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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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6 Kap. Das Alter und der thierische Tod.
dungen durch die Gewohnheit wenigere und schwächere zu-
fällige sinnliche Vorstellungen, Reizungen, Begierden,
Triebe und Leidenschaften erzeugen, §. 85. 87. 97. woher
die Gleichgültigkeit, Schläfrigkeit und der Mangel der
Versuchungen des Fleisches, welche auch den Mangel oder
die Schwächung der Seelenwirkungen aller dieser Sinn-
lichkeiten der Seele nach sich ziehen, §. 139. und woraus
wieder das Unvermögen des Alters zur Befriedigung der
sinnlichen Reizungen, Triebe, etc. besonders zur willkührli-
chen Bewegung, zur Fortpflanzung, etc. entsteht; theils
daß sie die ihnen sonst gewöhnlichen sowohl unmittelbaren
als mittelbaren Nervenwirkungen in den Muskeln und
übrigen mechanischen Maschinen, sie mögen nun zugleich
Seelenwirkungen der Empfindungen seyn; oder nicht, schwä-
cher und unvollkommener bewerkstelligen, §. 430. 431. wo-
her die Unreizbarkeit und die Trägheit der natürlichen Ver-
richtungen, besonders des Herzens und der Gedärme, die
hauptsächlich durch äußere sinnliche Eindrücke gereizet wer-
den, §. 204. 206. 459. 468. und überhaupt die Lang-
samkeit aller thierischer Handlungen alter Leute, etc. ihren
Ursprung nehmen. H. P. §. 958. Die innern sinnlichen
Eindrücke der nicht sinnlichen Vorstellungen, Triebfe-
dern des Gemüths, Begierden, höhern Leidenschaften und
der Befriedigung des Willens vermindern sich selbst mit
der Sinnlichkeit zugleich an Anzahl, Vollkommenheit und
Stärke, §. 65. 339. woraus die Abnahme der obern See-
lenkräfte, des Gedächtnisses, der Beurtheilungskraft, des
Witzes und des Scharfsinns, des Verstandes, die Unent-
schlossenheit, die Langsamkeit ihrer Ueberlegungen und Ent-
schließungen und mehreres, was ihnen den Schein einer
besondern Weisheit und Klugheit giebt, herzuleiten sind.
Da also die materiellen Jdeen aller dieser nicht sinnlichen
Vorstellungen, Triebfedern und Begierden, und ihre See-
lenwirkungen im Körper ebenfalls mangelhafter, unvoll-
kommner und schwächer, §. 77. 78. 96. und ohnehin die
natürlichen Hindernisse derselben durch den natürlichen

Verfall
Y y 3

6 Kap. Das Alter und der thieriſche Tod.
dungen durch die Gewohnheit wenigere und ſchwaͤchere zu-
faͤllige ſinnliche Vorſtellungen, Reizungen, Begierden,
Triebe und Leidenſchaften erzeugen, §. 85. 87. 97. woher
die Gleichguͤltigkeit, Schlaͤfrigkeit und der Mangel der
Verſuchungen des Fleiſches, welche auch den Mangel oder
die Schwaͤchung der Seelenwirkungen aller dieſer Sinn-
lichkeiten der Seele nach ſich ziehen, §. 139. und woraus
wieder das Unvermoͤgen des Alters zur Befriedigung der
ſinnlichen Reizungen, Triebe, ꝛc. beſonders zur willkuͤhrli-
chen Bewegung, zur Fortpflanzung, ꝛc. entſteht; theils
daß ſie die ihnen ſonſt gewoͤhnlichen ſowohl unmittelbaren
als mittelbaren Nervenwirkungen in den Muskeln und
uͤbrigen mechaniſchen Maſchinen, ſie moͤgen nun zugleich
Seelenwirkungen der Empfindungen ſeyn; oder nicht, ſchwaͤ-
cher und unvollkommener bewerkſtelligen, §. 430. 431. wo-
her die Unreizbarkeit und die Traͤgheit der natuͤrlichen Ver-
richtungen, beſonders des Herzens und der Gedaͤrme, die
hauptſaͤchlich durch aͤußere ſinnliche Eindruͤcke gereizet wer-
den, §. 204. 206. 459. 468. und uͤberhaupt die Lang-
ſamkeit aller thieriſcher Handlungen alter Leute, ꝛc. ihren
Urſprung nehmen. H. P. §. 958. Die innern ſinnlichen
Eindruͤcke der nicht ſinnlichen Vorſtellungen, Triebfe-
dern des Gemuͤths, Begierden, hoͤhern Leidenſchaften und
der Befriedigung des Willens vermindern ſich ſelbſt mit
der Sinnlichkeit zugleich an Anzahl, Vollkommenheit und
Staͤrke, §. 65. 339. woraus die Abnahme der obern See-
lenkraͤfte, des Gedaͤchtniſſes, der Beurtheilungskraft, des
Witzes und des Scharfſinns, des Verſtandes, die Unent-
ſchloſſenheit, die Langſamkeit ihrer Ueberlegungen und Ent-
ſchließungen und mehreres, was ihnen den Schein einer
beſondern Weisheit und Klugheit giebt, herzuleiten ſind.
Da alſo die materiellen Jdeen aller dieſer nicht ſinnlichen
Vorſtellungen, Triebfedern und Begierden, und ihre See-
lenwirkungen im Koͤrper ebenfalls mangelhafter, unvoll-
kommner und ſchwaͤcher, §. 77. 78. 96. und ohnehin die
natuͤrlichen Hinderniſſe derſelben durch den natuͤrlichen

Verfall
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[709/0733] 6 Kap. Das Alter und der thieriſche Tod. dungen durch die Gewohnheit wenigere und ſchwaͤchere zu- faͤllige ſinnliche Vorſtellungen, Reizungen, Begierden, Triebe und Leidenſchaften erzeugen, §. 85. 87. 97. woher die Gleichguͤltigkeit, Schlaͤfrigkeit und der Mangel der Verſuchungen des Fleiſches, welche auch den Mangel oder die Schwaͤchung der Seelenwirkungen aller dieſer Sinn- lichkeiten der Seele nach ſich ziehen, §. 139. und woraus wieder das Unvermoͤgen des Alters zur Befriedigung der ſinnlichen Reizungen, Triebe, ꝛc. beſonders zur willkuͤhrli- chen Bewegung, zur Fortpflanzung, ꝛc. entſteht; theils daß ſie die ihnen ſonſt gewoͤhnlichen ſowohl unmittelbaren als mittelbaren Nervenwirkungen in den Muskeln und uͤbrigen mechaniſchen Maſchinen, ſie moͤgen nun zugleich Seelenwirkungen der Empfindungen ſeyn; oder nicht, ſchwaͤ- cher und unvollkommener bewerkſtelligen, §. 430. 431. wo- her die Unreizbarkeit und die Traͤgheit der natuͤrlichen Ver- richtungen, beſonders des Herzens und der Gedaͤrme, die hauptſaͤchlich durch aͤußere ſinnliche Eindruͤcke gereizet wer- den, §. 204. 206. 459. 468. und uͤberhaupt die Lang- ſamkeit aller thieriſcher Handlungen alter Leute, ꝛc. ihren Urſprung nehmen. H. P. §. 958. Die innern ſinnlichen Eindruͤcke der nicht ſinnlichen Vorſtellungen, Triebfe- dern des Gemuͤths, Begierden, hoͤhern Leidenſchaften und der Befriedigung des Willens vermindern ſich ſelbſt mit der Sinnlichkeit zugleich an Anzahl, Vollkommenheit und Staͤrke, §. 65. 339. woraus die Abnahme der obern See- lenkraͤfte, des Gedaͤchtniſſes, der Beurtheilungskraft, des Witzes und des Scharfſinns, des Verſtandes, die Unent- ſchloſſenheit, die Langſamkeit ihrer Ueberlegungen und Ent- ſchließungen und mehreres, was ihnen den Schein einer beſondern Weisheit und Klugheit giebt, herzuleiten ſind. Da alſo die materiellen Jdeen aller dieſer nicht ſinnlichen Vorſtellungen, Triebfedern und Begierden, und ihre See- lenwirkungen im Koͤrper ebenfalls mangelhafter, unvoll- kommner und ſchwaͤcher, §. 77. 78. 96. und ohnehin die natuͤrlichen Hinderniſſe derſelben durch den natuͤrlichen Verfall Y y 3

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 709. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/733>, abgerufen am 29.04.2024.