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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

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Drittes Kapitel.

Indem Rudolf und Franz ihren Weg fort¬
setzten, sprachen sie über ihre Begleiter, die
sie verlassen hatten. Franz sagte: Ich kann
es mir nicht erklären, vom ersten Augen¬
blicke an empfand ich einen unbeschreiblichen
Widerwillen gegen diesen Bildhauer, der
sich mit jedem Worte, das er sprach, ver¬
mehrte. Selbst die freundschaftliche Art, mit
der er am Ende Abschied nahm, war mir
recht im Herzen zuwider.

Der Geistliche, antwortete Rudolf, hatte
im Gegentheil etwas Anlockendes, das gleich
mein Zutrauen gewann; er schien ein sanfter,
freundlicher Mensch, der jedem wohlwollte.

Er hätte uns, fuhr Sternbald fort, die
Geschichte des alten Mannes erzählen sollen,
von dem er sprach. Vielleicht hätte ich dar¬
aus viel für mich selbst gelernt.

D 2
Drittes Kapitel.

Indem Rudolf und Franz ihren Weg fort¬
ſetzten, ſprachen ſie über ihre Begleiter, die
ſie verlaſſen hatten. Franz ſagte: Ich kann
es mir nicht erklären, vom erſten Augen¬
blicke an empfand ich einen unbeſchreiblichen
Widerwillen gegen dieſen Bildhauer, der
ſich mit jedem Worte, das er ſprach, ver¬
mehrte. Selbſt die freundſchaftliche Art, mit
der er am Ende Abſchied nahm, war mir
recht im Herzen zuwider.

Der Geiſtliche, antwortete Rudolf, hatte
im Gegentheil etwas Anlockendes, das gleich
mein Zutrauen gewann; er ſchien ein ſanfter,
freundlicher Menſch, der jedem wohlwollte.

Er hätte uns, fuhr Sternbald fort, die
Geſchichte des alten Mannes erzählen ſollen,
von dem er ſprach. Vielleicht hätte ich dar¬
aus viel für mich ſelbſt gelernt.

D 2
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[51/0059] Drittes Kapitel. Indem Rudolf und Franz ihren Weg fort¬ ſetzten, ſprachen ſie über ihre Begleiter, die ſie verlaſſen hatten. Franz ſagte: Ich kann es mir nicht erklären, vom erſten Augen¬ blicke an empfand ich einen unbeſchreiblichen Widerwillen gegen dieſen Bildhauer, der ſich mit jedem Worte, das er ſprach, ver¬ mehrte. Selbſt die freundſchaftliche Art, mit der er am Ende Abſchied nahm, war mir recht im Herzen zuwider. Der Geiſtliche, antwortete Rudolf, hatte im Gegentheil etwas Anlockendes, das gleich mein Zutrauen gewann; er ſchien ein ſanfter, freundlicher Menſch, der jedem wohlwollte. Er hätte uns, fuhr Sternbald fort, die Geſchichte des alten Mannes erzählen ſollen, von dem er ſprach. Vielleicht hätte ich dar¬ aus viel für mich ſelbſt gelernt. D 2

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/59>, abgerufen am 25.04.2024.