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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

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und küßte sie, die verwelkten Blumen rühr¬
ten ihn zu Thränen: ach, Du bist nun auch
verwelkt und dahin! seufzte er. Auch das
Bildniß, das er vom Berge mitgenommen
hatte, stellte er vor sich. -- Ihm fiel der
Brief der Gräfin in die Hände, den er bis
dahin ganz vergessen hatte.

Er beschloß, die Familie noch an die¬
sem Tage aufzusuchen, er fühlte ein Bedürf¬
niß nach neuen Freunden. Franz nahm den
Brief und erkundigte sich nach der Woh¬
nung, sie ward ihm bezeichnet. Die Leute,
die er suchte, lebten vor der Stadt in einem
Garten. Ein Diener empfing ihn, und lei¬
tete ihn durch angenehme Baumgänge, der
Garten war nicht groß, aber voller Obst
und Gemüse. In einem kleinem niedlichen
Gartenhause, sagte der Diener, würde er
die Tochter finden, die Mutter sey ausge¬
gangen, der Vater schon seit sechszehn Jah¬

und küßte ſie, die verwelkten Blumen rühr¬
ten ihn zu Thränen: ach, Du biſt nun auch
verwelkt und dahin! ſeufzte er. Auch das
Bildniß, das er vom Berge mitgenommen
hatte, ſtellte er vor ſich. — Ihm fiel der
Brief der Gräfin in die Hände, den er bis
dahin ganz vergeſſen hatte.

Er beſchloß, die Familie noch an die¬
ſem Tage aufzuſuchen, er fühlte ein Bedürf¬
niß nach neuen Freunden. Franz nahm den
Brief und erkundigte ſich nach der Woh¬
nung, ſie ward ihm bezeichnet. Die Leute,
die er ſuchte, lebten vor der Stadt in einem
Garten. Ein Diener empfing ihn, und lei¬
tete ihn durch angenehme Baumgänge, der
Garten war nicht groß, aber voller Obſt
und Gemüſe. In einem kleinem niedlichen
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[403/0411] und küßte ſie, die verwelkten Blumen rühr¬ ten ihn zu Thränen: ach, Du biſt nun auch verwelkt und dahin! ſeufzte er. Auch das Bildniß, das er vom Berge mitgenommen hatte, ſtellte er vor ſich. — Ihm fiel der Brief der Gräfin in die Hände, den er bis dahin ganz vergeſſen hatte. Er beſchloß, die Familie noch an die¬ ſem Tage aufzuſuchen, er fühlte ein Bedürf¬ niß nach neuen Freunden. Franz nahm den Brief und erkundigte ſich nach der Woh¬ nung, ſie ward ihm bezeichnet. Die Leute, die er ſuchte, lebten vor der Stadt in einem Garten. Ein Diener empfing ihn, und lei¬ tete ihn durch angenehme Baumgänge, der Garten war nicht groß, aber voller Obſt und Gemüſe. In einem kleinem niedlichen Gartenhauſe, ſagte der Diener, würde er die Tochter finden, die Mutter ſey ausge¬ gangen, der Vater ſchon ſeit ſechszehn Jah¬

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/411>, abgerufen am 25.04.2024.