Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

Bild:
<< vorherige Seite

Wenn er ferner p. 291. für gleichgültig hält, ob ein Lutheraner seine Religion abschwöre, oder ob er ohne Abschwörung zu der Catholischen trete, hat er wohl selbst gesehen, daß man dieses assertum vor einen defectum judicii ansehen möchte, und dannenhero diesen Mangel mit einen Pflästergen überkleiben wollen, wenn er darzu gesetzt, daß er durch das in der That geschehene übertreten nichts anders verstehe, als die erste Religion vor unrecht in seinen Hertzen erkennen, und in der That also derselben absagen, wobey er aber nicht gemercket, daß durch diesen von ihm privata autoritate formirten Verstand gäntzlich von der Frage abgegangen werde, indem ich ja deutlich genug von einer Person rede, die die erste Religion in ihren Hertzen nicht für unrecht erkennet. Dergleichen handgreifliche Sophisterey ist es auch, wenn er p. 295. mein assertum, daß Lutherus nie in Willens gehabt, sich von der Catholischen Kirche abzusondern, und eine getrennete Kirche zu stifften, wenn ihm der Pabst nicht aus der Catholischen Kirche gestossen hätte, dadurch widerlegen will, wenn er schreibet: Lutherus hätte sich ungerne von der Römischen Kirche wollen trennen lassen, wenn sie nur ihre Irrthümer hätte ablegen und sich nicht wider die Wahrheit auflehnen wollen: und doch abermahl absque judicio immediate darzu setzt: Da aber die Römische Kirche sich dessen weigerte, ihn darzu als ein Ketzer verfolgte und in den Bann that, wurde er gantz anderer Meynung. Und eben so ist es auch endlich damit beschaffen, wenn er p. 297. auf mein Gleichniß von zwey Medicis antwortet, ein Lutherischer Theologus wäre zu consideriren als ein Medicus, der seiner Curen versichert wäre, ein Papistischer aber als ein Medicus, der mit gefährlichen Medicinen umgehe: gleich als ob ein Catholischer sich nicht so wohl von der Richtigkeit seiner Curen versichere, und des Lutheraners Curen für gefährlich hielte; als der Lutheraner die seinigen. Aber genug hiervon.

So ist mir auch noch ferner, nachdem dieser erste Handel allbereit gedrucket war, von einen guten Freunde eine dieses jetzige Jahr gedruckte Schrifft von 3. Bogen zugeschicket worden, in welcher der Editor, der sich Christianum Irenophilum nennet, 6. Beantwortungen derer zwey Fragen, wie sie andern vorgeleget worden, publiciret. Gleichwie ich nun dem Freunde, so mir selbige zugeschickt, für die Communication dieser Schrifft,

Wenn er ferner p. 291. für gleichgültig hält, ob ein Lutheraner seine Religion abschwöre, oder ob er ohne Abschwörung zu der Catholischen trete, hat er wohl selbst gesehen, daß man dieses assertum vor einen defectum judicii ansehen möchte, und dannenhero diesen Mangel mit einen Pflästergen überkleiben wollen, wenn er darzu gesetzt, daß er durch das in der That geschehene übertreten nichts anders verstehe, als die erste Religion vor unrecht in seinen Hertzen erkennen, und in der That also derselben absagen, wobey er aber nicht gemercket, daß durch diesen von ihm privata autoritate formirten Verstand gäntzlich von der Frage abgegangen werde, indem ich ja deutlich genug von einer Person rede, die die erste Religion in ihren Hertzen nicht für unrecht erkennet. Dergleichen handgreifliche Sophisterey ist es auch, wenn er p. 295. mein assertum, daß Lutherus nie in Willens gehabt, sich von der Catholischen Kirche abzusondern, und eine getrennete Kirche zu stifften, wenn ihm der Pabst nicht aus der Catholischen Kirche gestossen hätte, dadurch widerlegen will, wenn er schreibet: Lutherus hätte sich ungerne von der Römischen Kirche wollen trennen lassen, wenn sie nur ihre Irrthümer hätte ablegen und sich nicht wider die Wahrheit auflehnen wollen: und doch abermahl absque judicio immediate darzu setzt: Da aber die Römische Kirche sich dessen weigerte, ihn darzu als ein Ketzer verfolgte und in den Bann that, wurde er gantz anderer Meynung. Und eben so ist es auch endlich damit beschaffen, wenn er p. 297. auf mein Gleichniß von zwey Medicis antwortet, ein Lutherischer Theologus wäre zu consideriren als ein Medicus, der seiner Curen versichert wäre, ein Papistischer aber als ein Medicus, der mit gefährlichen Medicinen umgehe: gleich als ob ein Catholischer sich nicht so wohl von der Richtigkeit seiner Curen versichere, und des Lutheraners Curen für gefährlich hielte; als der Lutheraner die seinigen. Aber genug hiervon.

So ist mir auch noch ferner, nachdem dieser erste Handel allbereit gedrucket war, von einen guten Freunde eine dieses jetzige Jahr gedruckte Schrifft von 3. Bogen zugeschicket worden, in welcher der Editor, der sich Christianum Irenophilum nennet, 6. Beantwortungen derer zwey Fragen, wie sie andern vorgeleget worden, publiciret. Gleichwie ich nun dem Freunde, so mir selbige zugeschickt, für die Communication dieser Schrifft,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0006"/>
Wenn er ferner p. 291. für                      gleichgültig hält, ob ein Lutheraner seine Religion abschwöre, oder ob er ohne                      Abschwörung zu der Catholischen trete, hat er wohl selbst gesehen, daß man                      dieses assertum vor einen defectum judicii ansehen möchte, und dannenhero diesen                      Mangel mit einen Pflästergen überkleiben wollen, wenn er darzu gesetzt, daß er                      durch das in der That geschehene übertreten nichts anders verstehe, als die                      erste Religion vor unrecht in seinen Hertzen erkennen, und in der That also                      derselben absagen, wobey er aber nicht gemercket, daß durch diesen von ihm                      privata autoritate formirten Verstand gäntzlich von der Frage abgegangen werde,                      indem ich ja deutlich genug von einer Person rede, die die erste Religion in                      ihren Hertzen nicht für unrecht erkennet. Dergleichen handgreifliche Sophisterey                      ist es auch, wenn er p. 295. mein assertum, daß Lutherus nie in Willens gehabt,                      sich von der Catholischen Kirche abzusondern, und eine getrennete Kirche zu                      stifften, wenn ihm der Pabst nicht aus der Catholischen Kirche gestossen hätte,                      dadurch widerlegen will, wenn er schreibet: Lutherus hätte sich ungerne von der                      Römischen Kirche wollen trennen lassen, wenn sie nur ihre Irrthümer hätte                      ablegen und sich nicht wider die Wahrheit auflehnen wollen: und doch abermahl                      absque judicio immediate darzu setzt: Da aber die Römische Kirche sich dessen                      weigerte, ihn darzu als ein Ketzer verfolgte und in den Bann that, wurde er                      gantz anderer Meynung. Und eben so ist es auch endlich damit beschaffen, wenn er                      p. 297. auf mein Gleichniß von zwey Medicis antwortet, ein Lutherischer <hi rendition="#i">Theologus</hi> wäre zu <hi rendition="#i">considerir</hi>en                      als ein <hi rendition="#i">Medicus</hi>, der seiner Curen versichert wäre, ein                      Papistischer aber als ein <hi rendition="#i">Medicus</hi>, der mit gefährlichen <hi rendition="#i">Medicin</hi>en umgehe: gleich als ob ein Catholischer                      sich nicht so wohl von der Richtigkeit seiner Curen versichere, und des                      Lutheraners Curen für gefährlich hielte; als der Lutheraner die seinigen. Aber                      genug hiervon.</p>
        <p>So ist mir auch noch ferner, nachdem dieser erste Handel allbereit gedrucket war,                      von einen guten Freunde eine dieses jetzige Jahr gedruckte Schrifft von 3. Bogen                      zugeschicket worden, in welcher der Editor, der sich Christianum Irenophilum                      nennet, 6. Beantwortungen derer zwey Fragen, wie sie andern vorgeleget worden,                      publiciret. Gleichwie ich nun dem Freunde, so mir selbige zugeschickt, für die                      Communication dieser Schrifft,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0006] Wenn er ferner p. 291. für gleichgültig hält, ob ein Lutheraner seine Religion abschwöre, oder ob er ohne Abschwörung zu der Catholischen trete, hat er wohl selbst gesehen, daß man dieses assertum vor einen defectum judicii ansehen möchte, und dannenhero diesen Mangel mit einen Pflästergen überkleiben wollen, wenn er darzu gesetzt, daß er durch das in der That geschehene übertreten nichts anders verstehe, als die erste Religion vor unrecht in seinen Hertzen erkennen, und in der That also derselben absagen, wobey er aber nicht gemercket, daß durch diesen von ihm privata autoritate formirten Verstand gäntzlich von der Frage abgegangen werde, indem ich ja deutlich genug von einer Person rede, die die erste Religion in ihren Hertzen nicht für unrecht erkennet. Dergleichen handgreifliche Sophisterey ist es auch, wenn er p. 295. mein assertum, daß Lutherus nie in Willens gehabt, sich von der Catholischen Kirche abzusondern, und eine getrennete Kirche zu stifften, wenn ihm der Pabst nicht aus der Catholischen Kirche gestossen hätte, dadurch widerlegen will, wenn er schreibet: Lutherus hätte sich ungerne von der Römischen Kirche wollen trennen lassen, wenn sie nur ihre Irrthümer hätte ablegen und sich nicht wider die Wahrheit auflehnen wollen: und doch abermahl absque judicio immediate darzu setzt: Da aber die Römische Kirche sich dessen weigerte, ihn darzu als ein Ketzer verfolgte und in den Bann that, wurde er gantz anderer Meynung. Und eben so ist es auch endlich damit beschaffen, wenn er p. 297. auf mein Gleichniß von zwey Medicis antwortet, ein Lutherischer Theologus wäre zu consideriren als ein Medicus, der seiner Curen versichert wäre, ein Papistischer aber als ein Medicus, der mit gefährlichen Medicinen umgehe: gleich als ob ein Catholischer sich nicht so wohl von der Richtigkeit seiner Curen versichere, und des Lutheraners Curen für gefährlich hielte; als der Lutheraner die seinigen. Aber genug hiervon. So ist mir auch noch ferner, nachdem dieser erste Handel allbereit gedrucket war, von einen guten Freunde eine dieses jetzige Jahr gedruckte Schrifft von 3. Bogen zugeschicket worden, in welcher der Editor, der sich Christianum Irenophilum nennet, 6. Beantwortungen derer zwey Fragen, wie sie andern vorgeleget worden, publiciret. Gleichwie ich nun dem Freunde, so mir selbige zugeschickt, für die Communication dieser Schrifft,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/6
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/6>, abgerufen am 29.03.2024.