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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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Wirk. d. mat. Jd. durch die Nerv. in den Mechan.
äußern Empfindungen zum Theil wiederholen oder nachah-
men, §. 66. 93. zuweilen im Herzen Bewegungen erre-
gen, die Seelenwirkungen sind, z. E. wenn Einbildun-
gen, Vorhersehungen, Leidenschaften, seine Bewegung ver-
ändern, welches, wie die Erfahrung lehret, nicht selten ge-
schieht. Daß die ganze Bewegung des Herzens überhaupt
nicht blos mechanisch, sondern thierisch sey, ist von den
besten Physiologen erkannt. H. P. §. 102. 103. Allein
daß sie schlechterdings eine Seelenwirkung wäre, ist unwi-
dersprechlich falsch, da sie überhaupt fortdauren, ja wieder
erwecket werden kann, wenn das Herz aus dem Körper der
Thiere ausgeschnitten worden ist. §. 164. N. 3. Auch ist
das kein Beweis davon, daß ein äußerlicher sinnlicher Ein-
druck in seine Nervenspitzen seine Bewegung erneuret, weil
die Wirkungen des äußern sinnlichen Eindrucks, ehe er
zum Gehirn gelanget ist, nicht zu den Seelenwirkungen
der äußern Empfindungen gehören. §. 98. 162. Wenn
aber gefraget wird, ob die Bewegung des Herzens nicht
zuweilen von manchen sinnlichen Eindrücken der Vorstel-
lungen in die Ursprünge seiner Nerven, verändert werden,
mithin manche Veränderung seiner Bewegung eine See-
lenwirkung seyn könne? §. 97. so beweißt das keineswe-
ges das Gegentheil, weil keine Veränderung seiner Bewe-
gung dem Willen der Seele unterworfen ist. §. 162. 163.
Vielmehr ist es unstreitig, daß eine Veränderung der Be-
wegung des Herzens eine Seelenwirkung sey, wenn irgend
eine äußere Empfindung der Seele, oder eine andre, eigen-
mächtige Vorstellung derselben eine solche Veränderung
hervorbringt. §. 162. 163. Nun empfindet die Seele
wirklich manche äußere sinnliche Eindrücke in die Nerven
des Herzens. Sie empfindet seine heftigern Schläge, sei-
ne Verwundungen und andre schmerzhafte Reizungen. Es
erfolgen darauf stärkere Bewegungen des Herzens, und
diese sind nothwendig unmittelbare Seelenwirkungen seiner
äußern Empfindungen. §. 129. Daß seine Nervenspitzen
nicht gegen alle äußere Berührungen empfindlich sind, das

ist
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Wirk. d. mat. Jd. durch die Nerv. in den Mechan.
aͤußern Empfindungen zum Theil wiederholen oder nachah-
men, §. 66. 93. zuweilen im Herzen Bewegungen erre-
gen, die Seelenwirkungen ſind, z. E. wenn Einbildun-
gen, Vorherſehungen, Leidenſchaften, ſeine Bewegung ver-
aͤndern, welches, wie die Erfahrung lehret, nicht ſelten ge-
ſchieht. Daß die ganze Bewegung des Herzens uͤberhaupt
nicht blos mechaniſch, ſondern thieriſch ſey, iſt von den
beſten Phyſiologen erkannt. H. P. §. 102. 103. Allein
daß ſie ſchlechterdings eine Seelenwirkung waͤre, iſt unwi-
derſprechlich falſch, da ſie uͤberhaupt fortdauren, ja wieder
erwecket werden kann, wenn das Herz aus dem Koͤrper der
Thiere ausgeſchnitten worden iſt. §. 164. N. 3. Auch iſt
das kein Beweis davon, daß ein aͤußerlicher ſinnlicher Ein-
druck in ſeine Nervenſpitzen ſeine Bewegung erneuret, weil
die Wirkungen des aͤußern ſinnlichen Eindrucks, ehe er
zum Gehirn gelanget iſt, nicht zu den Seelenwirkungen
der aͤußern Empfindungen gehoͤren. §. 98. 162. Wenn
aber gefraget wird, ob die Bewegung des Herzens nicht
zuweilen von manchen ſinnlichen Eindruͤcken der Vorſtel-
lungen in die Urſpruͤnge ſeiner Nerven, veraͤndert werden,
mithin manche Veraͤnderung ſeiner Bewegung eine See-
lenwirkung ſeyn koͤnne? §. 97. ſo beweißt das keineswe-
ges das Gegentheil, weil keine Veraͤnderung ſeiner Bewe-
gung dem Willen der Seele unterworfen iſt. §. 162. 163.
Vielmehr iſt es unſtreitig, daß eine Veraͤnderung der Be-
wegung des Herzens eine Seelenwirkung ſey, wenn irgend
eine aͤußere Empfindung der Seele, oder eine andre, eigen-
maͤchtige Vorſtellung derſelben eine ſolche Veraͤnderung
hervorbringt. §. 162. 163. Nun empfindet die Seele
wirklich manche aͤußere ſinnliche Eindruͤcke in die Nerven
des Herzens. Sie empfindet ſeine heftigern Schlaͤge, ſei-
ne Verwundungen und andre ſchmerzhafte Reizungen. Es
erfolgen darauf ſtaͤrkere Bewegungen des Herzens, und
dieſe ſind nothwendig unmittelbare Seelenwirkungen ſeiner
aͤußern Empfindungen. §. 129. Daß ſeine Nervenſpitzen
nicht gegen alle aͤußere Beruͤhrungen empfindlich ſind, das

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[165/0189] Wirk. d. mat. Jd. durch die Nerv. in den Mechan. aͤußern Empfindungen zum Theil wiederholen oder nachah- men, §. 66. 93. zuweilen im Herzen Bewegungen erre- gen, die Seelenwirkungen ſind, z. E. wenn Einbildun- gen, Vorherſehungen, Leidenſchaften, ſeine Bewegung ver- aͤndern, welches, wie die Erfahrung lehret, nicht ſelten ge- ſchieht. Daß die ganze Bewegung des Herzens uͤberhaupt nicht blos mechaniſch, ſondern thieriſch ſey, iſt von den beſten Phyſiologen erkannt. H. P. §. 102. 103. Allein daß ſie ſchlechterdings eine Seelenwirkung waͤre, iſt unwi- derſprechlich falſch, da ſie uͤberhaupt fortdauren, ja wieder erwecket werden kann, wenn das Herz aus dem Koͤrper der Thiere ausgeſchnitten worden iſt. §. 164. N. 3. Auch iſt das kein Beweis davon, daß ein aͤußerlicher ſinnlicher Ein- druck in ſeine Nervenſpitzen ſeine Bewegung erneuret, weil die Wirkungen des aͤußern ſinnlichen Eindrucks, ehe er zum Gehirn gelanget iſt, nicht zu den Seelenwirkungen der aͤußern Empfindungen gehoͤren. §. 98. 162. Wenn aber gefraget wird, ob die Bewegung des Herzens nicht zuweilen von manchen ſinnlichen Eindruͤcken der Vorſtel- lungen in die Urſpruͤnge ſeiner Nerven, veraͤndert werden, mithin manche Veraͤnderung ſeiner Bewegung eine See- lenwirkung ſeyn koͤnne? §. 97. ſo beweißt das keineswe- ges das Gegentheil, weil keine Veraͤnderung ſeiner Bewe- gung dem Willen der Seele unterworfen iſt. §. 162. 163. Vielmehr iſt es unſtreitig, daß eine Veraͤnderung der Be- wegung des Herzens eine Seelenwirkung ſey, wenn irgend eine aͤußere Empfindung der Seele, oder eine andre, eigen- maͤchtige Vorſtellung derſelben eine ſolche Veraͤnderung hervorbringt. §. 162. 163. Nun empfindet die Seele wirklich manche aͤußere ſinnliche Eindruͤcke in die Nerven des Herzens. Sie empfindet ſeine heftigern Schlaͤge, ſei- ne Verwundungen und andre ſchmerzhafte Reizungen. Es erfolgen darauf ſtaͤrkere Bewegungen des Herzens, und dieſe ſind nothwendig unmittelbare Seelenwirkungen ſeiner aͤußern Empfindungen. §. 129. Daß ſeine Nervenſpitzen nicht gegen alle aͤußere Beruͤhrungen empfindlich ſind, das iſt L 3

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/189>, abgerufen am 02.05.2024.