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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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ctum aber per hactenus dicta an sich selbst notorium und offenbar ist; und dem Bericht nach ante minas remotionis zwey andere Befehle vorher gegangen; endlich der Vorwand, daß derjenige, der auch in conscientia erronea stecke, dennoch wider diese Conscienz ohne offenbare Sünde nicht thun könne, gar leicht gehoben werden kan, wenn solche Menschen alsdann VII. Recommendirung des mere passive Verhaltens bey erfolgter Remotion.sich in so weit durchgehends mere passive verhalten, und, wenn es anders wahr ist, daß ihr Gewissen und nicht eine ihnen selbst wohlbewuste Boßheit, ihnen der Obrigkeit zu willfahren nicht zulassen solte, so dann auch die Remotion gedultig und ohne Aufwiegelung des gemeinen Volcks und anderer ihres gleichen leiden und annehmen, als worzu auch selbst ein für die aufwieglerische Meynung sonst portirter Theologus incliniret, vid. Koenig in Cas. Consc. loc. de sacra Coena sect. 1. & dict. not. 218. p. 762. massen denn alle Reguln gesunder Vernunfft, und alle nicht offenbar gottlose Rechte besagen, daß wenn Obrigkeit und Unterthanen in Gewissens-Sachen streitig sind, und beyde Partheyen ihr Gewissen vorschützen, beyderseits aber auch einander eines irrigen Gewissens beschuldigen; so dann die Unterthanen mit ihrem Gewissen der Obrigkeit, nicht aber diese jenen zu weichen schuldig Beantwortung der ersten Frage.sey. So erscheinet daraus allenthalben, daß die Herren allerdings befugt, über denen an die Prediger ertheilten Verordnungen zu halten, diese aber ihres bisher geschehenen Einwendens ungeachtet die Eheleute quaestionis zu dem H. Abendmahl anbefohlener massen zu admittiren schuldig sind.

II. Frage: wie die Sache klüglich anzufangen:

Auf die andere Frage achten wir vor Recht: wird gefragt: wie denn gegen die Prediger bey fernerer Weigerung zu verfahren? Ob es nun wohl scheinen möchte, daß die Beantwortung dieser Frage ohnvonnöthen, indem, wenn die Herren befugt sind, über ihre bereits ertheilte Verordnungen zu halten; sie auch nothwendig befugt seyn müsten, die denen Predigern angedrohete Remotion zur Execution zu bringen; D. a. d. wir nach etwas genauerer Erwegung dafür gehalten, daß diese Frage nicht so wohl auf die Befügniß oder quid juris? als auf die Nutzbarkeit des gemeinen Wesens, & quid consilii? ihr Wenn bey erfolgter Remotion ein Aufruhr etwa zu befahren?Absehen richte, hierbey aber bey denen verschwiegenen mehrern Special-Umständen wir etwan vermuthen; daß die sich weigrenden Prediger ihre Widersetzlichkeit nicht würden angefangen, noch dabey bißhero so hartnäckig würden beharret haben, wenn sie nicht, da es zum Bruch oder Remotion kommen solte, sich einer nachdrücklichen Assi-

ctum aber per hactenus dicta an sich selbst notorium und offenbar ist; und dem Bericht nach ante minas remotionis zwey andere Befehle vorher gegangen; endlich der Vorwand, daß derjenige, der auch in conscientia erronea stecke, dennoch wider diese Conscienz ohne offenbare Sünde nicht thun könne, gar leicht gehoben werden kan, wenn solche Menschen alsdann VII. Recommendirung des mere passive Verhaltens bey erfolgter Remotion.sich in so weit durchgehends mere passive verhalten, und, wenn es anders wahr ist, daß ihr Gewissen und nicht eine ihnen selbst wohlbewuste Boßheit, ihnen der Obrigkeit zu willfahren nicht zulassen solte, so dann auch die Remotion gedultig und ohne Aufwiegelung des gemeinen Volcks und anderer ihres gleichen leiden und annehmen, als worzu auch selbst ein für die aufwieglerische Meynung sonst portirter Theologus incliniret, vid. Koenig in Cas. Consc. loc. de sacra Coena sect. 1. & dict. not. 218. p. 762. massen denn alle Reguln gesunder Vernunfft, und alle nicht offenbar gottlose Rechte besagen, daß wenn Obrigkeit und Unterthanen in Gewissens-Sachen streitig sind, und beyde Partheyen ihr Gewissen vorschützen, beyderseits aber auch einander eines irrigen Gewissens beschuldigen; so dann die Unterthanen mit ihrem Gewissen der Obrigkeit, nicht aber diese jenen zu weichen schuldig Beantwortung der ersten Frage.sey. So erscheinet daraus allenthalben, daß die Herren allerdings befugt, über denen an die Prediger ertheilten Verordnungen zu halten, diese aber ihres bisher geschehenen Einwendens ungeachtet die Eheleute quaestionis zu dem H. Abendmahl anbefohlener massen zu admittiren schuldig sind.

II. Frage: wie die Sache klüglich anzufangen:

Auf die andere Frage achten wir vor Recht: wird gefragt: wie denn gegen die Prediger bey fernerer Weigerung zu verfahren? Ob es nun wohl scheinen möchte, daß die Beantwortung dieser Frage ohnvonnöthen, indem, wenn die Herren befugt sind, über ihre bereits ertheilte Verordnungen zu halten; sie auch nothwendig befugt seyn müsten, die denen Predigern angedrohete Remotion zur Execution zu bringen; D. a. d. wir nach etwas genauerer Erwegung dafür gehalten, daß diese Frage nicht so wohl auf die Befügniß oder quid juris? als auf die Nutzbarkeit des gemeinen Wesens, & quid consilii? ihr Wenn bey erfolgter Remotion ein Aufruhr etwa zu befahren?Absehen richte, hierbey aber bey denen verschwiegenen mehrern Special-Umständen wir etwan vermuthen; daß die sich weigrenden Prediger ihre Widersetzlichkeit nicht würden angefangen, noch dabey bißhero so hartnäckig würden beharret haben, wenn sie nicht, da es zum Bruch oder Remotion kommen solte, sich einer nachdrücklichen Assi-

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[302/0310] ctum aber per hactenus dicta an sich selbst notorium und offenbar ist; und dem Bericht nach ante minas remotionis zwey andere Befehle vorher gegangen; endlich der Vorwand, daß derjenige, der auch in conscientia erronea stecke, dennoch wider diese Conscienz ohne offenbare Sünde nicht thun könne, gar leicht gehoben werden kan, wenn solche Menschen alsdann sich in so weit durchgehends mere passive verhalten, und, wenn es anders wahr ist, daß ihr Gewissen und nicht eine ihnen selbst wohlbewuste Boßheit, ihnen der Obrigkeit zu willfahren nicht zulassen solte, so dann auch die Remotion gedultig und ohne Aufwiegelung des gemeinen Volcks und anderer ihres gleichen leiden und annehmen, als worzu auch selbst ein für die aufwieglerische Meynung sonst portirter Theologus incliniret, vid. Koenig in Cas. Consc. loc. de sacra Coena sect. 1. & dict. not. 218. p. 762. massen denn alle Reguln gesunder Vernunfft, und alle nicht offenbar gottlose Rechte besagen, daß wenn Obrigkeit und Unterthanen in Gewissens-Sachen streitig sind, und beyde Partheyen ihr Gewissen vorschützen, beyderseits aber auch einander eines irrigen Gewissens beschuldigen; so dann die Unterthanen mit ihrem Gewissen der Obrigkeit, nicht aber diese jenen zu weichen schuldig sey. So erscheinet daraus allenthalben, daß die Herren allerdings befugt, über denen an die Prediger ertheilten Verordnungen zu halten, diese aber ihres bisher geschehenen Einwendens ungeachtet die Eheleute quaestionis zu dem H. Abendmahl anbefohlener massen zu admittiren schuldig sind. VII. Recommendirung des mere passive Verhaltens bey erfolgter Remotion. Beantwortung der ersten Frage. Auf die andere Frage achten wir vor Recht: wird gefragt: wie denn gegen die Prediger bey fernerer Weigerung zu verfahren? Ob es nun wohl scheinen möchte, daß die Beantwortung dieser Frage ohnvonnöthen, indem, wenn die Herren befugt sind, über ihre bereits ertheilte Verordnungen zu halten; sie auch nothwendig befugt seyn müsten, die denen Predigern angedrohete Remotion zur Execution zu bringen; D. a. d. wir nach etwas genauerer Erwegung dafür gehalten, daß diese Frage nicht so wohl auf die Befügniß oder quid juris? als auf die Nutzbarkeit des gemeinen Wesens, & quid consilii? ihr Absehen richte, hierbey aber bey denen verschwiegenen mehrern Special-Umständen wir etwan vermuthen; daß die sich weigrenden Prediger ihre Widersetzlichkeit nicht würden angefangen, noch dabey bißhero so hartnäckig würden beharret haben, wenn sie nicht, da es zum Bruch oder Remotion kommen solte, sich einer nachdrücklichen Assi- Wenn bey erfolgter Remotion ein Aufruhr etwa zu befahren?

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/310>, abgerufen am 24.04.2024.