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Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776.

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mit Zustimmung des Volks zum römischen Kaiser oder erhabenen Feldherren aus und salbete ihn: wobei Karl sich stellete und nachmals vorgab, als wen er das Vorhaben vorher weder gewust, noch vermuthet hätte. Es konte damals das Ansehen haben, daß der Papst und sein römisches Volk sich nunmer wenigstens dem neuen Kaiser unterwürfe, wen sie auch bisher dem ersten edeln von Rom nicht unterworfen gewesen: allein, da Karls Nachfolger nicht gleiche Fähigkeit und Macht besaßen, da des Papstes Ansehen und Anhang sehr gros worden war; so erklärte dieser das Kaiserthum für eine von ihm ertheilte Wolthat und für ein Lehn, weswegen ihm der Kaiser verpflichtet sei, den er dadurch zu seinem obersten Feldherren gemacht, also über seine andern Stathalter und Lehnsleute, die sämtliaen Könige, erhöhet habe. Wie das römische Volk und sein Papst nicht Recht gehabt hatte vom Kaiser zu Constantinopel abzufallen, also hatten sie auch kein Recht einen andern Kaiser zuernennen: doch das grichisch römische Reich war im äusersten Verfalle, das Geschlecht des Isaurischen Leons war ausgerottet und eine Mörderin ihres eigenen Sohnes herschte. Die Gewohnheit einander der Herschaft wegen zuermorden, zublenden, zuverstümmeln, daurete fort in dem Yberbleibsel des alten römischen Reiches, fand auch wol im neuen einige Nachamung: Irene hatte ihren Sohn

mit Zustimmung des Volks zum römischen Kaiser oder erhabenen Feldherren aus und salbete ihn: wobei Karl sich stellete und nachmals vorgab, als wen er das Vorhaben vorher weder gewust, noch vermuthet hätte. Es konte damals das Ansehen haben, daß der Papst und sein römisches Volk sich nunmer wenigstens dem neuen Kaiser unterwürfe, wen sie auch bisher dem ersten edeln von Rom nicht unterworfen gewesen: allein, da Karls Nachfolger nicht gleiche Fähigkeit und Macht besaßen, da des Papstes Ansehen und Anhang sehr gros worden war; so erklärte dieser das Kaiserthum für eine von ihm ertheilte Wolthat und für ein Lehn, weswegen ihm der Kaiser verpflichtet sei, den er dadurch zu seinem obersten Feldherren gemacht, also über seine andern Stathalter und Lehnsleute, die sämtliaen Könige, erhöhet habe. Wie das römische Volk und sein Papst nicht Recht gehabt hatte vom Kaiser zu Constantinopel abzufallen, also hatten sie auch kein Recht einen andern Kaiser zuernennen: doch das grichisch römische Reich war im äusersten Verfalle, das Geschlecht des Isaurischen Leons war ausgerottet und eine Mörderin ihres eigenen Sohnes herschte. Die Gewohnheit einander der Herschaft wegen zuermorden, zublenden, zuverstümmeln, daurete fort in dem Yberbleibsel des alten römischen Reiches, fand auch wol im neuen einige Nachamung: Irene hatte ihren Sohn

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[258/0270] mit Zustimmung des Volks zum römischen Kaiser oder erhabenen Feldherren aus und salbete ihn: wobei Karl sich stellete und nachmals vorgab, als wen er das Vorhaben vorher weder gewust, noch vermuthet hätte. Es konte damals das Ansehen haben, daß der Papst und sein römisches Volk sich nunmer wenigstens dem neuen Kaiser unterwürfe, wen sie auch bisher dem ersten edeln von Rom nicht unterworfen gewesen: allein, da Karls Nachfolger nicht gleiche Fähigkeit und Macht besaßen, da des Papstes Ansehen und Anhang sehr gros worden war; so erklärte dieser das Kaiserthum für eine von ihm ertheilte Wolthat und für ein Lehn, weswegen ihm der Kaiser verpflichtet sei, den er dadurch zu seinem obersten Feldherren gemacht, also über seine andern Stathalter und Lehnsleute, die sämtliaen Könige, erhöhet habe. Wie das römische Volk und sein Papst nicht Recht gehabt hatte vom Kaiser zu Constantinopel abzufallen, also hatten sie auch kein Recht einen andern Kaiser zuernennen: doch das grichisch römische Reich war im äusersten Verfalle, das Geschlecht des Isaurischen Leons war ausgerottet und eine Mörderin ihres eigenen Sohnes herschte. Die Gewohnheit einander der Herschaft wegen zuermorden, zublenden, zuverstümmeln, daurete fort in dem Yberbleibsel des alten römischen Reiches, fand auch wol im neuen einige Nachamung: Irene hatte ihren Sohn

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Zitationshilfe: Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/270>, abgerufen am 29.03.2024.