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Uhse, Erdmann: Wohl-informirter Poët. 2. Aufl. Leipzig, 1719.

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Das IV. Capitul
Das IV. Capitul
Von den Generibus der
Verse.
1. Was verstehet man durch das Genus
der Verse?

Das Genus der Verse ist nichts anders, als eine
gewisse Abtheilung der Sylben, und unterschiedene
Abwechselung der Reime und Scansion. Habe ich
nun gewisse Worte vor mir, worinnen meine gantze
Invention beruhet, und welche unverändert bleiben
müssen, so muß das Genus nach derselben Beschaffen-
heit erwehlet werden. z. e. Hätte ich die Worte: So
gehets in der Welt:
zu meiner Invention beliebet,
so würde ich das Genus Alexandrinum erwehlen.
Wolte ich diese Worte: Meinen JEsum laß ich
nicht:
in einer Arie durchführen, so würde ich das
Genus Trochaicum nehmen. Hätten mir diese Wor-
te zu meinem Grunde gefallen; Lieben hat allen
der Himmel besohlen:
So würde ich das Genus
Dactylicum
darzu anwenden, weil solche Genera ge-
dachte Worte in ihrer Freyheit unverändert lassen,
welches bey denen andern nicht so wohl angehen
würde.

2. Wie vielerley sind aber die Genera
der Verse?

Wenn man dieses wissen will, so muß man die
Beschaffenheit der Pedum, oder des Thons in denen

Wor-
Das IV. Capitul
Das IV. Capitul
Von den Generibus der
Verſe.
1. Was verſtehet man durch das Genus
der Verſe?

Das Genus der Verſe iſt nichts anders, als eine
gewiſſe Abtheilung der Sylben, und unterſchiedene
Abwechſelung der Reime und Scanſion. Habe ich
nun gewiſſe Worte vor mir, worinnen meine gantze
Invention beruhet, und welche unveraͤndert bleiben
muͤſſen, ſo muß das Genus nach derſelben Beſchaffen-
heit erwehlet werden. z. e. Haͤtte ich die Worte: So
gehets in der Welt:
zu meiner Invention beliebet,
ſo wuͤrde ich das Genus Alexandrinum erwehlen.
Wolte ich dieſe Worte: Meinen JEſum laß ich
nicht:
in einer Arie durchfuͤhren, ſo wuͤrde ich das
Genus Trochaicum nehmen. Haͤtten mir dieſe Wor-
te zu meinem Grunde gefallen; Lieben hat allen
der Himmel beſohlen:
So wuͤrde ich das Genus
Dactylicum
darzu anwenden, weil ſolche Genera ge-
dachte Worte in ihrer Freyheit unveraͤndert laſſen,
welches bey denen andern nicht ſo wohl angehen
wuͤrde.

2. Wie vielerley ſind aber die Genera
der Verſe?

Wenn man dieſes wiſſen will, ſo muß man die
Beſchaffenheit der Pedum, oder des Thons in denen

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[38/0042] Das IV. Capitul Das IV. Capitul Von den Generibus der Verſe. 1. Was verſtehet man durch das Genus der Verſe? Das Genus der Verſe iſt nichts anders, als eine gewiſſe Abtheilung der Sylben, und unterſchiedene Abwechſelung der Reime und Scanſion. Habe ich nun gewiſſe Worte vor mir, worinnen meine gantze Invention beruhet, und welche unveraͤndert bleiben muͤſſen, ſo muß das Genus nach derſelben Beſchaffen- heit erwehlet werden. z. e. Haͤtte ich die Worte: So gehets in der Welt: zu meiner Invention beliebet, ſo wuͤrde ich das Genus Alexandrinum erwehlen. Wolte ich dieſe Worte: Meinen JEſum laß ich nicht: in einer Arie durchfuͤhren, ſo wuͤrde ich das Genus Trochaicum nehmen. Haͤtten mir dieſe Wor- te zu meinem Grunde gefallen; Lieben hat allen der Himmel beſohlen: So wuͤrde ich das Genus Dactylicum darzu anwenden, weil ſolche Genera ge- dachte Worte in ihrer Freyheit unveraͤndert laſſen, welches bey denen andern nicht ſo wohl angehen wuͤrde. 2. Wie vielerley ſind aber die Genera der Verſe? Wenn man dieſes wiſſen will, ſo muß man die Beſchaffenheit der Pedum, oder des Thons in denen Wor-

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Zitationshilfe: Uhse, Erdmann: Wohl-informirter Poët. 2. Aufl. Leipzig, 1719, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhse_poet_1719/42>, abgerufen am 04.10.2024.