Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

hinab, in welche er meine reinern Empfindun-
gen des Herzens warf. -- Und so, Eduard,
reich' ich Dir nun, wie zu einem neuen Bunde,
die Hand; vergieb mir, vergiß meine Schwä-
che, itzt soll mich der äussere Schein und eine
elende Heuchelei nicht wieder so leicht hinter-
gehn; in Louise Blainville hab' ich mich geirrt,
aber mir wird kein zweiter Irthum begegnen,
es lebt nur eine Amalie, es giebt nur ein Glück
für mich. -- Ich muß der Aussenseite der Men-
schen weniger trauen, ihr Betrug wird ihnen
sonst zu leicht gemacht, ich will Vorsicht ler-
nen, ohne sie wieder zu erkaufen.

Balder und Rosa, von denen ich Dir ge-
schrieben habe, begleiten mich nach Italien.
Rosa ist mir itzt schon viel lieber als vorher,
man muß manche Menschen nur erst so genau
kennen lernen, daß das Fremde bei ihnen ver-
schwindet, und man findet sie ganz anders, als
anfangs; eben diese Erfahrung hab' ich auch bei
Mortimer gemacht, dessen Laune mich itzt sehr
oft unterhält. -- Ja, Eduard, ich verspreche
Dir klüger zu werden, mich nicht so oft von
dunkeln Gefühlen überraschen zu lassen, sondern
mehr zu denken und mit freiem Willen zu han-

hinab, in welche er meine reinern Empfindun-
gen des Herzens warf. — Und ſo, Eduard,
reich’ ich Dir nun, wie zu einem neuen Bunde,
die Hand; vergieb mir, vergiß meine Schwaͤ-
che, itzt ſoll mich der aͤuſſere Schein und eine
elende Heuchelei nicht wieder ſo leicht hinter-
gehn; in Louiſe Blainville hab’ ich mich geirrt,
aber mir wird kein zweiter Irthum begegnen,
es lebt nur eine Amalie, es giebt nur ein Gluͤck
fuͤr mich. — Ich muß der Auſſenſeite der Men-
ſchen weniger trauen, ihr Betrug wird ihnen
ſonſt zu leicht gemacht, ich will Vorſicht ler-
nen, ohne ſie wieder zu erkaufen.

Balder und Roſa, von denen ich Dir ge-
ſchrieben habe, begleiten mich nach Italien.
Roſa iſt mir itzt ſchon viel lieber als vorher,
man muß manche Menſchen nur erſt ſo genau
kennen lernen, daß das Fremde bei ihnen ver-
ſchwindet, und man findet ſie ganz anders, als
anfangs; eben dieſe Erfahrung hab’ ich auch bei
Mortimer gemacht, deſſen Laune mich itzt ſehr
oft unterhaͤlt. — Ja, Eduard, ich verſpreche
Dir kluͤger zu werden, mich nicht ſo oft von
dunkeln Gefuͤhlen uͤberraſchen zu laſſen, ſondern
mehr zu denken und mit freiem Willen zu han-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0186" n="178[176]"/>
hinab, in welche er meine reinern Empfindun-<lb/>
gen des <choice><sic>Hexzens</sic><corr>Herzens</corr></choice> warf. &#x2014; Und &#x017F;o, Eduard,<lb/>
reich&#x2019; ich Dir nun, wie zu einem neuen Bunde,<lb/>
die Hand; vergieb mir, vergiß meine Schwa&#x0364;-<lb/>
che, itzt &#x017F;oll mich der a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ere Schein und eine<lb/>
elende Heuchelei nicht wieder &#x017F;o leicht hinter-<lb/>
gehn; in Loui&#x017F;e Blainville hab&#x2019; ich mich geirrt,<lb/>
aber mir wird kein zweiter Irthum begegnen,<lb/>
es lebt nur eine Amalie, es giebt nur ein Glu&#x0364;ck<lb/>
fu&#x0364;r mich. &#x2014; Ich muß der Au&#x017F;&#x017F;en&#x017F;eite der Men-<lb/>
&#x017F;chen weniger trauen, ihr Betrug wird ihnen<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t zu leicht gemacht, ich will Vor&#x017F;icht ler-<lb/>
nen, ohne &#x017F;ie wieder zu erkaufen.</p><lb/>
          <p>Balder und Ro&#x017F;a, von denen ich Dir ge-<lb/>
&#x017F;chrieben habe, begleiten mich nach Italien.<lb/>
Ro&#x017F;a i&#x017F;t mir itzt &#x017F;chon viel lieber als vorher,<lb/>
man muß manche Men&#x017F;chen nur er&#x017F;t &#x017F;o genau<lb/>
kennen lernen, daß das Fremde bei ihnen ver-<lb/>
&#x017F;chwindet, und man findet &#x017F;ie ganz anders, als<lb/>
anfangs; eben die&#x017F;e Erfahrung hab&#x2019; ich auch bei<lb/>
Mortimer gemacht, de&#x017F;&#x017F;en Laune mich itzt &#x017F;ehr<lb/>
oft unterha&#x0364;lt. &#x2014; Ja, Eduard, ich ver&#x017F;preche<lb/>
Dir klu&#x0364;ger zu werden, mich nicht &#x017F;o oft von<lb/>
dunkeln Gefu&#x0364;hlen u&#x0364;berra&#x017F;chen zu la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ondern<lb/>
mehr zu denken und mit freiem Willen zu han-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[178[176]/0186] hinab, in welche er meine reinern Empfindun- gen des Herzens warf. — Und ſo, Eduard, reich’ ich Dir nun, wie zu einem neuen Bunde, die Hand; vergieb mir, vergiß meine Schwaͤ- che, itzt ſoll mich der aͤuſſere Schein und eine elende Heuchelei nicht wieder ſo leicht hinter- gehn; in Louiſe Blainville hab’ ich mich geirrt, aber mir wird kein zweiter Irthum begegnen, es lebt nur eine Amalie, es giebt nur ein Gluͤck fuͤr mich. — Ich muß der Auſſenſeite der Men- ſchen weniger trauen, ihr Betrug wird ihnen ſonſt zu leicht gemacht, ich will Vorſicht ler- nen, ohne ſie wieder zu erkaufen. Balder und Roſa, von denen ich Dir ge- ſchrieben habe, begleiten mich nach Italien. Roſa iſt mir itzt ſchon viel lieber als vorher, man muß manche Menſchen nur erſt ſo genau kennen lernen, daß das Fremde bei ihnen ver- ſchwindet, und man findet ſie ganz anders, als anfangs; eben dieſe Erfahrung hab’ ich auch bei Mortimer gemacht, deſſen Laune mich itzt ſehr oft unterhaͤlt. — Ja, Eduard, ich verſpreche Dir kluͤger zu werden, mich nicht ſo oft von dunkeln Gefuͤhlen uͤberraſchen zu laſſen, ſondern mehr zu denken und mit freiem Willen zu han-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/186
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 178[176]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/186>, abgerufen am 29.03.2024.