Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

keiten ausgesetzt zu werden. Keine Beleidigung,
keine Art von Kränkung sucht man mir zu er-
sparen, meine Frau verfährt nicht einmahl mit
jener Delikatesse mit mir, die man sonst doch
selbst gegen Feinde zu beobachten sucht. Mein
Vermögen wird auf die unsinnigste Art ver-
schwendet, sie hat ihren erklärten Liebhaber, ei-
nen elenden Fanfaron, den sie bereichert, ein
Mensch, der nicht einmahl Witz und Ton ge-
nug hat, um zu gefallen. -- Eine annähernde
Auszehrung scheint meinem täglichen Verdrusse
ein Ende machen zu wollen; schon seit einigen
Wochen fühl' ich mich sehr matt, und indem
ich Ihnen schreibe, bin ich sehr schwach und
übel. Wenn Sie in Paris wären, hätt' ich
doch noch einen Freund, der mir manchmal
meine trüben Stunden etwas erheiterte; darauf
darf ich aber nicht hoffen, also leben Sie wohl.



keiten ausgeſetzt zu werden. Keine Beleidigung,
keine Art von Kraͤnkung ſucht man mir zu er-
ſparen, meine Frau verfaͤhrt nicht einmahl mit
jener Delikateſſe mit mir, die man ſonſt doch
ſelbſt gegen Feinde zu beobachten ſucht. Mein
Vermoͤgen wird auf die unſinnigſte Art ver-
ſchwendet, ſie hat ihren erklaͤrten Liebhaber, ei-
nen elenden Fanfaron, den ſie bereichert, ein
Menſch, der nicht einmahl Witz und Ton ge-
nug hat, um zu gefallen. — Eine annaͤhernde
Auszehrung ſcheint meinem taͤglichen Verdruſſe
ein Ende machen zu wollen; ſchon ſeit einigen
Wochen fuͤhl’ ich mich ſehr matt, und indem
ich Ihnen ſchreibe, bin ich ſehr ſchwach und
uͤbel. Wenn Sie in Paris waͤren, haͤtt’ ich
doch noch einen Freund, der mir manchmal
meine truͤben Stunden etwas erheiterte; darauf
darf ich aber nicht hoffen, alſo leben Sie wohl.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0300" n="292[290]"/>
keiten ausge&#x017F;etzt zu werden. Keine Beleidigung,<lb/>
keine Art von Kra&#x0364;nkung &#x017F;ucht man mir zu er-<lb/>
&#x017F;paren, meine Frau verfa&#x0364;hrt nicht einmahl mit<lb/>
jener Delikate&#x017F;&#x017F;e mit mir, die man &#x017F;on&#x017F;t doch<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t gegen Feinde zu beobachten &#x017F;ucht. Mein<lb/>
Vermo&#x0364;gen wird auf die un&#x017F;innig&#x017F;te Art ver-<lb/>
&#x017F;chwendet, &#x017F;ie hat ihren erkla&#x0364;rten Liebhaber, ei-<lb/>
nen elenden Fanfaron, den &#x017F;ie bereichert, ein<lb/>
Men&#x017F;ch, der nicht einmahl Witz und Ton ge-<lb/>
nug hat, um zu gefallen. &#x2014; Eine anna&#x0364;hernde<lb/>
Auszehrung &#x017F;cheint meinem ta&#x0364;glichen Verdru&#x017F;&#x017F;e<lb/>
ein Ende machen zu wollen; &#x017F;chon &#x017F;eit einigen<lb/>
Wochen fu&#x0364;hl&#x2019; ich mich &#x017F;ehr matt, und indem<lb/>
ich Ihnen &#x017F;chreibe, bin ich &#x017F;ehr &#x017F;chwach und<lb/>
u&#x0364;bel. Wenn Sie in Paris wa&#x0364;ren, ha&#x0364;tt&#x2019; ich<lb/>
doch noch einen Freund, der mir manchmal<lb/>
meine tru&#x0364;ben Stunden etwas erheiterte; darauf<lb/>
darf ich aber nicht hoffen, al&#x017F;o leben Sie wohl.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[292[290]/0300] keiten ausgeſetzt zu werden. Keine Beleidigung, keine Art von Kraͤnkung ſucht man mir zu er- ſparen, meine Frau verfaͤhrt nicht einmahl mit jener Delikateſſe mit mir, die man ſonſt doch ſelbſt gegen Feinde zu beobachten ſucht. Mein Vermoͤgen wird auf die unſinnigſte Art ver- ſchwendet, ſie hat ihren erklaͤrten Liebhaber, ei- nen elenden Fanfaron, den ſie bereichert, ein Menſch, der nicht einmahl Witz und Ton ge- nug hat, um zu gefallen. — Eine annaͤhernde Auszehrung ſcheint meinem taͤglichen Verdruſſe ein Ende machen zu wollen; ſchon ſeit einigen Wochen fuͤhl’ ich mich ſehr matt, und indem ich Ihnen ſchreibe, bin ich ſehr ſchwach und uͤbel. Wenn Sie in Paris waͤren, haͤtt’ ich doch noch einen Freund, der mir manchmal meine truͤben Stunden etwas erheiterte; darauf darf ich aber nicht hoffen, alſo leben Sie wohl.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/300
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 292[290]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/300>, abgerufen am 29.03.2024.