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[Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764.

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machte der Präsident seinem stotternden Ge-
schwätze durch ein ungehofftes Bene ein
freudiges Ende, und die gelehrten Herren
Beysitzer widersprachen es nicht. Sollten sie
etwan durch lange Untersuchungen sich um
die kurzen Lustbarkeiten der Messe und den
schwitzenden Candidaten ums Amt bringen?
O nein! Aus Menschenliebe hofften sie, er
würd' es schon löblich verwalten, und sie
überließen die Seelen der Bauern seiner Treue
und Gottes Barmherzigkeit. Mit meh-
rerm Rechte freut' er sich itzt, und schmei-
chelhaft fragt' er sich: Jst es nicht dein ei-
genes Verdienst, das sprödeste Mägdchen in
einem Nachmittage besiegt zu haben? Wie
wohl that ich, daß ich meinem prophetischen
Traume zufolge mich so dreust und mun-
ter bezeigte, wie die vornehme Welt es ver-
langt. Ach welch eine Liebe für mich muß
nicht in der Brust meiner Wilhelmine er-
wacht seyn, da sie sich so eilig entschließt,

den
C 3

machte der Praͤſident ſeinem ſtotternden Ge-
ſchwaͤtze durch ein ungehofftes Bene ein
freudiges Ende, und die gelehrten Herren
Beyſitzer widerſprachen es nicht. Sollten ſie
etwan durch lange Unterſuchungen ſich um
die kurzen Luſtbarkeiten der Meſſe und den
ſchwitzenden Candidaten ums Amt bringen?
O nein! Aus Menſchenliebe hofften ſie, er
wuͤrd’ es ſchon loͤblich verwalten, und ſie
uͤberließen die Seelen der Bauern ſeiner Treue
und Gottes Barmherzigkeit. Mit meh-
rerm Rechte freut’ er ſich itzt, und ſchmei-
chelhaft fragt’ er ſich: Jſt es nicht dein ei-
genes Verdienſt, das ſproͤdeſte Maͤgdchen in
einem Nachmittage beſiegt zu haben? Wie
wohl that ich, daß ich meinem prophetiſchen
Traume zufolge mich ſo dreuſt und mun-
ter bezeigte, wie die vornehme Welt es ver-
langt. Ach welch eine Liebe fuͤr mich muß
nicht in der Bruſt meiner Wilhelmine er-
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[37/0041] machte der Praͤſident ſeinem ſtotternden Ge- ſchwaͤtze durch ein ungehofftes Bene ein freudiges Ende, und die gelehrten Herren Beyſitzer widerſprachen es nicht. Sollten ſie etwan durch lange Unterſuchungen ſich um die kurzen Luſtbarkeiten der Meſſe und den ſchwitzenden Candidaten ums Amt bringen? O nein! Aus Menſchenliebe hofften ſie, er wuͤrd’ es ſchon loͤblich verwalten, und ſie uͤberließen die Seelen der Bauern ſeiner Treue und Gottes Barmherzigkeit. Mit meh- rerm Rechte freut’ er ſich itzt, und ſchmei- chelhaft fragt’ er ſich: Jſt es nicht dein ei- genes Verdienſt, das ſproͤdeſte Maͤgdchen in einem Nachmittage beſiegt zu haben? Wie wohl that ich, daß ich meinem prophetiſchen Traume zufolge mich ſo dreuſt und mun- ter bezeigte, wie die vornehme Welt es ver- langt. Ach welch eine Liebe fuͤr mich muß nicht in der Bruſt meiner Wilhelmine er- wacht ſeyn, da ſie ſich ſo eilig entſchließt, den C 3

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Zitationshilfe: [Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuemmel_wilhelmine_1764/41>, abgerufen am 25.04.2024.