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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795.

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ich dachte dabei an Dich, guter Tom, denn Du
bist fast eben so alt, als er nun gewesen ist, --
aber ich hoffe, Gott wird Dir noch einmal einen
kleinen Vorschuß thun, wie vor zehn Jahren,
als Du die große Krankheit hattest, und ich
immer des Nachts so viel für Dich beten muß-
te. -- Dafür rechne ich nun aber auch auf Dich,
was das Beten anbetrifft, vollends da ich nun
bald in fremde Länder komme, wo man meine
Sprache nicht mehr versteht.

Ja, lieber Tom, -- Du kannst Dich immer
wundern, ging es mir doch um kein Haar besser
und ich hatt' es doch schon vorher gewußt. --
Ich soll mit meinen alten Augen noch fremde
Länder sehn, -- Italien, Frankreich, -- je nun,
wenn's nur nicht in die Türkei ist, so lange ich
noch Religionsverwandte antreffe, denk ich im-
mer noch unter guten Freunden zu seyn, wo aber
die Türken angehn, da ist es mit der Freund-
schaft aus, -- denn wer nicht meinen Gott liebt,
der kann auch mich nicht lieben, sie sollen a part
einen Gott ganz für sich haben, und des Brod
ich esse, des Lied ich singe.

Wenn ich aber meinen lieben Bruder nicht
wiedersehn sollte? Denn der Herr William sprach

ich dachte dabei an Dich, guter Tom, denn Du
biſt faſt eben ſo alt, als er nun geweſen iſt, —
aber ich hoffe, Gott wird Dir noch einmal einen
kleinen Vorſchuß thun, wie vor zehn Jahren,
als Du die große Krankheit hatteſt, und ich
immer des Nachts ſo viel fuͤr Dich beten muß-
te. — Dafuͤr rechne ich nun aber auch auf Dich,
was das Beten anbetrifft, vollends da ich nun
bald in fremde Laͤnder komme, wo man meine
Sprache nicht mehr verſteht.

Ja, lieber Tom, — Du kannſt Dich immer
wundern, ging es mir doch um kein Haar beſſer
und ich hatt’ es doch ſchon vorher gewußt. —
Ich ſoll mit meinen alten Augen noch fremde
Laͤnder ſehn, — Italien, Frankreich, — je nun,
wenn’s nur nicht in die Tuͤrkei iſt, ſo lange ich
noch Religionsverwandte antreffe, denk ich im-
mer noch unter guten Freunden zu ſeyn, wo aber
die Tuͤrken angehn, da iſt es mit der Freund-
ſchaft aus, — denn wer nicht meinen Gott liebt,
der kann auch mich nicht lieben, ſie ſollen a part
einen Gott ganz fuͤr ſich haben, und des Brod
ich eſſe, des Lied ich ſinge.

Wenn ich aber meinen lieben Bruder nicht
wiederſehn ſollte? Denn der Herr William ſprach

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[29[27]/0037] ich dachte dabei an Dich, guter Tom, denn Du biſt faſt eben ſo alt, als er nun geweſen iſt, — aber ich hoffe, Gott wird Dir noch einmal einen kleinen Vorſchuß thun, wie vor zehn Jahren, als Du die große Krankheit hatteſt, und ich immer des Nachts ſo viel fuͤr Dich beten muß- te. — Dafuͤr rechne ich nun aber auch auf Dich, was das Beten anbetrifft, vollends da ich nun bald in fremde Laͤnder komme, wo man meine Sprache nicht mehr verſteht. Ja, lieber Tom, — Du kannſt Dich immer wundern, ging es mir doch um kein Haar beſſer und ich hatt’ es doch ſchon vorher gewußt. — Ich ſoll mit meinen alten Augen noch fremde Laͤnder ſehn, — Italien, Frankreich, — je nun, wenn’s nur nicht in die Tuͤrkei iſt, ſo lange ich noch Religionsverwandte antreffe, denk ich im- mer noch unter guten Freunden zu ſeyn, wo aber die Tuͤrken angehn, da iſt es mit der Freund- ſchaft aus, — denn wer nicht meinen Gott liebt, der kann auch mich nicht lieben, ſie ſollen a part einen Gott ganz fuͤr ſich haben, und des Brod ich eſſe, des Lied ich ſinge. Wenn ich aber meinen lieben Bruder nicht wiederſehn ſollte? Denn der Herr William ſprach

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 29[27]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/37>, abgerufen am 29.03.2024.