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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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II Th. Nervenk. 3 Kap. des inn. sinnl. Eindr.
nun der gewöhnliche innere sinnliche Eindruck ohne Vor-
stellungen, der zur natürlichen thierischen Verrichtung die-
ser mechanischen Maschine mitzuwirken pfleget, von einem
natürlichen Reize des Nerven nahe bey seinem Ursprunge
im Gehirne her, es sey nun daß er daselbst ursprünglich
entsteht, oder als ein äußerer sinnlicher Eindruck nicht eher
als daselbst gewendet und in einen innern ohne Vorstellun-
gen verwandelt wird; so kann in so fern auch die Gegen-
wart und der ununterbrochene Zusammenhang des Nerven
dieser Maschine mit dem Gehirne zur Fortsetzung ihrer na-
türlich gewöhnlichen thierischen Verrichtung erfodert wer-
den, obgleich dieselbe von einem erneuerten sinnlichen Ein-
drucke, oder durch Erneuerung beyder, gleich wieder her-
gestellet werden kann. So ermattet ein Muskel, und so
wird die natürliche thierische Bewegung des Herzens, des
Zwerchfelles etc. unterbrochen, sobald man ihre Nerven-
stämme zwischen ihnen und dem Gehirne bindet oder zer-
schneidet. Gleichwohl kann dieselbe Verrichtung alsbald
wieder hergestellet werden, sobald man nur einer von bey-
den Nervenkräften, die sie zugleich regieren, einen neuen
Antrieb zur Wirkung giebt, z. E. sobald man dem Herzen
einen äußern, dem Zwerchfelle unter dem Bande einen in-
nern, oder den Muskeln einen von beyden, oder beyde zu-
gleich beybringt.

3. Außerdem kann zu den Nervenwirkungen des innern
sinnlichen Eindrucks ohne Vorstellungen auch dann das
Gehirn und die Vorstellungskraft gewissermaßen erfodert
werden, wenn sie, um in ihrer natürlichen Ordnung fort-
zudauren, im Zustande der ungehinderten Natur zugleich
Seelenwirkungen von Vorstellungen seyn müssen; da denn,
wie im vorigen Falle, die Trennung des Gehirns eben
diese natürliche Ordnung unterbricht, obgleich nicht uner-
setzlich aufhebt.

4. Daß das Gehirn zur langen Fortdauer der Nerven-
wirkungen innerer sinnlicher Eindrücke ohne Vorstellungen
in so fern nöthig sey, als die Markrinde desselben den Ner-

ven

II Th. Nervenk. 3 Kap. des inn. ſinnl. Eindr.
nun der gewoͤhnliche innere ſinnliche Eindruck ohne Vor-
ſtellungen, der zur natuͤrlichen thieriſchen Verrichtung die-
ſer mechaniſchen Maſchine mitzuwirken pfleget, von einem
natuͤrlichen Reize des Nerven nahe bey ſeinem Urſprunge
im Gehirne her, es ſey nun daß er daſelbſt urſpruͤnglich
entſteht, oder als ein aͤußerer ſinnlicher Eindruck nicht eher
als daſelbſt gewendet und in einen innern ohne Vorſtellun-
gen verwandelt wird; ſo kann in ſo fern auch die Gegen-
wart und der ununterbrochene Zuſammenhang des Nerven
dieſer Maſchine mit dem Gehirne zur Fortſetzung ihrer na-
tuͤrlich gewoͤhnlichen thieriſchen Verrichtung erfodert wer-
den, obgleich dieſelbe von einem erneuerten ſinnlichen Ein-
drucke, oder durch Erneuerung beyder, gleich wieder her-
geſtellet werden kann. So ermattet ein Muskel, und ſo
wird die natuͤrliche thieriſche Bewegung des Herzens, des
Zwerchfelles ꝛc. unterbrochen, ſobald man ihre Nerven-
ſtaͤmme zwiſchen ihnen und dem Gehirne bindet oder zer-
ſchneidet. Gleichwohl kann dieſelbe Verrichtung alsbald
wieder hergeſtellet werden, ſobald man nur einer von bey-
den Nervenkraͤften, die ſie zugleich regieren, einen neuen
Antrieb zur Wirkung giebt, z. E. ſobald man dem Herzen
einen aͤußern, dem Zwerchfelle unter dem Bande einen in-
nern, oder den Muskeln einen von beyden, oder beyde zu-
gleich beybringt.

3. Außerdem kann zu den Nervenwirkungen des innern
ſinnlichen Eindrucks ohne Vorſtellungen auch dann das
Gehirn und die Vorſtellungskraft gewiſſermaßen erfodert
werden, wenn ſie, um in ihrer natuͤrlichen Ordnung fort-
zudauren, im Zuſtande der ungehinderten Natur zugleich
Seelenwirkungen von Vorſtellungen ſeyn muͤſſen; da denn,
wie im vorigen Falle, die Trennung des Gehirns eben
dieſe natuͤrliche Ordnung unterbricht, obgleich nicht uner-
ſetzlich aufhebt.

4. Daß das Gehirn zur langen Fortdauer der Nerven-
wirkungen innerer ſinnlicher Eindruͤcke ohne Vorſtellungen
in ſo fern noͤthig ſey, als die Markrinde deſſelben den Ner-

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[492/0516] II Th. Nervenk. 3 Kap. des inn. ſinnl. Eindr. nun der gewoͤhnliche innere ſinnliche Eindruck ohne Vor- ſtellungen, der zur natuͤrlichen thieriſchen Verrichtung die- ſer mechaniſchen Maſchine mitzuwirken pfleget, von einem natuͤrlichen Reize des Nerven nahe bey ſeinem Urſprunge im Gehirne her, es ſey nun daß er daſelbſt urſpruͤnglich entſteht, oder als ein aͤußerer ſinnlicher Eindruck nicht eher als daſelbſt gewendet und in einen innern ohne Vorſtellun- gen verwandelt wird; ſo kann in ſo fern auch die Gegen- wart und der ununterbrochene Zuſammenhang des Nerven dieſer Maſchine mit dem Gehirne zur Fortſetzung ihrer na- tuͤrlich gewoͤhnlichen thieriſchen Verrichtung erfodert wer- den, obgleich dieſelbe von einem erneuerten ſinnlichen Ein- drucke, oder durch Erneuerung beyder, gleich wieder her- geſtellet werden kann. So ermattet ein Muskel, und ſo wird die natuͤrliche thieriſche Bewegung des Herzens, des Zwerchfelles ꝛc. unterbrochen, ſobald man ihre Nerven- ſtaͤmme zwiſchen ihnen und dem Gehirne bindet oder zer- ſchneidet. Gleichwohl kann dieſelbe Verrichtung alsbald wieder hergeſtellet werden, ſobald man nur einer von bey- den Nervenkraͤften, die ſie zugleich regieren, einen neuen Antrieb zur Wirkung giebt, z. E. ſobald man dem Herzen einen aͤußern, dem Zwerchfelle unter dem Bande einen in- nern, oder den Muskeln einen von beyden, oder beyde zu- gleich beybringt. 3. Außerdem kann zu den Nervenwirkungen des innern ſinnlichen Eindrucks ohne Vorſtellungen auch dann das Gehirn und die Vorſtellungskraft gewiſſermaßen erfodert werden, wenn ſie, um in ihrer natuͤrlichen Ordnung fort- zudauren, im Zuſtande der ungehinderten Natur zugleich Seelenwirkungen von Vorſtellungen ſeyn muͤſſen; da denn, wie im vorigen Falle, die Trennung des Gehirns eben dieſe natuͤrliche Ordnung unterbricht, obgleich nicht uner- ſetzlich aufhebt. 4. Daß das Gehirn zur langen Fortdauer der Nerven- wirkungen innerer ſinnlicher Eindruͤcke ohne Vorſtellungen in ſo fern noͤthig ſey, als die Markrinde deſſelben den Ner- ven

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 492. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/516>, abgerufen am 07.05.2024.