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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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II Th. Nervenk. 2 Kap. des äuß. sinnl. Eindr.
sich durch seine ganze Länge erstrecket, indem seine End-
punkte, entweder beyderseits oder doch einseitig, sich dar-
inn bald einander nähern, bald von einander entfernen.
§. 161. Eine äußere Berührung, die das in ihm ausge-
breitete Nervenmark sinnlich rühret, kann ihm also sehr
leicht an der berührten Stelle selbst eine merkliche Bewe-
gung mittheilen, und also eine unmittelbare Nervenwirkung
hervorbringen. §. 418. Jn andern mechanischen Ma-
schinen, die nicht aus solchen langen Fäserchen zusammen-
gewebet sind, wie die Muskeln, §. 161. kann der äußere
sinnliche Eindruck in ihren Nerven, ob er sich gleich ihnen
auch einverleibet, an der berührten Stelle nicht so leicht ei-
ne Bewegung erregen, z. E. wenn sich vielleicht in der Sub-
stanz der Leber, oder im Beinmarke, oder in Drüsen, Ner-
ven ausbreiten, oder wie wir sehen, daß es in den nicht
fleischigten empfindlichen Häuten, der äußern, der Schleim-
haut, u. a. geschieht. §. 208. Wenn ein solcher mit
Nerven versehener Theil einen äußern sinnlichen Eindruck
empfängt, so wird darum doch die berührte Stelle nicht
unmittelbar beweget, ob er gleich im Nerven fortgehen und
empfunden, oder auf seinem Wege reflektiret werden, und
mittelbare Nervenwirkungen und Seelenwirkungen äußere
Empfindungen in eben dieser oder jener andern mechanischen
Maschine hervorbringen kann. §. 424. N. 3.

Anmerkung. Dieser Vorzug der Muskelfaser vor
andern mechanischen Maschinen, in Absicht ihres Ver-
mögens zu unmittelbaren Nervenwirkungen, kann viel
zu der falschen Meynung beygetragen haben, daß die
thierische bewegende Kraft vom äußern sinnlichen Ein-
drucke, das ist, ihre Reizbarkeit, §. 432. ihr ursprüng-
lich eigen sey, und nicht von ihrem Nerven abhänge.
Denn in der That ist die Muskelfaser es hauptsächlich,
die unmittelbarer Nervenwirkungen vom äußern sinnli-
chen Eindrucke fähig ist: doch aber ist sie es vielleicht nicht
allein; wovon unten ein Mehreres. §. 463.

§. 446.

II Th. Nervenk. 2 Kap. des aͤuß. ſinnl. Eindr.
ſich durch ſeine ganze Laͤnge erſtrecket, indem ſeine End-
punkte, entweder beyderſeits oder doch einſeitig, ſich dar-
inn bald einander naͤhern, bald von einander entfernen.
§. 161. Eine aͤußere Beruͤhrung, die das in ihm ausge-
breitete Nervenmark ſinnlich ruͤhret, kann ihm alſo ſehr
leicht an der beruͤhrten Stelle ſelbſt eine merkliche Bewe-
gung mittheilen, und alſo eine unmittelbare Nervenwirkung
hervorbringen. §. 418. Jn andern mechaniſchen Ma-
ſchinen, die nicht aus ſolchen langen Faͤſerchen zuſammen-
gewebet ſind, wie die Muskeln, §. 161. kann der aͤußere
ſinnliche Eindruck in ihren Nerven, ob er ſich gleich ihnen
auch einverleibet, an der beruͤhrten Stelle nicht ſo leicht ei-
ne Bewegung erregen, z. E. wenn ſich vielleicht in der Sub-
ſtanz der Leber, oder im Beinmarke, oder in Druͤſen, Ner-
ven ausbreiten, oder wie wir ſehen, daß es in den nicht
fleiſchigten empfindlichen Haͤuten, der aͤußern, der Schleim-
haut, u. a. geſchieht. §. 208. Wenn ein ſolcher mit
Nerven verſehener Theil einen aͤußern ſinnlichen Eindruck
empfaͤngt, ſo wird darum doch die beruͤhrte Stelle nicht
unmittelbar beweget, ob er gleich im Nerven fortgehen und
empfunden, oder auf ſeinem Wege reflektiret werden, und
mittelbare Nervenwirkungen und Seelenwirkungen aͤußere
Empfindungen in eben dieſer oder jener andern mechaniſchen
Maſchine hervorbringen kann. §. 424. N. 3.

Anmerkung. Dieſer Vorzug der Muskelfaſer vor
andern mechaniſchen Maſchinen, in Abſicht ihres Ver-
moͤgens zu unmittelbaren Nervenwirkungen, kann viel
zu der falſchen Meynung beygetragen haben, daß die
thieriſche bewegende Kraft vom aͤußern ſinnlichen Ein-
drucke, das iſt, ihre Reizbarkeit, §. 432. ihr urſpruͤng-
lich eigen ſey, und nicht von ihrem Nerven abhaͤnge.
Denn in der That iſt die Muskelfaſer es hauptſaͤchlich,
die unmittelbarer Nervenwirkungen vom aͤußern ſinnli-
chen Eindrucke faͤhig iſt: doch aber iſt ſie es vielleicht nicht
allein; wovon unten ein Mehreres. §. 463.

§. 446.
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[450/0474] II Th. Nervenk. 2 Kap. des aͤuß. ſinnl. Eindr. ſich durch ſeine ganze Laͤnge erſtrecket, indem ſeine End- punkte, entweder beyderſeits oder doch einſeitig, ſich dar- inn bald einander naͤhern, bald von einander entfernen. §. 161. Eine aͤußere Beruͤhrung, die das in ihm ausge- breitete Nervenmark ſinnlich ruͤhret, kann ihm alſo ſehr leicht an der beruͤhrten Stelle ſelbſt eine merkliche Bewe- gung mittheilen, und alſo eine unmittelbare Nervenwirkung hervorbringen. §. 418. Jn andern mechaniſchen Ma- ſchinen, die nicht aus ſolchen langen Faͤſerchen zuſammen- gewebet ſind, wie die Muskeln, §. 161. kann der aͤußere ſinnliche Eindruck in ihren Nerven, ob er ſich gleich ihnen auch einverleibet, an der beruͤhrten Stelle nicht ſo leicht ei- ne Bewegung erregen, z. E. wenn ſich vielleicht in der Sub- ſtanz der Leber, oder im Beinmarke, oder in Druͤſen, Ner- ven ausbreiten, oder wie wir ſehen, daß es in den nicht fleiſchigten empfindlichen Haͤuten, der aͤußern, der Schleim- haut, u. a. geſchieht. §. 208. Wenn ein ſolcher mit Nerven verſehener Theil einen aͤußern ſinnlichen Eindruck empfaͤngt, ſo wird darum doch die beruͤhrte Stelle nicht unmittelbar beweget, ob er gleich im Nerven fortgehen und empfunden, oder auf ſeinem Wege reflektiret werden, und mittelbare Nervenwirkungen und Seelenwirkungen aͤußere Empfindungen in eben dieſer oder jener andern mechaniſchen Maſchine hervorbringen kann. §. 424. N. 3. Anmerkung. Dieſer Vorzug der Muskelfaſer vor andern mechaniſchen Maſchinen, in Abſicht ihres Ver- moͤgens zu unmittelbaren Nervenwirkungen, kann viel zu der falſchen Meynung beygetragen haben, daß die thieriſche bewegende Kraft vom aͤußern ſinnlichen Ein- drucke, das iſt, ihre Reizbarkeit, §. 432. ihr urſpruͤng- lich eigen ſey, und nicht von ihrem Nerven abhaͤnge. Denn in der That iſt die Muskelfaſer es hauptſaͤchlich, die unmittelbarer Nervenwirkungen vom aͤußern ſinnli- chen Eindrucke faͤhig iſt: doch aber iſt ſie es vielleicht nicht allein; wovon unten ein Mehreres. §. 463. §. 446.

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/474>, abgerufen am 28.04.2024.