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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.
lenwirkungen äußerer Empfindungen sind den ursprüngli-
chen subordiniret, und müssen, um manche Verwirrung
in der Erklärung der Erscheinungen in der thierischen Oe-
conomie, die von äußern Empfindungen entstehen, zu ver-
meiden, von jenen unterschieden werden. Ein Schmerz
in einem Muskel verursachet darinn einen Krampf, der ei-
ne unmittelbare Seelenwirkung von ihm ist. Dieser
Krampf aber machet einen andern heftigen Schmerz, wor-
auf Zuckungen erfolgen, die sich auf viel andre Muskeln
mit erstrecken. Diese Zuckungen sind subordinirte Seelen-
wirkungen des ersten Schmerzens. Ein Gift erreget ein
Brennen im Magen und in den Gedärmen, die sich da-
von winden und krampfhaft zusammenziehen. Dieß sind
die ursprünglichen Seelenwirkungen von der brennenden
äußern Empfindung des Gifts. Das Winden und der
Krampf des Magens und der Gedärme verursachen neue
Schmerzen, (Magenweh, Colick,) wodurch der Umlauf
im Unterleibe, die Verdauung und Fortschaffung der Spei-
sen, gehindert, der Leib verschlossen, eine Harnstrenge er-
reget wird, und die Glieder erlahmen. §. 212. Dieß sind
die subordinirten Seelenwirkungen des Brennens vom
Gifte, und die unmittelbaren des Magenweh, der Colick.
Man sieht leicht, wenn diese subordinirten wieder neue äu-
ßere Empfindungen erregen, daß dadurch abermals neue
Seelenwirkungen entstehen können, die diesen wieder subor-
diniret sind. So kann also eine einzige äußere Empfin-
dung durch sich stets subordinirt bleibende unmittelbare §.
97. 98. Seelenwirkungen, viele, ja wohl alle mechanische
Maschinen des Körpers in Wirkung setzen, wovon man in
der Erfahrung, bey schmerzhaften Krankheiten, vom Ki-
tzel, u. s. w. die häufigsten Beyspiele findet. Man muß
um deswillen, was im Folgenden von den Seelenwirkun-
gen andrer Kräfte der Seele gelehret werden soll, hierbey
wohl erwägen, daß die subordinirten äußern Empfindun-
gen der Seele, wenn sie mit den ursprünglichen zu gleicher
Zeit vorhanden sind, eine zusammengesetzte äußere Empfin-

dung

I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.
lenwirkungen aͤußerer Empfindungen ſind den urſpruͤngli-
chen ſubordiniret, und muͤſſen, um manche Verwirrung
in der Erklaͤrung der Erſcheinungen in der thieriſchen Oe-
conomie, die von aͤußern Empfindungen entſtehen, zu ver-
meiden, von jenen unterſchieden werden. Ein Schmerz
in einem Muskel verurſachet darinn einen Krampf, der ei-
ne unmittelbare Seelenwirkung von ihm iſt. Dieſer
Krampf aber machet einen andern heftigen Schmerz, wor-
auf Zuckungen erfolgen, die ſich auf viel andre Muskeln
mit erſtrecken. Dieſe Zuckungen ſind ſubordinirte Seelen-
wirkungen des erſten Schmerzens. Ein Gift erreget ein
Brennen im Magen und in den Gedaͤrmen, die ſich da-
von winden und krampfhaft zuſammenziehen. Dieß ſind
die urſpruͤnglichen Seelenwirkungen von der brennenden
aͤußern Empfindung des Gifts. Das Winden und der
Krampf des Magens und der Gedaͤrme verurſachen neue
Schmerzen, (Magenweh, Colick,) wodurch der Umlauf
im Unterleibe, die Verdauung und Fortſchaffung der Spei-
ſen, gehindert, der Leib verſchloſſen, eine Harnſtrenge er-
reget wird, und die Glieder erlahmen. §. 212. Dieß ſind
die ſubordinirten Seelenwirkungen des Brennens vom
Gifte, und die unmittelbaren des Magenweh, der Colick.
Man ſieht leicht, wenn dieſe ſubordinirten wieder neue aͤu-
ßere Empfindungen erregen, daß dadurch abermals neue
Seelenwirkungen entſtehen koͤnnen, die dieſen wieder ſubor-
diniret ſind. So kann alſo eine einzige aͤußere Empfin-
dung durch ſich ſtets ſubordinirt bleibende unmittelbare §.
97. 98. Seelenwirkungen, viele, ja wohl alle mechaniſche
Maſchinen des Koͤrpers in Wirkung ſetzen, wovon man in
der Erfahrung, bey ſchmerzhaften Krankheiten, vom Ki-
tzel, u. ſ. w. die haͤufigſten Beyſpiele findet. Man muß
um deswillen, was im Folgenden von den Seelenwirkun-
gen andrer Kraͤfte der Seele gelehret werden ſoll, hierbey
wohl erwaͤgen, daß die ſubordinirten aͤußern Empfindun-
gen der Seele, wenn ſie mit den urſpruͤnglichen zu gleicher
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[208/0232] I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan. lenwirkungen aͤußerer Empfindungen ſind den urſpruͤngli- chen ſubordiniret, und muͤſſen, um manche Verwirrung in der Erklaͤrung der Erſcheinungen in der thieriſchen Oe- conomie, die von aͤußern Empfindungen entſtehen, zu ver- meiden, von jenen unterſchieden werden. Ein Schmerz in einem Muskel verurſachet darinn einen Krampf, der ei- ne unmittelbare Seelenwirkung von ihm iſt. Dieſer Krampf aber machet einen andern heftigen Schmerz, wor- auf Zuckungen erfolgen, die ſich auf viel andre Muskeln mit erſtrecken. Dieſe Zuckungen ſind ſubordinirte Seelen- wirkungen des erſten Schmerzens. Ein Gift erreget ein Brennen im Magen und in den Gedaͤrmen, die ſich da- von winden und krampfhaft zuſammenziehen. Dieß ſind die urſpruͤnglichen Seelenwirkungen von der brennenden aͤußern Empfindung des Gifts. Das Winden und der Krampf des Magens und der Gedaͤrme verurſachen neue Schmerzen, (Magenweh, Colick,) wodurch der Umlauf im Unterleibe, die Verdauung und Fortſchaffung der Spei- ſen, gehindert, der Leib verſchloſſen, eine Harnſtrenge er- reget wird, und die Glieder erlahmen. §. 212. Dieß ſind die ſubordinirten Seelenwirkungen des Brennens vom Gifte, und die unmittelbaren des Magenweh, der Colick. Man ſieht leicht, wenn dieſe ſubordinirten wieder neue aͤu- ßere Empfindungen erregen, daß dadurch abermals neue Seelenwirkungen entſtehen koͤnnen, die dieſen wieder ſubor- diniret ſind. So kann alſo eine einzige aͤußere Empfin- dung durch ſich ſtets ſubordinirt bleibende unmittelbare §. 97. 98. Seelenwirkungen, viele, ja wohl alle mechaniſche Maſchinen des Koͤrpers in Wirkung ſetzen, wovon man in der Erfahrung, bey ſchmerzhaften Krankheiten, vom Ki- tzel, u. ſ. w. die haͤufigſten Beyſpiele findet. Man muß um deswillen, was im Folgenden von den Seelenwirkun- gen andrer Kraͤfte der Seele gelehret werden ſoll, hierbey wohl erwaͤgen, daß die ſubordinirten aͤußern Empfindun- gen der Seele, wenn ſie mit den urſpruͤnglichen zu gleicher Zeit vorhanden ſind, eine zuſammengeſetzte aͤußere Empfin- dung

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/232>, abgerufen am 28.04.2024.