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Uhse, Erdmann: Wohl-informirter Poët. 2. Aufl. Leipzig, 1719.

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6. Welche Buchstaben können denn ver-
schlungen werden?

Alle diejenigen, welche man in Prosa verschweiget,
nemlich A. E. J. Das A. wird verschlungen in
den Worten: Daran, darauf, daraussen, daru-
ber, daroben, darum;
denn man kan sprechen:
Dran/ drauf, draussen drüber, droben, drum etc.
Das E. wird verschwiegen im Anfange, als: Gna-
de, gnau, grade, Glück
vor Genade, genau, gera-
de, Gelück;
Jn der Mitten/ also sagt man: Eh-
mann, Liebster, Schönster etc.
vor Ehemann,
Liebester, Schönester;
Am Ende, als: Lebt/
gebt, labt, habt liebt, giebt, lobt, laß, thu etc. vor
lebet, gebet, labet, habet liebet, giebet, lobet, las-
se, thue.
Das J. wird verbissen in den Wör-
tern: Heilger, Selger, etc. vor: Heiliger, Seli-
ger.

7. Wenn werden aber sonderlich am Ende
die Buchstaben verschlungen?

Wenn auf einen Vocalem ein anderer Vocalis oder
Diphthongus folget: Doch muß man allemahl die
Ohren zu Rathe ziehen, was in Prosa gebräuchlich ist.
Also sage ich gar recht:

Jch lieb' ein feines Mädgen
Das heisset Jungfer Käthgen.

Das hingegen würde nicht recht klingen:

Jch liebe ein artiges Mädgen.
Und ruffe es immer: mein Käthgen.
Jnglei-
C 3
von der Scanſion.
6. Welche Buchſtaben koͤnnen denn ver-
ſchlungen werden?

Alle diejenigen, welche man in Proſa verſchweiget,
nemlich A. E. J. Das A. wird verſchlungen in
den Worten: Daran, darauf, darauſſen, darů-
ber, daroben, darum;
denn man kan ſprechen:
Dran/ drauf, drauſſen druͤber, droben, drum ꝛc.
Das E. wird verſchwiegen im Anfange, als: Gna-
de, gnau, grade, Gluͤck
vor Genade, genau, gera-
de, Geluͤck;
Jn der Mitten/ alſo ſagt man: Eh-
mann, Liebſter, Schoͤnſter ꝛc.
vor Ehemann,
Liebeſter, Schoͤneſter;
Am Ende, als: Lebt/
gebt, labt, habt liebt, giebt, lobt, laß, thu ꝛc. vor
lebet, gebet, labet, habet liebet, giebet, lobet, laſ-
ſe, thue.
Das J. wird verbiſſen in den Woͤr-
tern: Heilger, Selger, ꝛc. vor: Heiliger, Seli-
ger.

7. Wenn werden aber ſonderlich am Ende
die Buchſtaben verſchlungen?

Wenn auf einen Vocalem ein anderer Vocalis oder
Diphthongus folget: Doch muß man allemahl die
Ohren zu Rathe ziehen, was in Proſa gebraͤuchlich iſt.
Alſo ſage ich gar recht:

Jch lieb’ ein feines Maͤdgen
Das heiſſet Jungfer Kaͤthgen.

Das hingegen wuͤrde nicht recht klingen:

Jch liebe ein artiges Maͤdgen.
Und ruffe es immer: mein Kaͤthgen.
Jnglei-
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[35/0039] von der Scanſion. 6. Welche Buchſtaben koͤnnen denn ver- ſchlungen werden? Alle diejenigen, welche man in Proſa verſchweiget, nemlich A. E. J. Das A. wird verſchlungen in den Worten: Daran, darauf, darauſſen, darů- ber, daroben, darum; denn man kan ſprechen: Dran/ drauf, drauſſen druͤber, droben, drum ꝛc. Das E. wird verſchwiegen im Anfange, als: Gna- de, gnau, grade, Gluͤck vor Genade, genau, gera- de, Geluͤck; Jn der Mitten/ alſo ſagt man: Eh- mann, Liebſter, Schoͤnſter ꝛc. vor Ehemann, Liebeſter, Schoͤneſter; Am Ende, als: Lebt/ gebt, labt, habt liebt, giebt, lobt, laß, thu ꝛc. vor lebet, gebet, labet, habet liebet, giebet, lobet, laſ- ſe, thue. Das J. wird verbiſſen in den Woͤr- tern: Heilger, Selger, ꝛc. vor: Heiliger, Seli- ger. 7. Wenn werden aber ſonderlich am Ende die Buchſtaben verſchlungen? Wenn auf einen Vocalem ein anderer Vocalis oder Diphthongus folget: Doch muß man allemahl die Ohren zu Rathe ziehen, was in Proſa gebraͤuchlich iſt. Alſo ſage ich gar recht: Jch lieb’ ein feines Maͤdgen Das heiſſet Jungfer Kaͤthgen. Das hingegen wuͤrde nicht recht klingen: Jch liebe ein artiges Maͤdgen. Und ruffe es immer: mein Kaͤthgen. Jnglei- C 3

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Zitationshilfe: Uhse, Erdmann: Wohl-informirter Poët. 2. Aufl. Leipzig, 1719, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhse_poet_1719/39>, abgerufen am 28.03.2024.