, und mit grosser Behutsamkeit besagte Meinung zu vertheydigen mich bemühet, indem dieser Haupt Grund des politischen Pabsithums auch bey denen Unserigen so tieff eingewurtzelt war, daß ich noch nicht rathsam fande, diese Doctrin so platterdings zu bejahen. Aber die Warheit hat nichts destoweniger bey vielen durchgedrungen, dergestalt daß Herr D. Titius zu Leipzig in seiner Anno 1701. publicirten Probe des Geistlichen Rechts nicht allein diese Doctrin ohne fernere Verdeckung weiter vertheydigte, sondern auch gar an statt der Ketzerey die _ orthodoxe Ketzermacherey, oder, wie er es damahls nur nennete, den Gewissens-Zwang zum Verbrechen und Laster machte, und ihn die Eyfferer ihres Grißgramens ungeachtet, dennoch nicht hindern konten, daß er nicht nachhero Professionem publicam erlanget hätte, wie aus dessen Erklärung einiger in der Probe des Geistlichen Rechts vorkommenden zweiffelhafften Stellen genungsam abzunehmen. Siehe auch die Noten über den Lancelottum p. 1970. seq.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/300>, abgerufen am 28.03.2024.