Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Uhse, Erdmann: Wohl-informirter Poët. 2. Aufl. Leipzig, 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

Das VIII. Capitul
führung angewendet; Darnach muß ich sehen, ob ich
meine Thesin mit eben dergleichen Amplificationen aus-
putzen könne. z. e. Wir wollen folgende Zeilen eines
gewissen Poeten vor uns nehmen, welcher mehr argut,
als rein geschrieben hat:

1.
Es wird dabey wohl bleiben,
So lang' es [h]ier nur tagt,
Daß auf der Erden-Scheiben,
Ein jeder das beklagt,
Was ihm ist lieb gewesen:
Ob gleich auch mancher Held,
Bißweilen, wie wir lesen,
Sich muthig angestellt.
2.
Zwar Cato mag die Schmertzen
Verbergen, wie er mag;
Mir will es nicht zu Hertzen,
Daß er denselben Tag,
Als man den Sohn beerdet,
So keck gewesen sey,
Wie er sich hat gebärdet.
Es war nur Pralerey.
3.
Jch will hier sicher sprechen,
Wann, Künstler Momus, du
Ein Fenster soltest brechen
Hin nach dem Hertzen zu,
Du würdest ohne Brillen
Es Caton sehen an,
Wie er sein Angst und Grillen
So artlich bergen kan:
4. Ob

Das VIII. Capitul
fuͤhrung angewendet; Darnach muß ich ſehen, ob ich
meine Theſin mit eben dergleichen Amplificationen aus-
putzen koͤnne. z. e. Wir wollen folgende Zeilen eines
gewiſſen Poëten vor uns nehmen, welcher mehr argut,
als rein geſchrieben hat:

1.
Es wird dabey wohl bleiben,
So lang’ es [h]ier nur tagt,
Daß auf der Erden-Scheiben,
Ein jeder das beklagt,
Was ihm iſt lieb geweſen:
Ob gleich auch mancher Held,
Bißweilen, wie wir leſen,
Sich muthig angeſtellt.
2.
Zwar Cato mag die Schmertzen
Verbergen, wie er mag;
Mir will es nicht zu Hertzen,
Daß er denſelben Tag,
Als man den Sohn beerdet,
So keck geweſen ſey,
Wie er ſich hat gebaͤrdet.
Es war nur Pralerey.
3.
Jch will hier ſicher ſprechen,
Wann, Kuͤnſtler Momus, du
Ein Fenſter ſolteſt brechen
Hin nach dem Hertzen zu,
Du wuͤrdeſt ohne Brillen
Es Caton ſehen an,
Wie er ſein Angſt und Grillen
So artlich bergen kan:
4. Ob
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0146" n="142"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">VIII.</hi> Capitul</hi></fw><lb/>
fu&#x0364;hrung angewendet; Darnach muß ich &#x017F;ehen, ob ich<lb/>
meine <hi rendition="#aq">The&#x017F;in</hi> mit eben dergleichen <hi rendition="#aq">Amplification</hi>en aus-<lb/>
putzen ko&#x0364;nne. z. e. Wir wollen folgende Zeilen eines<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">Poëten</hi> vor uns nehmen, welcher mehr <hi rendition="#aq">argut,</hi><lb/>
als rein ge&#x017F;chrieben hat:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <head>1.</head><lb/>
              <l>Es wird dabey wohl bleiben,</l><lb/>
              <l>So lang&#x2019; es <supplied>h</supplied>ier nur tagt,</l><lb/>
              <l>Daß auf der Erden-Scheiben,</l><lb/>
              <l>Ein jeder das beklagt,</l><lb/>
              <l>Was ihm i&#x017F;t lieb gewe&#x017F;en:</l><lb/>
              <l>Ob gleich auch mancher Held,</l><lb/>
              <l>Bißweilen, wie wir le&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Sich muthig ange&#x017F;tellt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <head>2.</head><lb/>
              <l>Zwar <hi rendition="#aq">Cato</hi> mag die Schmertzen</l><lb/>
              <l>Verbergen, wie er mag;</l><lb/>
              <l>Mir will es nicht zu Hertzen,</l><lb/>
              <l>Daß er den&#x017F;elben Tag,</l><lb/>
              <l>Als man den Sohn beerdet,</l><lb/>
              <l>So keck gewe&#x017F;en &#x017F;ey,</l><lb/>
              <l>Wie er &#x017F;ich hat geba&#x0364;rdet.</l><lb/>
              <l>Es war nur Pralerey.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <head>3.</head><lb/>
              <l>Jch will hier &#x017F;icher &#x017F;prechen,</l><lb/>
              <l>Wann, Ku&#x0364;n&#x017F;tler <hi rendition="#aq">Momus,</hi> du</l><lb/>
              <l>Ein Fen&#x017F;ter &#x017F;olte&#x017F;t brechen</l><lb/>
              <l>Hin nach dem Hertzen zu,</l><lb/>
              <l>Du wu&#x0364;rde&#x017F;t ohne Brillen</l><lb/>
              <l>Es <hi rendition="#aq">Caton</hi> &#x017F;ehen an,</l><lb/>
              <l>Wie er &#x017F;ein Ang&#x017F;t und Grillen</l><lb/>
              <l>So artlich bergen kan:</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">4. Ob</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[142/0146] Das VIII. Capitul fuͤhrung angewendet; Darnach muß ich ſehen, ob ich meine Theſin mit eben dergleichen Amplificationen aus- putzen koͤnne. z. e. Wir wollen folgende Zeilen eines gewiſſen Poëten vor uns nehmen, welcher mehr argut, als rein geſchrieben hat: 1. Es wird dabey wohl bleiben, So lang’ es hier nur tagt, Daß auf der Erden-Scheiben, Ein jeder das beklagt, Was ihm iſt lieb geweſen: Ob gleich auch mancher Held, Bißweilen, wie wir leſen, Sich muthig angeſtellt. 2. Zwar Cato mag die Schmertzen Verbergen, wie er mag; Mir will es nicht zu Hertzen, Daß er denſelben Tag, Als man den Sohn beerdet, So keck geweſen ſey, Wie er ſich hat gebaͤrdet. Es war nur Pralerey. 3. Jch will hier ſicher ſprechen, Wann, Kuͤnſtler Momus, du Ein Fenſter ſolteſt brechen Hin nach dem Hertzen zu, Du wuͤrdeſt ohne Brillen Es Caton ſehen an, Wie er ſein Angſt und Grillen So artlich bergen kan: 4. Ob

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/uhse_poet_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/uhse_poet_1719/146
Zitationshilfe: Uhse, Erdmann: Wohl-informirter Poët. 2. Aufl. Leipzig, 1719, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhse_poet_1719/146>, abgerufen am 25.04.2024.