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Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert. Bd. 4: Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. Leipzig, 1889.

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XVIII. Der Herzog von Cumberland und das Staatsgrundgesetz.
sterialschreiben in Kenntniß gesetzt, erwiderte der jetzt regierende König am 29. desselben
Monats: ,Von Allem, was dieserhalb vorgekommen, sei Er nicht gehörig unterrichtet
und könne sich deshalb auch durch das neue Gesetz noch nicht gebunden halten.'"

Diese kunstvoll aus Wahrheit und Dichtung zusammengewobenen Sätze sollen offen-
bar den Eindruck erwecken, als ob der Herzog erst kurz vor dem Abschlusse des Staats-
grundgesetzes vom 26. September 1833, also etwa im Sommer 1833, davon Kenntniß
erhalten hätte. Die Wahrheit aber ist, daß König Wilhelm allerdings "eine vorgängige
Berathung" mit dem Thronfolger gehalten hat, und zwar schon im October 1831, unter
persönlicher Mitwirkung des nämlichen Geh. Raths Falcke, der nachher die Erklärung für
den Bundestag verfertigte. Bekanntlich hatte der König, auf die Bitte des Landtags
von 1831, die Gewährung einer neuen Verfassung zugesagt und zunächst durch die Re-
gierung und ihre Vertrauensmänner (Rose, Dahlmann u. A.) einen Entwurf ausarbeiten
lassen, der im Herbst dem Monarchen zur vorläufigen Genehmigung vorgelegt wurde.
Dieser Entwurf ist späterhin durch die ständischen Berathungen mannichfach umgestaltet
worden; aber er enthielt bereits jene entscheidende Reform, welche dereinst dem Könige
Ernst August den Hauptvorwand für seinen Staatsstreich bieten sollte: er bestimmte schon
die dem Landtage versprochene sogenannte Kassenvereinigung, die Verschmelzung der könig-
lichen Domänenkasse mit der ständischen Steuerkasse. Der König befahl nunmehr dem
Minister v. Ompteda und dem Geh. Rath Falcke, den Verfassungsplan dem gerade in
England anwesenden Thronfolger mitzutheilen. Nicht ohne Besorgniß sah er der Ant-
wort des Bruders entgegen, da die Verhandlungen über die Reformbill eben damals
schwebten und der Hochtory Cumberland das Whigministerium scharf bekämpfte. Wider
Erwarten bekundete aber der Herzog mündlich und schriftlich seine wärmste Anerkennung
für den Entwurf.

Am 30. October 1831 schrieb er aus Kew seinem jüngeren Bruder, dem Vizekönig
von Hannover, Herzog von Cambridge, erzählte ihm, daß er durch Ompteda und Falcke
den Entwurf erhalten habe, und fuhr fort: I must say, that it does both the King
and the government the highest honour the manner in which they have drawn
up their proposals, and there was not one single objection that I could find or
alteration to propose except in three points.
Nun zählt er seine drei Bedenken auf.
Er verwirft zum Ersten die Oeffentlichkeit der Landtagsverhandlungen, weil dann die
demokratischen Mitglieder Reden für das Publicum halten würden. Es genüge nicht,
daß die Regierung und jedes einzelne Mitglied die Abhaltung einer geheimen Sitzung
verlangen dürfe; denn durch solche Anträge errege die Regierung nur Unmuth, der ein-
zelne Abgeordnet aber werde a marked man. Zweitens tadelt der Herzog die Bewilli-
gung der Tagegelder an die Mitglieder der zweiten Kammer, wegen der Gefahr der Zeit-
vergeudung. Zum Dritten verlangt er, daß die beurlaubten Soldaten den Kriegsgesetzen
unterstellt werden sollten -- ein Bedenken, das eigentlich gar nicht zur Sache gehörte,
da der Entwurf diese Frage nur mittelbar berührte. Dann schließt er: These are the
only three points I have to remark upon, and the King, whom I saw on Friday
and who had heard my remarks in a letter from Ompteda, said: "He agreed
most perfectly and entirely with me and had stated the same to Ompteda." It
is impossible for any man to have behaved more nobly and disinterestedly than
the King has done in this whole business, and both his head and heart have
shone in this occasion. Ernest.
-- Das Lob des Edelsinnes und der Uneigennützig-
keit des Königs hatte guten Grund; denn der Verfassungsentwurf bemaß die Krondotation
für das königliche Haus sehr reichlich und bestimmte, daß sie dem im Lande wohnenden
Nachfolger voll gewährt werden sollte, während König Wilhelm, der in England blieb,
sich für seine Lebenszeit mit einer geringeren Rente begnügte.

Am folgenden Tage (Kew, 31. October 1831) schrieb der Herzog vertraulich (pri-
vate)
an den König selbst, dankte ihm für die Sendung von Ompteda und Falcke und
versicherte: I cannot sufficiently declare my perfect satisfaction in all and every

XVIII. Der Herzog von Cumberland und das Staatsgrundgeſetz.
ſterialſchreiben in Kenntniß geſetzt, erwiderte der jetzt regierende König am 29. desſelben
Monats: ‚Von Allem, was dieſerhalb vorgekommen, ſei Er nicht gehörig unterrichtet
und könne ſich deshalb auch durch das neue Geſetz noch nicht gebunden halten.‘“

Dieſe kunſtvoll aus Wahrheit und Dichtung zuſammengewobenen Sätze ſollen offen-
bar den Eindruck erwecken, als ob der Herzog erſt kurz vor dem Abſchluſſe des Staats-
grundgeſetzes vom 26. September 1833, alſo etwa im Sommer 1833, davon Kenntniß
erhalten hätte. Die Wahrheit aber iſt, daß König Wilhelm allerdings „eine vorgängige
Berathung“ mit dem Thronfolger gehalten hat, und zwar ſchon im October 1831, unter
perſönlicher Mitwirkung des nämlichen Geh. Raths Falcke, der nachher die Erklärung für
den Bundestag verfertigte. Bekanntlich hatte der König, auf die Bitte des Landtags
von 1831, die Gewährung einer neuen Verfaſſung zugeſagt und zunächſt durch die Re-
gierung und ihre Vertrauensmänner (Roſe, Dahlmann u. A.) einen Entwurf ausarbeiten
laſſen, der im Herbſt dem Monarchen zur vorläufigen Genehmigung vorgelegt wurde.
Dieſer Entwurf iſt ſpäterhin durch die ſtändiſchen Berathungen mannichfach umgeſtaltet
worden; aber er enthielt bereits jene entſcheidende Reform, welche dereinſt dem Könige
Ernſt Auguſt den Hauptvorwand für ſeinen Staatsſtreich bieten ſollte: er beſtimmte ſchon
die dem Landtage verſprochene ſogenannte Kaſſenvereinigung, die Verſchmelzung der könig-
lichen Domänenkaſſe mit der ſtändiſchen Steuerkaſſe. Der König befahl nunmehr dem
Miniſter v. Ompteda und dem Geh. Rath Falcke, den Verfaſſungsplan dem gerade in
England anweſenden Thronfolger mitzutheilen. Nicht ohne Beſorgniß ſah er der Ant-
wort des Bruders entgegen, da die Verhandlungen über die Reformbill eben damals
ſchwebten und der Hochtory Cumberland das Whigminiſterium ſcharf bekämpfte. Wider
Erwarten bekundete aber der Herzog mündlich und ſchriftlich ſeine wärmſte Anerkennung
für den Entwurf.

Am 30. October 1831 ſchrieb er aus Kew ſeinem jüngeren Bruder, dem Vizekönig
von Hannover, Herzog von Cambridge, erzählte ihm, daß er durch Ompteda und Falcke
den Entwurf erhalten habe, und fuhr fort: I must say, that it does both the King
and the government the highest honour the manner in which they have drawn
up their proposals, and there was not one single objection that I could find or
alteration to propose except in three points.
Nun zählt er ſeine drei Bedenken auf.
Er verwirft zum Erſten die Oeffentlichkeit der Landtagsverhandlungen, weil dann die
demokratiſchen Mitglieder Reden für das Publicum halten würden. Es genüge nicht,
daß die Regierung und jedes einzelne Mitglied die Abhaltung einer geheimen Sitzung
verlangen dürfe; denn durch ſolche Anträge errege die Regierung nur Unmuth, der ein-
zelne Abgeordnet aber werde a marked man. Zweitens tadelt der Herzog die Bewilli-
gung der Tagegelder an die Mitglieder der zweiten Kammer, wegen der Gefahr der Zeit-
vergeudung. Zum Dritten verlangt er, daß die beurlaubten Soldaten den Kriegsgeſetzen
unterſtellt werden ſollten — ein Bedenken, das eigentlich gar nicht zur Sache gehörte,
da der Entwurf dieſe Frage nur mittelbar berührte. Dann ſchließt er: These are the
only three points I have to remark upon, and the King, whom I saw on Friday
and who had heard my remarks in a letter from Ompteda, said: „He agreed
most perfectly and entirely with me and had stated the same to Ompteda.“ It
is impossible for any man to have behaved more nobly and disinterestedly than
the King has done in this whole business, and both his head and heart have
shone in this occasion. Ernest.
— Das Lob des Edelſinnes und der Uneigennützig-
keit des Königs hatte guten Grund; denn der Verfaſſungsentwurf bemaß die Krondotation
für das königliche Haus ſehr reichlich und beſtimmte, daß ſie dem im Lande wohnenden
Nachfolger voll gewährt werden ſollte, während König Wilhelm, der in England blieb,
ſich für ſeine Lebenszeit mit einer geringeren Rente begnügte.

Am folgenden Tage (Kew, 31. October 1831) ſchrieb der Herzog vertraulich (pri-
vate)
an den König ſelbſt, dankte ihm für die Sendung von Ompteda und Falcke und
verſicherte: I cannot sufficiently declare my perfect satisfaction in all and every

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[734/0748] XVIII. Der Herzog von Cumberland und das Staatsgrundgeſetz. ſterialſchreiben in Kenntniß geſetzt, erwiderte der jetzt regierende König am 29. desſelben Monats: ‚Von Allem, was dieſerhalb vorgekommen, ſei Er nicht gehörig unterrichtet und könne ſich deshalb auch durch das neue Geſetz noch nicht gebunden halten.‘“ Dieſe kunſtvoll aus Wahrheit und Dichtung zuſammengewobenen Sätze ſollen offen- bar den Eindruck erwecken, als ob der Herzog erſt kurz vor dem Abſchluſſe des Staats- grundgeſetzes vom 26. September 1833, alſo etwa im Sommer 1833, davon Kenntniß erhalten hätte. Die Wahrheit aber iſt, daß König Wilhelm allerdings „eine vorgängige Berathung“ mit dem Thronfolger gehalten hat, und zwar ſchon im October 1831, unter perſönlicher Mitwirkung des nämlichen Geh. Raths Falcke, der nachher die Erklärung für den Bundestag verfertigte. Bekanntlich hatte der König, auf die Bitte des Landtags von 1831, die Gewährung einer neuen Verfaſſung zugeſagt und zunächſt durch die Re- gierung und ihre Vertrauensmänner (Roſe, Dahlmann u. A.) einen Entwurf ausarbeiten laſſen, der im Herbſt dem Monarchen zur vorläufigen Genehmigung vorgelegt wurde. Dieſer Entwurf iſt ſpäterhin durch die ſtändiſchen Berathungen mannichfach umgeſtaltet worden; aber er enthielt bereits jene entſcheidende Reform, welche dereinſt dem Könige Ernſt Auguſt den Hauptvorwand für ſeinen Staatsſtreich bieten ſollte: er beſtimmte ſchon die dem Landtage verſprochene ſogenannte Kaſſenvereinigung, die Verſchmelzung der könig- lichen Domänenkaſſe mit der ſtändiſchen Steuerkaſſe. Der König befahl nunmehr dem Miniſter v. Ompteda und dem Geh. Rath Falcke, den Verfaſſungsplan dem gerade in England anweſenden Thronfolger mitzutheilen. Nicht ohne Beſorgniß ſah er der Ant- wort des Bruders entgegen, da die Verhandlungen über die Reformbill eben damals ſchwebten und der Hochtory Cumberland das Whigminiſterium ſcharf bekämpfte. Wider Erwarten bekundete aber der Herzog mündlich und ſchriftlich ſeine wärmſte Anerkennung für den Entwurf. Am 30. October 1831 ſchrieb er aus Kew ſeinem jüngeren Bruder, dem Vizekönig von Hannover, Herzog von Cambridge, erzählte ihm, daß er durch Ompteda und Falcke den Entwurf erhalten habe, und fuhr fort: I must say, that it does both the King and the government the highest honour the manner in which they have drawn up their proposals, and there was not one single objection that I could find or alteration to propose except in three points. Nun zählt er ſeine drei Bedenken auf. Er verwirft zum Erſten die Oeffentlichkeit der Landtagsverhandlungen, weil dann die demokratiſchen Mitglieder Reden für das Publicum halten würden. Es genüge nicht, daß die Regierung und jedes einzelne Mitglied die Abhaltung einer geheimen Sitzung verlangen dürfe; denn durch ſolche Anträge errege die Regierung nur Unmuth, der ein- zelne Abgeordnet aber werde a marked man. Zweitens tadelt der Herzog die Bewilli- gung der Tagegelder an die Mitglieder der zweiten Kammer, wegen der Gefahr der Zeit- vergeudung. Zum Dritten verlangt er, daß die beurlaubten Soldaten den Kriegsgeſetzen unterſtellt werden ſollten — ein Bedenken, das eigentlich gar nicht zur Sache gehörte, da der Entwurf dieſe Frage nur mittelbar berührte. Dann ſchließt er: These are the only three points I have to remark upon, and the King, whom I saw on Friday and who had heard my remarks in a letter from Ompteda, said: „He agreed most perfectly and entirely with me and had stated the same to Ompteda.“ It is impossible for any man to have behaved more nobly and disinterestedly than the King has done in this whole business, and both his head and heart have shone in this occasion. Ernest. — Das Lob des Edelſinnes und der Uneigennützig- keit des Königs hatte guten Grund; denn der Verfaſſungsentwurf bemaß die Krondotation für das königliche Haus ſehr reichlich und beſtimmte, daß ſie dem im Lande wohnenden Nachfolger voll gewährt werden ſollte, während König Wilhelm, der in England blieb, ſich für ſeine Lebenszeit mit einer geringeren Rente begnügte. Am folgenden Tage (Kew, 31. October 1831) ſchrieb der Herzog vertraulich (pri- vate) an den König ſelbſt, dankte ihm für die Sendung von Ompteda und Falcke und verſicherte: I cannot sufficiently declare my perfect satisfaction in all and every

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Zitationshilfe: Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert. Bd. 4: Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. Leipzig, 1889, S. 734. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treitschke_geschichte04_1889/748>, abgerufen am 29.03.2024.