Franz hielt sich längere Zeit in Leyden auf als er sich anfangs vorgenommen hatte, denn Meister Lukas hatte ihm einige Kon¬ terfeye zu mahlen übergeben, die Franz zu dessen Zufriedenheit beendigte. Beide hat¬ ten sich oft von der Kunst unterhalten. Franz liebte Lukas ungemein, aber doch konnte er in keiner Stunde das Vertrauen zu ihm fassen das er zu seinem Lehrer hat¬ te, er fühlte sich in seiner Gegenwart immer gedemüthigt, seine freiesten Gedanken waren gefesselt, selbst Lukas fröhliche Laune konn¬ te ihn ängstigen, weil sie von der Art wie er sich zu freuen pflegte, so gänzlich verschieden war. Er kämpfte oft mit der Verehrung, die er vor den Niederländischen Meister empfand, denn er schien ihm in manchen
Zweytes Kapitel.
Franz hielt ſich längere Zeit in Leyden auf als er ſich anfangs vorgenommen hatte, denn Meiſter Lukas hatte ihm einige Kon¬ terfeye zu mahlen übergeben, die Franz zu deſſen Zufriedenheit beendigte. Beide hat¬ ten ſich oft von der Kunſt unterhalten. Franz liebte Lukas ungemein, aber doch konnte er in keiner Stunde das Vertrauen zu ihm faſſen das er zu ſeinem Lehrer hat¬ te, er fühlte ſich in ſeiner Gegenwart immer gedemüthigt, ſeine freieſten Gedanken waren gefeſſelt, ſelbſt Lukas fröhliche Laune konn¬ te ihn ängſtigen, weil ſie von der Art wie er ſich zu freuen pflegte, ſo gänzlich verſchieden war. Er kämpfte oft mit der Verehrung, die er vor den Niederländiſchen Meiſter empfand, denn er ſchien ihm in manchen
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Zweytes Kapitel.
Franz hielt ſich längere Zeit in Leyden auf
als er ſich anfangs vorgenommen hatte,
denn Meiſter Lukas hatte ihm einige Kon¬
terfeye zu mahlen übergeben, die Franz zu
deſſen Zufriedenheit beendigte. Beide hat¬
ten ſich oft von der Kunſt unterhalten.
Franz liebte Lukas ungemein, aber doch
konnte er in keiner Stunde das Vertrauen
zu ihm faſſen das er zu ſeinem Lehrer hat¬
te, er fühlte ſich in ſeiner Gegenwart immer
gedemüthigt, ſeine freieſten Gedanken waren
gefeſſelt, ſelbſt Lukas fröhliche Laune konn¬
te ihn ängſtigen, weil ſie von der Art wie
er ſich zu freuen pflegte, ſo gänzlich verſchieden
war. Er kämpfte oft mit der Verehrung,
die er vor den Niederländiſchen Meiſter
empfand, denn er ſchien ihm in manchen
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Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/212>, abgerufen am 03.12.2023.
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