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[Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764.

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"und wieder in die Höhe gejagt ward --
"Sie -- die von den Zofen des ganzen Landes
"verfolgt der Ruh entgegen seufzt -- Sie,
"ich schmeichle dir nicht, wird froh seyn, an
"deiner ehrwürdigen Hand den Widerwär-
"tigkeiten der großen Welt zu entwischen --
"und ehe diese Neujahrswoche verläuft, kannst
"du für deine treue Liebe belohnt seyn -- aber
"versäume -- versäume diese unwiederbring-
"liche Zeit nicht!"

Dieß sagte er; und wie der scherzende
Ovid oft aus den Händen des geistlichen
Studenten den heiligen Cyprian verdrängt,
so verschwand itzt der Wittenbergische Dok-
tor, und Amor erschien an eben der Stelle,
und fieng lächelnd die letztern Worte des
geistlichen Schattens auf: "Aber versäume
"diese unwiederbringliche Zeit nicht, ehe der
"feindliche Hofmarschall seine Brunnencur
"schließt, und die Schönheiten wieder auf-
"sucht, die itzt sein durchwässertes Herz medi-

"cinisch

”und wieder in die Hoͤhe gejagt ward —
”Sie — die von den Zofen des ganzen Landes
”verfolgt der Ruh entgegen ſeufzt — Sie,
”ich ſchmeichle dir nicht, wird froh ſeyn, an
”deiner ehrwuͤrdigen Hand den Widerwaͤr-
”tigkeiten der großen Welt zu entwiſchen —
”und ehe dieſe Neujahrswoche verlaͤuft, kannſt
”du fuͤr deine treue Liebe belohnt ſeyn — aber
”verſaͤume — verſaͤume dieſe unwiederbring-
”liche Zeit nicht!“

Dieß ſagte er; und wie der ſcherzende
Ovid oft aus den Haͤnden des geiſtlichen
Studenten den heiligen Cyprian verdraͤngt,
ſo verſchwand itzt der Wittenbergiſche Dok-
tor, und Amor erſchien an eben der Stelle,
und fieng laͤchelnd die letztern Worte des
geiſtlichen Schattens auf: ”Aber verſaͤume
”dieſe unwiederbringliche Zeit nicht, ehe der
”feindliche Hofmarſchall ſeine Brunnencur
”ſchließt, und die Schoͤnheiten wieder auf-
”ſucht, die itzt ſein durchwaͤſſertes Herz medi-

”ciniſch
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[22/0026] ”und wieder in die Hoͤhe gejagt ward — ”Sie — die von den Zofen des ganzen Landes ”verfolgt der Ruh entgegen ſeufzt — Sie, ”ich ſchmeichle dir nicht, wird froh ſeyn, an ”deiner ehrwuͤrdigen Hand den Widerwaͤr- ”tigkeiten der großen Welt zu entwiſchen — ”und ehe dieſe Neujahrswoche verlaͤuft, kannſt ”du fuͤr deine treue Liebe belohnt ſeyn — aber ”verſaͤume — verſaͤume dieſe unwiederbring- ”liche Zeit nicht!“ Dieß ſagte er; und wie der ſcherzende Ovid oft aus den Haͤnden des geiſtlichen Studenten den heiligen Cyprian verdraͤngt, ſo verſchwand itzt der Wittenbergiſche Dok- tor, und Amor erſchien an eben der Stelle, und fieng laͤchelnd die letztern Worte des geiſtlichen Schattens auf: ”Aber verſaͤume ”dieſe unwiederbringliche Zeit nicht, ehe der ”feindliche Hofmarſchall ſeine Brunnencur ”ſchließt, und die Schoͤnheiten wieder auf- ”ſucht, die itzt ſein durchwaͤſſertes Herz medi- ”ciniſch

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Zitationshilfe: [Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuemmel_wilhelmine_1764/26>, abgerufen am 23.04.2024.