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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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1 Abschn. überhaupt.
der andern Theile, oder die Nervenzweige, oder die ablei-
tenden Nervenfaden des berührten Theils herwärts vom
Gehirne innerlich sinnlich rühret, und dieser innere sinnli-
che Eindruck, der nichts anders als der gewendete äußere
ist, geht, von diesem Wendungspunkte an, vom Gehirne
abwärts, durch diese Nerven, Zweige oder Faden, bis in
die mechanische Maschine, welche die Nervenwirkung zu
verrichten hat. Dieß beweisen die Versuche unwider-
sprechlich. Wenn man einem ruhig liegenden gesunden
Frosche eine Zehe quetschet, so geht dieser äußere finnliche
Eindruck hinauf in sein Gehirn. Daselbst wird er auf die
Nerven der Gliedmaßen zurückgewendet, und davon thun
diese die Wirkung, daß das Thier alle seine Glieder reget,
sich aufsetzet, und fortspringt: denn diese Wirkung erfolget
nach den Gesetzen der äußern Empfindungen. §. 129.
Man schneidet hierauf mit einer Scheere den Kopf hinweg,
quetschet die Zehe abermals, und sieht denselben Erfolg.
§. 357. Jn diesem Falle muß der äußere sinnliche Ein-
druck in die Zehe, ob er gleich nicht bis zum Gehirn ge-
langet ist, doch im Nerven aufwärts nach dem Gehirne
gehen: denn wenn man den Nerven dieses Fußes im
Schenkel durchschneidet, daß der äußere sinnliche Eindruck
nicht aufsteigen kann; so erfolget von der Quetschung der
Zehe diese Wirkung nicht. Es hat sich also nothwendig
der in den Nerven der Zehe geschehene äußere sinnliche Ein-
druck auf seinem Wege zum Gehirn irgendwo auf die Ner-
ven der Gliedmaßen umwenden und ihnen einen innern
sinnlichen Eindruck geben müssen, der von diesem Wen-
dungspunkte an durch die Stämme dieser Nerven in ihre
Zweige und bis in die Muskeln der Gliedmaßen zurückge-
gangen ist: denn außer der einzigen Zehe, ist an keinem
von allen übrigen Gliedern des Leibes, die sich bey diesem
Versuche bewegen, irgend ein Reiz, der ihre Muskeln etwa
so, wie N. 1. beschrieben worden, unmittelbar in Bewe-
gung setzete, und auch dem Rückenmarke brauchet dazu
kein innerer sinnlicher Eindruck beygebracht zu werden.

Nun

1 Abſchn. uͤberhaupt.
der andern Theile, oder die Nervenzweige, oder die ablei-
tenden Nervenfaden des beruͤhrten Theils herwaͤrts vom
Gehirne innerlich ſinnlich ruͤhret, und dieſer innere ſinnli-
che Eindruck, der nichts anders als der gewendete aͤußere
iſt, geht, von dieſem Wendungspunkte an, vom Gehirne
abwaͤrts, durch dieſe Nerven, Zweige oder Faden, bis in
die mechaniſche Maſchine, welche die Nervenwirkung zu
verrichten hat. Dieß beweiſen die Verſuche unwider-
ſprechlich. Wenn man einem ruhig liegenden geſunden
Froſche eine Zehe quetſchet, ſo geht dieſer aͤußere finnliche
Eindruck hinauf in ſein Gehirn. Daſelbſt wird er auf die
Nerven der Gliedmaßen zuruͤckgewendet, und davon thun
dieſe die Wirkung, daß das Thier alle ſeine Glieder reget,
ſich aufſetzet, und fortſpringt: denn dieſe Wirkung erfolget
nach den Geſetzen der aͤußern Empfindungen. §. 129.
Man ſchneidet hierauf mit einer Scheere den Kopf hinweg,
quetſchet die Zehe abermals, und ſieht denſelben Erfolg.
§. 357. Jn dieſem Falle muß der aͤußere ſinnliche Ein-
druck in die Zehe, ob er gleich nicht bis zum Gehirn ge-
langet iſt, doch im Nerven aufwaͤrts nach dem Gehirne
gehen: denn wenn man den Nerven dieſes Fußes im
Schenkel durchſchneidet, daß der aͤußere ſinnliche Eindruck
nicht aufſteigen kann; ſo erfolget von der Quetſchung der
Zehe dieſe Wirkung nicht. Es hat ſich alſo nothwendig
der in den Nerven der Zehe geſchehene aͤußere ſinnliche Ein-
druck auf ſeinem Wege zum Gehirn irgendwo auf die Ner-
ven der Gliedmaßen umwenden und ihnen einen innern
ſinnlichen Eindruck geben muͤſſen, der von dieſem Wen-
dungspunkte an durch die Staͤmme dieſer Nerven in ihre
Zweige und bis in die Muskeln der Gliedmaßen zuruͤckge-
gangen iſt: denn außer der einzigen Zehe, iſt an keinem
von allen uͤbrigen Gliedern des Leibes, die ſich bey dieſem
Verſuche bewegen, irgend ein Reiz, der ihre Muskeln etwa
ſo, wie N. 1. beſchrieben worden, unmittelbar in Bewe-
gung ſetzete, und auch dem Ruͤckenmarke brauchet dazu
kein innerer ſinnlicher Eindruck beygebracht zu werden.

Nun
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[411/0435] 1 Abſchn. uͤberhaupt. der andern Theile, oder die Nervenzweige, oder die ablei- tenden Nervenfaden des beruͤhrten Theils herwaͤrts vom Gehirne innerlich ſinnlich ruͤhret, und dieſer innere ſinnli- che Eindruck, der nichts anders als der gewendete aͤußere iſt, geht, von dieſem Wendungspunkte an, vom Gehirne abwaͤrts, durch dieſe Nerven, Zweige oder Faden, bis in die mechaniſche Maſchine, welche die Nervenwirkung zu verrichten hat. Dieß beweiſen die Verſuche unwider- ſprechlich. Wenn man einem ruhig liegenden geſunden Froſche eine Zehe quetſchet, ſo geht dieſer aͤußere finnliche Eindruck hinauf in ſein Gehirn. Daſelbſt wird er auf die Nerven der Gliedmaßen zuruͤckgewendet, und davon thun dieſe die Wirkung, daß das Thier alle ſeine Glieder reget, ſich aufſetzet, und fortſpringt: denn dieſe Wirkung erfolget nach den Geſetzen der aͤußern Empfindungen. §. 129. Man ſchneidet hierauf mit einer Scheere den Kopf hinweg, quetſchet die Zehe abermals, und ſieht denſelben Erfolg. §. 357. Jn dieſem Falle muß der aͤußere ſinnliche Ein- druck in die Zehe, ob er gleich nicht bis zum Gehirn ge- langet iſt, doch im Nerven aufwaͤrts nach dem Gehirne gehen: denn wenn man den Nerven dieſes Fußes im Schenkel durchſchneidet, daß der aͤußere ſinnliche Eindruck nicht aufſteigen kann; ſo erfolget von der Quetſchung der Zehe dieſe Wirkung nicht. Es hat ſich alſo nothwendig der in den Nerven der Zehe geſchehene aͤußere ſinnliche Ein- druck auf ſeinem Wege zum Gehirn irgendwo auf die Ner- ven der Gliedmaßen umwenden und ihnen einen innern ſinnlichen Eindruck geben muͤſſen, der von dieſem Wen- dungspunkte an durch die Staͤmme dieſer Nerven in ihre Zweige und bis in die Muskeln der Gliedmaßen zuruͤckge- gangen iſt: denn außer der einzigen Zehe, iſt an keinem von allen uͤbrigen Gliedern des Leibes, die ſich bey dieſem Verſuche bewegen, irgend ein Reiz, der ihre Muskeln etwa ſo, wie N. 1. beſchrieben worden, unmittelbar in Bewe- gung ſetzete, und auch dem Ruͤckenmarke brauchet dazu kein innerer ſinnlicher Eindruck beygebracht zu werden. Nun

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/435>, abgerufen am 28.04.2024.