Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünfte Abtheilung. Dritter Abschnitt.
und des Morgens sind sie in dem Augenblicke, da sie
aufstehen, auch gekleidet; denn den weiten Rock kön-
nen sie in einem Hui anziehen und zubinden. Beym Si-
tzen sind ebenfalls die Matten und ihre Fersen ihr Stuhl.
Denn sie setzen sich auf die Matte nieder, und legen die
Füße unter das Gesäß. Hiedurch unterscheiden sie und
die Chineser sich von den meisten andern Ostindischen
Völkern, die, wenn sie sitzen, die Beine und Füße kreutz-
weise vor sich liegen haben. Beym Essen wird für jede
Person ein kleiner viereckiger, eine halbe Elle langer und
breiter, und vier Zoll hoher Tisch hinein gebracht und hin-
gesetzt, auf welchem statt der Gabel ein kleines hölzernes
Stift, oder keins liegt, und worauf von jedem Gerichte
eine Portion in lackirten hölzernen Näpfen, die mit
einem Deckel zugedeckt sind, befindlich ist. Was sie von
Schränken, Kisten, Laden, Koffern und dergleichen ha-
ben und gebrauchen, steht alles im Packhause oder in be-
sondern Zimmern.

Bey ihrer Toilette brauchen sie kleine Schränke
mit mehreren Schubladen. Ein solcher Schrank ist eine
halbe Elle lang und wenig über eine Viertelelle hoch.
Unserm Ambassadeur wurde zu Jedo ein dergleichen
Schrank, und zwar von so genannter alter Lackirung
(vieux Lacq) zu Kauf gebracht. Er war weit besser la-
ckirt, als heut zu Tage geschieht, und die Blumen dar-
auf waren sehr erhoben, welches sich ungemein schön
ausnimmt. Dergleichen Arbeit bekommt man jetzt selten
zu sehen, noch seltner zu Kauf. Aber jenes Stück er-
stehen hieß so viel als es mit Gold aufwägen. Man for-
derte siebzig Kobang, das ist vier hundert und zwanzig
Thaler dafür. So sehr es alle neuere Arbeit dieser Art
hinter sich zurück ließ, dünkte mir doch der Unterschied
des Preises zu groß.


Fuͤnfte Abtheilung. Dritter Abſchnitt.
und des Morgens ſind ſie in dem Augenblicke, da ſie
aufſtehen, auch gekleidet; denn den weiten Rock koͤn-
nen ſie in einem Hui anziehen und zubinden. Beym Si-
tzen ſind ebenfalls die Matten und ihre Ferſen ihr Stuhl.
Denn ſie ſetzen ſich auf die Matte nieder, und legen die
Fuͤße unter das Geſaͤß. Hiedurch unterſcheiden ſie und
die Chineſer ſich von den meiſten andern Oſtindiſchen
Voͤlkern, die, wenn ſie ſitzen, die Beine und Fuͤße kreutz-
weiſe vor ſich liegen haben. Beym Eſſen wird fuͤr jede
Perſon ein kleiner viereckiger, eine halbe Elle langer und
breiter, und vier Zoll hoher Tiſch hinein gebracht und hin-
geſetzt, auf welchem ſtatt der Gabel ein kleines hoͤlzernes
Stift, oder keins liegt, und worauf von jedem Gerichte
eine Portion in lackirten hoͤlzernen Naͤpfen, die mit
einem Deckel zugedeckt ſind, befindlich iſt. Was ſie von
Schraͤnken, Kiſten, Laden, Koffern und dergleichen ha-
ben und gebrauchen, ſteht alles im Packhauſe oder in be-
ſondern Zimmern.

Bey ihrer Toilette brauchen ſie kleine Schraͤnke
mit mehreren Schubladen. Ein ſolcher Schrank iſt eine
halbe Elle lang und wenig uͤber eine Viertelelle hoch.
Unſerm Ambaſſadeur wurde zu Jedo ein dergleichen
Schrank, und zwar von ſo genannter alter Lackirung
(vieux Lacq) zu Kauf gebracht. Er war weit beſſer la-
ckirt, als heut zu Tage geſchieht, und die Blumen dar-
auf waren ſehr erhoben, welches ſich ungemein ſchoͤn
ausnimmt. Dergleichen Arbeit bekommt man jetzt ſelten
zu ſehen, noch ſeltner zu Kauf. Aber jenes Stuͤck er-
ſtehen hieß ſo viel als es mit Gold aufwaͤgen. Man for-
derte ſiebzig Kobang, das iſt vier hundert und zwanzig
Thaler dafuͤr. So ſehr es alle neuere Arbeit dieſer Art
hinter ſich zuruͤck ließ, duͤnkte mir doch der Unterſchied
des Preiſes zu groß.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0208" n="174"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Fu&#x0364;nfte Abtheilung. Dritter Ab&#x017F;chnitt.</hi></fw><lb/>
und des Morgens &#x017F;ind &#x017F;ie in dem Augenblicke, da &#x017F;ie<lb/>
auf&#x017F;tehen, auch gekleidet; denn den weiten Rock ko&#x0364;n-<lb/>
nen &#x017F;ie in einem Hui anziehen und zubinden. Beym Si-<lb/>
tzen &#x017F;ind ebenfalls die Matten und ihre Fer&#x017F;en ihr Stuhl.<lb/>
Denn &#x017F;ie &#x017F;etzen &#x017F;ich auf die Matte nieder, und legen die<lb/>
Fu&#x0364;ße unter das Ge&#x017F;a&#x0364;ß. Hiedurch unter&#x017F;cheiden &#x017F;ie und<lb/>
die Chine&#x017F;er &#x017F;ich von den mei&#x017F;ten andern O&#x017F;tindi&#x017F;chen<lb/>
Vo&#x0364;lkern, die, wenn &#x017F;ie &#x017F;itzen, die Beine und Fu&#x0364;ße kreutz-<lb/>
wei&#x017F;e vor &#x017F;ich liegen haben. Beym E&#x017F;&#x017F;en wird fu&#x0364;r jede<lb/>
Per&#x017F;on ein kleiner viereckiger, eine halbe Elle langer und<lb/>
breiter, und vier Zoll hoher Ti&#x017F;ch hinein gebracht und hin-<lb/>
ge&#x017F;etzt, auf welchem &#x017F;tatt der Gabel ein kleines ho&#x0364;lzernes<lb/>
Stift, oder keins liegt, und worauf von jedem Gerichte<lb/>
eine Portion in lackirten ho&#x0364;lzernen Na&#x0364;pfen, die mit<lb/>
einem Deckel zugedeckt &#x017F;ind, befindlich i&#x017F;t. Was &#x017F;ie von<lb/>
Schra&#x0364;nken, Ki&#x017F;ten, Laden, Koffern und dergleichen ha-<lb/>
ben und gebrauchen, &#x017F;teht alles im Packhau&#x017F;e oder in be-<lb/>
&#x017F;ondern Zimmern.</p><lb/>
          <p>Bey ihrer Toilette brauchen &#x017F;ie kleine Schra&#x0364;nke<lb/>
mit mehreren Schubladen. Ein &#x017F;olcher Schrank i&#x017F;t eine<lb/>
halbe Elle lang und wenig u&#x0364;ber eine Viertelelle hoch.<lb/>
Un&#x017F;erm Amba&#x017F;&#x017F;adeur wurde zu <placeName>Jedo</placeName> ein dergleichen<lb/>
Schrank, und zwar von &#x017F;o genannter alter Lackirung<lb/>
(<hi rendition="#aq">vieux Lacq</hi>) zu Kauf gebracht. Er war weit be&#x017F;&#x017F;er la-<lb/>
ckirt, als heut zu Tage ge&#x017F;chieht, und die Blumen dar-<lb/>
auf waren &#x017F;ehr erhoben, welches &#x017F;ich ungemein &#x017F;cho&#x0364;n<lb/>
ausnimmt. Dergleichen Arbeit bekommt man jetzt &#x017F;elten<lb/>
zu &#x017F;ehen, noch &#x017F;eltner zu Kauf. Aber jenes Stu&#x0364;ck er-<lb/>
&#x017F;tehen hieß &#x017F;o viel als es mit Gold aufwa&#x0364;gen. Man for-<lb/>
derte &#x017F;iebzig Kobang, das i&#x017F;t vier hundert und zwanzig<lb/>
Thaler dafu&#x0364;r. So &#x017F;ehr es alle neuere Arbeit die&#x017F;er Art<lb/>
hinter &#x017F;ich zuru&#x0364;ck ließ, du&#x0364;nkte mir doch der Unter&#x017F;chied<lb/>
des Prei&#x017F;es zu groß.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[174/0208] Fuͤnfte Abtheilung. Dritter Abſchnitt. und des Morgens ſind ſie in dem Augenblicke, da ſie aufſtehen, auch gekleidet; denn den weiten Rock koͤn- nen ſie in einem Hui anziehen und zubinden. Beym Si- tzen ſind ebenfalls die Matten und ihre Ferſen ihr Stuhl. Denn ſie ſetzen ſich auf die Matte nieder, und legen die Fuͤße unter das Geſaͤß. Hiedurch unterſcheiden ſie und die Chineſer ſich von den meiſten andern Oſtindiſchen Voͤlkern, die, wenn ſie ſitzen, die Beine und Fuͤße kreutz- weiſe vor ſich liegen haben. Beym Eſſen wird fuͤr jede Perſon ein kleiner viereckiger, eine halbe Elle langer und breiter, und vier Zoll hoher Tiſch hinein gebracht und hin- geſetzt, auf welchem ſtatt der Gabel ein kleines hoͤlzernes Stift, oder keins liegt, und worauf von jedem Gerichte eine Portion in lackirten hoͤlzernen Naͤpfen, die mit einem Deckel zugedeckt ſind, befindlich iſt. Was ſie von Schraͤnken, Kiſten, Laden, Koffern und dergleichen ha- ben und gebrauchen, ſteht alles im Packhauſe oder in be- ſondern Zimmern. Bey ihrer Toilette brauchen ſie kleine Schraͤnke mit mehreren Schubladen. Ein ſolcher Schrank iſt eine halbe Elle lang und wenig uͤber eine Viertelelle hoch. Unſerm Ambaſſadeur wurde zu Jedo ein dergleichen Schrank, und zwar von ſo genannter alter Lackirung (vieux Lacq) zu Kauf gebracht. Er war weit beſſer la- ckirt, als heut zu Tage geſchieht, und die Blumen dar- auf waren ſehr erhoben, welches ſich ungemein ſchoͤn ausnimmt. Dergleichen Arbeit bekommt man jetzt ſelten zu ſehen, noch ſeltner zu Kauf. Aber jenes Stuͤck er- ſtehen hieß ſo viel als es mit Gold aufwaͤgen. Man for- derte ſiebzig Kobang, das iſt vier hundert und zwanzig Thaler dafuͤr. So ſehr es alle neuere Arbeit dieſer Art hinter ſich zuruͤck ließ, duͤnkte mir doch der Unterſchied des Preiſes zu groß.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/208
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/208>, abgerufen am 01.05.2024.