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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 2. Göttingen, 1803.

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so ist auch in der gesammten lebenden Natur nichts
Dauerndes. Wir müssen daher eine gewisse Epoche
festsetzen, worauf sich unsere Nachforschungen
beziehen sollen. Hier wird die Gegenwart diese
Epoche seyn. Die Revolutionen, welche die le-
bende Natur erlitten hat, werden den Gegenstand
des folgenden Buchs ausmachen.

Auch dieser Bestimmung müssen wir indess noch
eine Einschränkung beyfügen. Was die lebende
Natur jetzt ist, wurde sie zum Theil durch die
Hand des Menschen. Diese säete, wo die Natur
nicht gepflanzt hatte, und bevölkerte, was leer und
öde gelassen war; diese brachte Grabesstille in Sam-
melplätze des Lebendigen, und wandelte Paradiese
in Wüsteneyen um; diese veränderte die ganze
Oberfläche, ja, die Eingeweide der Erde, und liess
wenige Spuren von dem übrig, was diese Welt
war, als das Wort der Allmacht: es werde Licht!
über sie ausgesprochen wurde. Alles aber, was
der Mensch der Natur aufdrang, kann hier kein
Gegenstand unserer Betrachtungen seyn. Es kann
uns wenig daran liegen, in welchen Welttheilen
seine verkrüppelten Hausthiere ihr armseliges Da-
seyn kümmerlich fortschleppen. Nur das ist für
uns von Wichtigkeit, welche Heimath diesen Thie-
ren von der Natur selber angewiesen wurde. Nur
in jenen Wäldern des innern Asien's und Amerika's,
die noch von keinem Beile entheiligt wurden, in

den

so ist auch in der gesammten lebenden Natur nichts
Dauerndes. Wir müssen daher eine gewisse Epoche
festsetzen, worauf sich unsere Nachforschungen
beziehen sollen. Hier wird die Gegenwart diese
Epoche seyn. Die Revolutionen, welche die le-
bende Natur erlitten hat, werden den Gegenstand
des folgenden Buchs ausmachen.

Auch dieser Bestimmung müssen wir indeſs noch
eine Einschränkung beyfügen. Was die lebende
Natur jetzt ist, wurde sie zum Theil durch die
Hand des Menschen. Diese säete, wo die Natur
nicht gepflanzt hatte, und bevölkerte, was leer und
öde gelassen war; diese brachte Grabesstille in Sam-
melplätze des Lebendigen, und wandelte Paradiese
in Wüsteneyen um; diese veränderte die ganze
Oberfläche, ja, die Eingeweide der Erde, und lieſs
wenige Spuren von dem übrig, was diese Welt
war, als das Wort der Allmacht: es werde Licht!
über sie ausgesprochen wurde. Alles aber, was
der Mensch der Natur aufdrang, kann hier kein
Gegenstand unserer Betrachtungen seyn. Es kann
uns wenig daran liegen, in welchen Welttheilen
seine verkrüppelten Hausthiere ihr armseliges Da-
seyn kümmerlich fortschleppen. Nur das ist für
uns von Wichtigkeit, welche Heimath diesen Thie-
ren von der Natur selber angewiesen wurde. Nur
in jenen Wäldern des innern Asien’s und Amerika’s,
die noch von keinem Beile entheiligt wurden, in

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[4/0014] so ist auch in der gesammten lebenden Natur nichts Dauerndes. Wir müssen daher eine gewisse Epoche festsetzen, worauf sich unsere Nachforschungen beziehen sollen. Hier wird die Gegenwart diese Epoche seyn. Die Revolutionen, welche die le- bende Natur erlitten hat, werden den Gegenstand des folgenden Buchs ausmachen. Auch dieser Bestimmung müssen wir indeſs noch eine Einschränkung beyfügen. Was die lebende Natur jetzt ist, wurde sie zum Theil durch die Hand des Menschen. Diese säete, wo die Natur nicht gepflanzt hatte, und bevölkerte, was leer und öde gelassen war; diese brachte Grabesstille in Sam- melplätze des Lebendigen, und wandelte Paradiese in Wüsteneyen um; diese veränderte die ganze Oberfläche, ja, die Eingeweide der Erde, und lieſs wenige Spuren von dem übrig, was diese Welt war, als das Wort der Allmacht: es werde Licht! über sie ausgesprochen wurde. Alles aber, was der Mensch der Natur aufdrang, kann hier kein Gegenstand unserer Betrachtungen seyn. Es kann uns wenig daran liegen, in welchen Welttheilen seine verkrüppelten Hausthiere ihr armseliges Da- seyn kümmerlich fortschleppen. Nur das ist für uns von Wichtigkeit, welche Heimath diesen Thie- ren von der Natur selber angewiesen wurde. Nur in jenen Wäldern des innern Asien’s und Amerika’s, die noch von keinem Beile entheiligt wurden, in den

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 2. Göttingen, 1803, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie02_1803/14>, abgerufen am 23.04.2024.