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Uhse, Erdmann: Wohl-informirter Poët. 2. Aufl. Leipzig, 1719.

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von der Invention.
macht wird, angetroffen werden. Auf solche Art ver-
fertigte ich einsten ein Begräbniß-Carmen auf die Frau
Schubartin, gebohrne von Hardtmannin,
wel-
ches sich also verhielt:

1.
So reißt der Himmel etwas ein,
Das er doch selbst so wohl gebauet,
Wer die Frau Schubartin beschauet,
Wird willig dieser Meynung seyn:
Sie sey ein Meisterstück gewesen,
Woraus man GOttes Kunst gelesen.
2.
Sie war von herrlicher Statur
Von sonderbaren Schönheits-Gaben,
Die viel an ihr bewundert haben;
Wie angenehm war die Figur?
So sich in Jhren Minen zeigte,
Und aller Augen zu sich neigte.
3.
Der aufgeweckete Verstand
Ließ sich in allen Worten spüren,
Die Noth must' alle Krafft verlieren,
Weil sich in Jhr viel Muth befand:
Jedoch ich mag nicht alles sagen,
Der Neid kan solches nicht vertragen.
4.
Mein GOtt, wie ists? gereut dichs nicht?
Solch herrlich Kunst, Werck zu zerstücken,
Und so gar bald ins Grab zu schicken:
Denn dieser schöne Leib zerbricht,
Da er nur zwantzig Jahr gegrünet,
Und deinem Ruhme selbst gedienet.
5. Allein

von der Invention.
macht wird, angetroffen werden. Auf ſolche Art ver-
fertigte ich einſten ein Begraͤbniß-Carmen auf die Frau
Schubartin, gebohrne von Hardtmannin,
wel-
ches ſich alſo verhielt:

1.
So reißt der Himmel etwas ein,
Das er doch ſelbſt ſo wohl gebauet,
Wer die Frau Schubartin beſchauet,
Wird willig dieſer Meynung ſeyn:
Sie ſey ein Meiſterſtuͤck geweſen,
Woraus man GOttes Kunſt geleſen.
2.
Sie war von herrlicher Statur
Von ſonderbaren Schoͤnheits-Gaben,
Die viel an ihr bewundert haben;
Wie angenehm war die Figur?
So ſich in Jhren Minen zeigte,
Und aller Augen zu ſich neigte.
3.
Der aufgeweckete Verſtand
Ließ ſich in allen Worten ſpuͤren,
Die Noth muſt’ alle Krafft verlieren,
Weil ſich in Jhr viel Muth befand:
Jedoch ich mag nicht alles ſagen,
Der Neid kan ſolches nicht vertragen.
4.
Mein GOtt, wie iſts? gereut dichs nicht?
Solch herrlich Kunſt, Werck zu zerſtuͤcken,
Und ſo gar bald ins Grab zu ſchicken:
Denn dieſer ſchoͤne Leib zerbricht,
Da er nur zwantzig Jahr gegruͤnet,
Und deinem Ruhme ſelbſt gedienet.
5. Allein
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[105/0109] von der Invention. macht wird, angetroffen werden. Auf ſolche Art ver- fertigte ich einſten ein Begraͤbniß-Carmen auf die Frau Schubartin, gebohrne von Hardtmannin, wel- ches ſich alſo verhielt: 1. So reißt der Himmel etwas ein, Das er doch ſelbſt ſo wohl gebauet, Wer die Frau Schubartin beſchauet, Wird willig dieſer Meynung ſeyn: Sie ſey ein Meiſterſtuͤck geweſen, Woraus man GOttes Kunſt geleſen. 2. Sie war von herrlicher Statur Von ſonderbaren Schoͤnheits-Gaben, Die viel an ihr bewundert haben; Wie angenehm war die Figur? So ſich in Jhren Minen zeigte, Und aller Augen zu ſich neigte. 3. Der aufgeweckete Verſtand Ließ ſich in allen Worten ſpuͤren, Die Noth muſt’ alle Krafft verlieren, Weil ſich in Jhr viel Muth befand: Jedoch ich mag nicht alles ſagen, Der Neid kan ſolches nicht vertragen. 4. Mein GOtt, wie iſts? gereut dichs nicht? Solch herrlich Kunſt, Werck zu zerſtuͤcken, Und ſo gar bald ins Grab zu ſchicken: Denn dieſer ſchoͤne Leib zerbricht, Da er nur zwantzig Jahr gegruͤnet, Und deinem Ruhme ſelbſt gedienet. 5. Allein

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Zitationshilfe: Uhse, Erdmann: Wohl-informirter Poët. 2. Aufl. Leipzig, 1719, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhse_poet_1719/109>, abgerufen am 25.04.2024.