Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite
Fortunat.
Pranger! Das Geschmeiß! kann sich nie in Staats-
geheimnisse finden!
1.Bürger. Sey er nicht grob, Bartkratzer.
Flint. Wo ist die Wache? Eklatant soll er
bestraft werden. Lästermaul! Wenn das kein Ma-
jestäts-Verbrechen ist, so verstehe ich mich wenig
auf die Politik.
2ter Bürger. Er ist und bleibt ein Flau-
senmacher. Alle solche Kerle sind immer halbe
Hansnarren.
Flint. Platz für die Damen! Platz für den
hohen Adel! -- Treten die hohen Herrschaften nur
gefälligst heran. -- Sehen meine Gnädigsten, was
die neue Zeit hervorgebracht hat. So wird künf-
tig der ganze Hof aussehn. Gelt? das ist was
anders, als die bisherige Mode, die schlumpernden,
schlotternden, unbedeutenden Lappen? Wir kom-
men weiter, wir steigen höher in die Philosophie
hinauf, und können mit Verachtung auf die vori-
gen Zeiten hinabsehn.
Ein Herr. Sonderbar genug.
Eine Dame. Allerliebst. Nun wird man
doch nicht mehr die Gestalt und das Wesen jeder
Dienstmagd haben: ich war immer über die ge-
meine Natürlichkeit erboßt. -- Kommt gleich mor-
gen zu mir, Herr -- wie heißt ihr doch gleich?
Ich habe jezt nicht Zeit zu Eurem Titel.

(geht ab.)
Herr. Herr Leibarzt, seht einmal, was da
angestiegen kommt.
Leibarzt. Wahrlich, der Herr Theodor, der
im hitzigen Fieber gelegen hat. Ei, der Patient
wagt viel, auszugehn.

Fortunat.
Pranger! Das Geſchmeiß! kann ſich nie in Staats-
geheimniſſe finden!
1.Buͤrger. Sey er nicht grob, Bartkratzer.
Flint. Wo iſt die Wache? Eklatant ſoll er
beſtraft werden. Laͤſtermaul! Wenn das kein Ma-
jeſtaͤts-Verbrechen iſt, ſo verſtehe ich mich wenig
auf die Politik.
2ter Buͤrger. Er iſt und bleibt ein Flau-
ſenmacher. Alle ſolche Kerle ſind immer halbe
Hansnarren.
Flint. Platz fuͤr die Damen! Platz fuͤr den
hohen Adel! — Treten die hohen Herrſchaften nur
gefaͤlligſt heran. — Sehen meine Gnaͤdigſten, was
die neue Zeit hervorgebracht hat. So wird kuͤnf-
tig der ganze Hof ausſehn. Gelt? das iſt was
anders, als die bisherige Mode, die ſchlumpernden,
ſchlotternden, unbedeutenden Lappen? Wir kom-
men weiter, wir ſteigen hoͤher in die Philoſophie
hinauf, und koͤnnen mit Verachtung auf die vori-
gen Zeiten hinabſehn.
Ein Herr. Sonderbar genug.
Eine Dame. Allerliebſt. Nun wird man
doch nicht mehr die Geſtalt und das Weſen jeder
Dienſtmagd haben: ich war immer uͤber die ge-
meine Natuͤrlichkeit erboßt. — Kommt gleich mor-
gen zu mir, Herr — wie heißt ihr doch gleich?
Ich habe jezt nicht Zeit zu Eurem Titel.

(geht ab.)
Herr. Herr Leibarzt, ſeht einmal, was da
angeſtiegen kommt.
Leibarzt. Wahrlich, der Herr Theodor, der
im hitzigen Fieber gelegen hat. Ei, der Patient
wagt viel, auszugehn.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <sp who="#Flint">
                <p><pb facs="#f0415" n="405"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</fw><lb/>
Pranger! Das Ge&#x017F;chmeiß! kann &#x017F;ich nie in Staats-<lb/>
geheimni&#x017F;&#x017F;e finden!</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#1Bu&#x0364;rger">
                <speaker>1.<hi rendition="#g">Bu&#x0364;rger</hi>.</speaker>
                <p>Sey er nicht grob, Bartkratzer.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Flint">
                <speaker><hi rendition="#g">Flint</hi>.</speaker>
                <p>Wo i&#x017F;t die Wache? Eklatant &#x017F;oll er<lb/>
be&#x017F;traft werden. La&#x0364;&#x017F;termaul! Wenn das kein Ma-<lb/>
je&#x017F;ta&#x0364;ts-Verbrechen i&#x017F;t, &#x017F;o ver&#x017F;tehe ich mich wenig<lb/>
auf die Politik.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#2Bu&#x0364;rger">
                <speaker>2<hi rendition="#g">ter Bu&#x0364;rger</hi>.</speaker>
                <p>Er i&#x017F;t und bleibt ein Flau-<lb/>
&#x017F;enmacher. Alle &#x017F;olche Kerle &#x017F;ind immer halbe<lb/>
Hansnarren.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Flint">
                <speaker><hi rendition="#g">Flint</hi>.</speaker>
                <p>Platz fu&#x0364;r die Damen! Platz fu&#x0364;r den<lb/>
hohen Adel! &#x2014; Treten die hohen Herr&#x017F;chaften nur<lb/>
gefa&#x0364;llig&#x017F;t heran. &#x2014; Sehen meine Gna&#x0364;dig&#x017F;ten, was<lb/>
die neue Zeit hervorgebracht hat. So wird ku&#x0364;nf-<lb/>
tig der ganze Hof aus&#x017F;ehn. Gelt? das i&#x017F;t was<lb/>
anders, als die bisherige Mode, die &#x017F;chlumpernden,<lb/>
&#x017F;chlotternden, unbedeutenden Lappen? Wir kom-<lb/>
men weiter, wir &#x017F;teigen ho&#x0364;her in die Philo&#x017F;ophie<lb/>
hinauf, und ko&#x0364;nnen mit Verachtung auf die vori-<lb/>
gen Zeiten hinab&#x017F;ehn.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Ein Herr">
                <speaker><hi rendition="#g">Ein Herr</hi>.</speaker>
                <p>Sonderbar genug.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Eine Dame">
                <speaker><hi rendition="#g">Eine Dame</hi>.</speaker>
                <p>Allerlieb&#x017F;t. Nun wird man<lb/>
doch nicht mehr die Ge&#x017F;talt und das We&#x017F;en jeder<lb/>
Dien&#x017F;tmagd haben: ich war immer u&#x0364;ber die ge-<lb/>
meine Natu&#x0364;rlichkeit erboßt. &#x2014; Kommt gleich mor-<lb/>
gen zu mir, Herr &#x2014; wie heißt ihr doch gleich?<lb/>
Ich habe jezt nicht Zeit zu Eurem Titel.</p><lb/>
                <stage> <hi rendition="#et">(geht ab.)</hi> </stage>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Herr">
                <speaker><hi rendition="#g">Herr</hi>.</speaker>
                <p>Herr Leibarzt, &#x017F;eht einmal, was da<lb/>
ange&#x017F;tiegen kommt.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Leibarzt">
                <speaker><hi rendition="#g">Leibarzt</hi>.</speaker>
                <p>Wahrlich, der Herr Theodor, der<lb/>
im hitzigen Fieber gelegen hat. Ei, der Patient<lb/>
wagt viel, auszugehn.</p>
              </sp><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[405/0415] Fortunat. Pranger! Das Geſchmeiß! kann ſich nie in Staats- geheimniſſe finden! 1.Buͤrger. Sey er nicht grob, Bartkratzer. Flint. Wo iſt die Wache? Eklatant ſoll er beſtraft werden. Laͤſtermaul! Wenn das kein Ma- jeſtaͤts-Verbrechen iſt, ſo verſtehe ich mich wenig auf die Politik. 2ter Buͤrger. Er iſt und bleibt ein Flau- ſenmacher. Alle ſolche Kerle ſind immer halbe Hansnarren. Flint. Platz fuͤr die Damen! Platz fuͤr den hohen Adel! — Treten die hohen Herrſchaften nur gefaͤlligſt heran. — Sehen meine Gnaͤdigſten, was die neue Zeit hervorgebracht hat. So wird kuͤnf- tig der ganze Hof ausſehn. Gelt? das iſt was anders, als die bisherige Mode, die ſchlumpernden, ſchlotternden, unbedeutenden Lappen? Wir kom- men weiter, wir ſteigen hoͤher in die Philoſophie hinauf, und koͤnnen mit Verachtung auf die vori- gen Zeiten hinabſehn. Ein Herr. Sonderbar genug. Eine Dame. Allerliebſt. Nun wird man doch nicht mehr die Geſtalt und das Weſen jeder Dienſtmagd haben: ich war immer uͤber die ge- meine Natuͤrlichkeit erboßt. — Kommt gleich mor- gen zu mir, Herr — wie heißt ihr doch gleich? Ich habe jezt nicht Zeit zu Eurem Titel. (geht ab.) Herr. Herr Leibarzt, ſeht einmal, was da angeſtiegen kommt. Leibarzt. Wahrlich, der Herr Theodor, der im hitzigen Fieber gelegen hat. Ei, der Patient wagt viel, auszugehn.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/415
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/415>, abgerufen am 13.10.2024.