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Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund. Berlin, 1870.

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anwendet oder anwenden läßt, um Geständnisse oder Aussagen
zu erpressen, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft.

§. 344.

Ein Beamter, welcher vorsätzlich zum Nachtheile einer Person,
deren Unschuld ihm bekannt ist, die Eröffnung oder Fortsetzung
einer Untersuchung beantragt oder beschließt, wird mit Zucht-
haus bestraft.

§. 345.

Gleiche Strafe trifft den Beamten, welcher vorsätzlich eine
Strafe vollstrecken läßt, von der er weiß, daß sie überhaupt
nicht oder nicht der Art oder dem Maße nach vollstreckt wer-
den darf.

Ist die Handlung aus Fahrlässigkeit begangen, so tritt Ge-
fängnißstrafe oder Festungshaft bis zu Einem Jahre oder Geld-
strafe bis zu dreihundert Thalern ein.

§. 346.

Ein Beamter, welcher vermöge seines Amtes bei Ausübung
der Strafgewalt oder bei Vollstreckung der Strafe mitzuwirken
hat, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft, wenn er
in der Absicht, Jemand der gesetzlichen Strafe rechtswidrig
zu entziehen, die Verfolgung einer strafbaren Handlung unter-
läßt, oder eine Handlung begeht, welche geeignet ist, eine Frei-
sprechung oder eine dem Gesetze nicht entsprechende Bestrafung
zu bewirken, oder die Vollstreckung der ausgesprochenen Strafe
nicht betreibt, oder eine gelindere als die erkannte Strafe zur
Vollstreckung bringt.

Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß-
strafe nicht unter Einem Monat ein.

§. 347.

Ein Beamter, welcher einen Gefangenen, dessen Beaufsich-
tigung, Begleitung oder Bewachung ihm anvertraut ist, vor-
sätzlich entweichen läßt oder dessen Befreiung vorsätzlich bewirkt
oder befördert, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe
nicht unter Einem Monat ein.

Ist die Entweichung durch Fahrlässigkeit befördert oder er-
leichtert worden, so tritt Gefängnißstrafe bis zu sechs Monaten
oder Geldstrafe bis zu zweihundert Thalern ein.

anwendet oder anwenden läßt, um Geſtändniſſe oder Ausſagen
zu erpreſſen, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren beſtraft.

§. 344.

Ein Beamter, welcher vorſätzlich zum Nachtheile einer Perſon,
deren Unſchuld ihm bekannt iſt, die Eröffnung oder Fortſetzung
einer Unterſuchung beantragt oder beſchließt, wird mit Zucht-
haus beſtraft.

§. 345.

Gleiche Strafe trifft den Beamten, welcher vorſätzlich eine
Strafe vollſtrecken läßt, von der er weiß, daß ſie überhaupt
nicht oder nicht der Art oder dem Maße nach vollſtreckt wer-
den darf.

Iſt die Handlung aus Fahrläſſigkeit begangen, ſo tritt Ge-
fängnißſtrafe oder Feſtungshaft bis zu Einem Jahre oder Geld-
ſtrafe bis zu dreihundert Thalern ein.

§. 346.

Ein Beamter, welcher vermöge ſeines Amtes bei Ausübung
der Strafgewalt oder bei Vollſtreckung der Strafe mitzuwirken
hat, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren beſtraft, wenn er
in der Abſicht, Jemand der geſetzlichen Strafe rechtswidrig
zu entziehen, die Verfolgung einer ſtrafbaren Handlung unter-
läßt, oder eine Handlung begeht, welche geeignet iſt, eine Frei-
ſprechung oder eine dem Geſetze nicht entſprechende Beſtrafung
zu bewirken, oder die Vollſtreckung der ausgeſprochenen Strafe
nicht betreibt, oder eine gelindere als die erkannte Strafe zur
Vollſtreckung bringt.

Sind mildernde Umſtände vorhanden, ſo tritt Gefängniß-
ſtrafe nicht unter Einem Monat ein.

§. 347.

Ein Beamter, welcher einen Gefangenen, deſſen Beaufſich-
tigung, Begleitung oder Bewachung ihm anvertraut iſt, vor-
ſätzlich entweichen läßt oder deſſen Befreiung vorſätzlich bewirkt
oder befördert, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren beſtraft.
Sind mildernde Umſtände vorhanden, ſo tritt Gefängnißſtrafe
nicht unter Einem Monat ein.

Iſt die Entweichung durch Fahrläſſigkeit befördert oder er-
leichtert worden, ſo tritt Gefängnißſtrafe bis zu ſechs Monaten
oder Geldſtrafe bis zu zweihundert Thalern ein.

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[86/0096] anwendet oder anwenden läßt, um Geſtändniſſe oder Ausſagen zu erpreſſen, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren beſtraft. §. 344. Ein Beamter, welcher vorſätzlich zum Nachtheile einer Perſon, deren Unſchuld ihm bekannt iſt, die Eröffnung oder Fortſetzung einer Unterſuchung beantragt oder beſchließt, wird mit Zucht- haus beſtraft. §. 345. Gleiche Strafe trifft den Beamten, welcher vorſätzlich eine Strafe vollſtrecken läßt, von der er weiß, daß ſie überhaupt nicht oder nicht der Art oder dem Maße nach vollſtreckt wer- den darf. Iſt die Handlung aus Fahrläſſigkeit begangen, ſo tritt Ge- fängnißſtrafe oder Feſtungshaft bis zu Einem Jahre oder Geld- ſtrafe bis zu dreihundert Thalern ein. §. 346. Ein Beamter, welcher vermöge ſeines Amtes bei Ausübung der Strafgewalt oder bei Vollſtreckung der Strafe mitzuwirken hat, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren beſtraft, wenn er in der Abſicht, Jemand der geſetzlichen Strafe rechtswidrig zu entziehen, die Verfolgung einer ſtrafbaren Handlung unter- läßt, oder eine Handlung begeht, welche geeignet iſt, eine Frei- ſprechung oder eine dem Geſetze nicht entſprechende Beſtrafung zu bewirken, oder die Vollſtreckung der ausgeſprochenen Strafe nicht betreibt, oder eine gelindere als die erkannte Strafe zur Vollſtreckung bringt. Sind mildernde Umſtände vorhanden, ſo tritt Gefängniß- ſtrafe nicht unter Einem Monat ein. §. 347. Ein Beamter, welcher einen Gefangenen, deſſen Beaufſich- tigung, Begleitung oder Bewachung ihm anvertraut iſt, vor- ſätzlich entweichen läßt oder deſſen Befreiung vorſätzlich bewirkt oder befördert, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren beſtraft. Sind mildernde Umſtände vorhanden, ſo tritt Gefängnißſtrafe nicht unter Einem Monat ein. Iſt die Entweichung durch Fahrläſſigkeit befördert oder er- leichtert worden, ſo tritt Gefängnißſtrafe bis zu ſechs Monaten oder Geldſtrafe bis zu zweihundert Thalern ein.

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Zitationshilfe: Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund. Berlin, 1870, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unknown_strafgesetzbuch_1870/96>, abgerufen am 29.03.2024.